Die liebe Not mit dem Reinheitsgebot

bier

Während sich einige Brauereien rühmen, nach deutschem Reinheitsgebot zu brauen, steht für viele andere die Reform dessen zur Diskussion. 

2016 wird das Reinheitsgebot 500 Jahre alt. 1516 in Bayern erlassen, sieht dieses grundsätzlich bis heute vor, dass zur Bierherstellung lediglich die Rohstoffe Malz, Wasser, Hopfen und Hefe verwendet werden dürfen. Damals als Maßnahme zur Regulierung der Produktion und vor allem deren Qualitätssicherung formuliert, stellt sich die Frage, inwieweit die Vorschrift heute noch notwendig und nützlich ist. Während es in Österreich gestattet ist, andere vermälzte und unvermälzte Zutaten –  wie Weizen, Roggen, Dinkel, Mais, Hirse und Reis – mitzuverarbeiten, wird in Deutschland zwar der Import von Bieren, die nicht nach dem Gebot gebraut sind, gestattet, innerhalb der eigenen Grenzen wird jedoch an der Bierverordnung festgehalten – mehr oder weniger. Denn anders als im Original – das nicht einmal Hefe erlaubte – finden sich zum Teil Farbstoffe und andere haltbar machende Zutaten, die das Reinheitsgebot nie vorgesehen haben, welche aber die modifizierten Fassungen des Gesetzes der letzten Jahre gestatten.

Möglichkeiten der Braukunst

Viele, die das Gebot kritisch sehen, geht es nicht darum, dieses abzuschaffen, sondern lediglich, es an die Möglichkeiten in der Braukunst anzupassen. Die preiswertere Zubereitung durch Ersatz von teurem Malz, die Gewinnung neuer Zielgruppen und der Verkauf von weiterhin traditionell nach Reinheitsgebot gebrautem Bier, dass durch die größere Vielfalt seinen Stellenwert betonen kann, sind nur ein paar Argumente – die unter anderem von Braumeister Günther Thömmes (Brauerei Bierzauber) vorgebracht werden – die für eine Änderung der Bierregelung zugunsten der Braumöglichkeiten sprechen, ohne sich dabei gegen die Tradition und das Erbe des Reinheitsgebots zu stellen. Ein Argument wie »das Reinheitsgebot wahrt das Bier als solches« scheint dann weniger haltbar und lässt das Festhalten an diesem wie eine Marketingstrategie wirken. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die Beantragung im letzten Jahr, wonach das Reinheitsgebot Weltkulturerbe werden soll. Das Wagnis, jenes Gesetz doch noch auf die Möglichkeiten in Zusammensetzung und Zubereitung hin zu ändern, wird dann – wenn überhaupt – wohl erst nach dem groß gefeierten Jubiläum möglich sein. Bis dahin beweist zumindest die Kreativität der vornehmlich kleinen Brauereien – die trotz des Reinheitsgebotes mit den Zutatenvorgaben experimentieren, Bio-Bier oder aber auch Märzen und Pils in verschiedenen Geschmacksrichtungen und Zutatenkombinationen einfach nicht unter der Marke Bier brauen –, dass Vielfalt und Ideenreichtum keine Sünde ist.

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