Texas Longhorn: Gutmütig, wehrhaft und wohlschmeckend

Keine Cowboyromantik: Wie ein Nebenerwerbsbauer mit importierten "Embryonenkälbern" eine Herde gutmütiger Texas Longhorns aufbaut.

Eine Herde Texas Longhorns im Waldviertel. (Foto: Thomas Weber)

Ob es den Tieren denn bei uns nicht zu kalt wäre. Diese Frage bekommt Micha Hamersky laufend gestellt; von Wanderern, die überrascht sind, im südlichen Waldviertel über die imposanten Rinder zu stolpern, aber auch von anderen Bauern, die sich selbst für die – zumindest in unseren Breiten – äußerst seltene Rasse interessieren. Texas Longhorn Rinder kennt man bei uns vor allem aus Wildwestfilmen, weshalb die Gedanken schnell in Richtung endloser Herden, Trockenheit und Hitze flimmern. „Dabei haben wir eine direkt aus Kanada importierte Kuh, die sogar ein abgefrorenes Horn hat“, erzählt Micha Hamersky, „weil sie dort im Winter bis zu minus 40 Grad hatten“.

Micha Hamersky inmitten seiner Texas-Longhorn-Herde (Foto: Thomas Weber)

Embryo-Import aus den USA und Kanada
Bereits 30 Tiere umfasst die Herde Hamerskys, der seinen Lebensunterhalt – noch – als Angestellter eines Softwarehauses verdient. Sie wächst Stück für Stück. Denn obgleich die Vorfahren der Longhorns ursprünglich von den spanischen Eroberern in die Neue Welt gebracht wurden, wo sie in der Wildnis als Fleischlieferanten gehalten wurden, gibt es in Europa kaum zur Zucht geeignete Tiere. Deshalb sind fünf seiner Jungtiere sogenannte „Embryonenkälber“, die als Embryos aus den USA und Kanada importiert und in Österreich von einer Milchkuh ausgetragen wurden. „Und noch einige warten im Stickstofftank auf Trägerkühe, um den Genpool in Europa etwas vorwärts zu bringen.“ Eine Praxis, die in der Bio-Tierhaltung nicht erlaubt wäre.
Sonst scheint die extensive Rasse aber ideal für die Biolandwirtschaft geeignet zu sein und – „auch wenn Bio für mich nicht das Nonplusultra ist“ – Hamersky überlegt, seinen Betrieb mittelfristig zertifizieren zu lassen. In vielen Punkten geht er tatsächlich über die strengen Bio-Kriterien hinaus. Seine Rinder erhalten keinerlei Kraftfutter. Auch im Winter gibt es nur Heu und ganz wenig Silage. Denn: „Ich bin der Überzeugung, dass kein Tier, das ein Wiederkäuer ist, Getreide fressen sollte.“

Ein Bild mit Seltenheitswert: Kuh und Stier gemeinsam auf der Weide. Trotz Natursprung vergrößert Bauer Hamersky seine Texas-Longhorn-Herde durch importierte Embryonen. (Foto: Thomas Weber)

Gutmütig, nötigenfalls aber wehrhaft
Dass sich die Longhorns hier in Pöggstall wohl fühlen, sehen wir, nachdem wir mit dem Quad auf die weitläufigen Weiden hinausgefahren sind. Es ist Anfang August, die Hitze hat nicht nur die Landschaft, sondern auch die Herde erfasst. Einer stierigen Kuh hinterher, die dann doch noch nichts von ihm wissen will, drückt sich Stier Burli mit seinem mächtigen Haupt durchs Weidenunterholz als wären die Bäume Grashalme. Eines ist gewiss: Der Elektrozaun wäre für ihn eigentlich kein Hindernis. In seinem Beisein ist die Herde sicher. „Texas Longhorns sind sehr gutmütig, naturbelassen und nötigenfalls wehrhaft“, sagt Hamersky. Kein Schaden, nun, da der Wolf zurückkehrt. „Ich war auf einem Betrieb in New Mexico, die haben Texas Longhorn und obwohl es dort Berglöwen und Wölfe gibt keine Verluste in ihrer Herde“, berichtet Micha Hamersky.

In Niederösterreich noch ein ungewohnter Anblick: Longhorn-Rinder auf der Weide. (Foto: Thomas Weber)

Schwer haben es anfangs allerdings die Embryonenkälber. Ganz ohne Mutter sind sie in der Herde ohne Fürsprecherin – und damit in der Rangordnung ganz unten. Wohl fühlen sie sich augenscheinlich trotzdem. Und auch zu kalt ist es den Tieren hier selbst im Winter nicht. „Sie sind unglaublich krankheitsresistent. Einen Tierarzt brachen wir so gut wie nie.“


Das Fleisch der Waldvierter Texas-Longhorn-Rinder und die Eier der ebenfalls von Micha und Elisabeth Hamersky gehaltenen Weidehühner sind gegen Vorbestellung direkt ab Hof zu beziehen. Ausgewählte Edelteile vom Texas Longhorn gibt es immer wieder einmal am Stand von Hüseyin Tanis am Wiener Kutschkermarkt.

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