Guter Kaffee fällt nicht vom Himmel

Franz Denk arbeitet als Kaffeeeinkäufer für EZA, die Pionierorganisation des Fairen Handels. Einmal pro Jahr ist er mitten im Kaffee – und nahe an den Menschen, die ihn kultivieren.

Von San Cristóbal geht es fünf Stunden bei heftigem Regen auf einer abenteuerlichen Schotterstraße ins mexikanische Hinterland. Um Mitternacht kommen wir an. Man legt mir eine Strohmatte zum Schlafen auf den betonierten Boden. Nach durchfrorener Nacht stehe ich vor 40 Leuten, die meisten in ihrer traditionellen Tracht, alles Angehörige der Tzeltales und Tsotziles, zweier Ethnien mit ihrer eigenen Kultur und Sprache, in welcher sie auf der Versammlung auch sprechen. Dieser Eindruck auf meiner ersten Reise bleibt mir unvergesslich.

Das ist nun über 20 Jahre her. Seither bin ich regelmäßig dort, Besuche bei den Genossenschaften in Mexiko und Guatemala sind Standard. Doch auch Kaffeegärten in Peru, Uganda, Sumatra und Indien habe ich kennengelernt. Das Erlebte ist mir nicht gänzlich fremd. Selbst ein Kind von Landwirten, weiß ich, wieviel manuelle Arbeit und wieviel Hirn man in so eine Landwirtschaft stecken muss, damit sie auch wirklich was abwirft. Dasselbe gilt für die Kleinbauernfamilien, die ihren Kaffee an die Partnerkooperativen der EZA liefern. Allesamt bewirtschaften kleinste Flächen, zum Teil in steilem Gelände. Mit riesigen Kaffeeplantagen hat das nichts zu tun. Die Arabica-Hochlandsorten gedeihen am besten unter Bananenstauden und Zitrusbäumen. Drei bis vier Jahre dauert es, bis die Pflanze soweit ist, dass sie ihre erste Ernte gibt.

So wertvoll wie Gold

So ein Kaffeegarten will gepflegt werden, man muss sich um die Bodenbeschaffenheit kümmern, muss Bio-Dünger herstellen. Die Ernte: reine Handarbeit und eine elendige Schlepperei. Die Kirschen werden noch am selben Tag vom Fruchtfleisch befreit und gewaschen. Nach der Fermentation geht’s ans Trocknen, dann wird das Silberhäutchen von den Bohnen geschliffen, das passiert maschinell. Das Verlesen geschieht wieder von Hand. Bevor der Rohkaffee in Säcken aufs Containerschiff geladen wird, schickt die Kooperative ein Muster an unseren Röster. Erst wenn die Qualität geprüft wurde und in Ordnung ist, gibt es das OK zur Verschiffung.

Auf Spanisch nennt man den Exportkaffee café oro. Oro bedeutet Gold. Das sagt schon einiges über die Bedeutung dieses Rohstoffs. Den Profit damit machen in der Regel aber vor allem große Händler und Konzerne. Auch für Spekulanten außerhalb des Kaffeegeschäfts ist der börsennotierte Rohstoff eine lukrative Option. Demgegenüber hat der Faire Handel jene im Blick, ohne deren Arbeit es den Muntermacher in unseren Tassen gar nicht gäbe. Er hat für die Produzenten eine Tür geöffnet, die ihnen den Weg in eine bessere Zukunft ermöglich hat. Die besten Momente bei den Kooperativen sind für mich immer die, wo die Bauern und Bäuerinnen anfangen, mir Fragen zu stellen und selbstbewusst mit mir diskutieren. Ein wichtiges Thema ist derzeit die Erneuerung der Kaffeegärten. Eine Kaffeepflanze gibt zwar über viele Jahre hinweg Früchte, aber du darfst den Zeitpunkt nicht verpassen, sie durch neue Pflanzen zu ersetzen. Sonst sinkt der Ertrag auf ein Niveau, das auch trotz höherer Preise im Fairen Handel nicht mehr wirtschaftlich ist. Ein anderes Thema ist die Preissituation. Zwar ist der absolute Höhenflug des letzten Jahres vorbei, doch die Weltmarktpreise sind noch immer auf deutlich höherem Niveau als in den zehn Jahren davor, was sich auch auf die Endverkaufspreise hierzulande auswirkt. Aber wir dürfen eines nicht vergessen: Die Lebenshaltungskosten steigen nicht nur in Europa, sondern auch in den Kaffeeanbauländern. Der Preis des Kaffees muss sich da halbwegs vernünftig mitentwickeln. Und noch etwas müssen wir hier endlich kapieren: Guter Kaffee fällt nicht vom Himmel. Der muss erarbeitet werden und die Arbeit muss entsprechend entlohnt werden. Eigentlich logisch, oder?

 

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