Mischbrot vom Stadtrand

Wie das »Oberlaaer Bauernbrot« helfen soll, die Landwirtschaft im äußersten Süden Wiens zu erhalten.

Ortsansässige BiolandwirtInnen liefern das Getreide für das »Oberlaaer Bauernbrot«, das Bewusstsein für den Wert regionaler Urproduktion schaffen soll. Vorne rechts im Bild: Katharina Mühlparzer, Mitentwicklerin des Projekts. Bild: Andrea Rührenschopf.

Die Idee kam Markus Sandbichler beim Spazierengehen im ersten Pandemiewinter. Auf seinen Feldern betrachtete der Biobauer das frische Grün des Wintergetreides und, unweit dahinter, die Bauten und Baustellen der näher rückenden Stadt. Ihm war klar, dass er nur ein, zwei Äcker im Stadterweiterungsgebiet an eines der Bauunternehmen abtreten müsste, dann bräuchte er sich finanziell keine Gedanken mehr zu machen. Auch für nachfolgende Generationen wäre damit ausgesorgt. Doch dem 40-Jährigen, er wird demnächst zum ersten Mal Vater, ist es ein Anliegen, dass hier am südlichen Rand Wiens auch weiterhin Felder bestellt werden. Zwar ist es kein Nachteil, dass die U-Bahn heute fast bis auf seinen Prentlhof heranführt – etwa wenn Schulklassen vorbeischauen oder sich die Eier seiner Vorstadthühner so leichter im Automaten verkaufen lassen. Doch schon wenn sein Kind im Volksschulalter ist, vermutet er, wird, was heute noch ländlich anmutet, auch baulich Teil der Zweimillionenstadt Wien geworden sein. »Plötzlich war mir klar«, erinnert sich Markus Sandbichler, »dass es, wenn es hier in Oberlaa auch in Zukunft noch grün bleiben und Reste von Landwirtschaft geben soll, einfach an konkreten, angreifbaren Produkten fehlt.«

Markus Sandbichler ist Biobauer am Prentlhof in Favoriten (Ortsteil Oberlaa) und engagiert sich für den
Erhalt der Stadtlandwirtschaft im südlichen Wien.
Bild: Privat.

21 Kilometer um den Kirchturm

Nun wächst auf seinen Äckern wieder Roggen. Und es wird kein Jahr vergangen sein, dass es in ausgewählten Supermärkten das von Sandbichler erdachte »Oberlaaer Bauernbrot« zu kaufen gibt. Denn für sein »Herzensprojekt«, so Sandbichler, konnte er gemeinsam mit seiner Partnerin Katharina Mühlparzer den jungen Bäcker Samuel Schrott begeistern, dessen alteingesessene Wiener Backstube bereits die Biomärkte von Denn’s mit Gebäck beliefert, dann ein paar weitere Oberlaaer Biobauern – und schließlich Rewe. Die Handelsgruppe entschied sich, das »Oberlaaer Bauernbrot« in 20 ihrer Supermarktfilialen zu führen, vor allem an innerstädtischen Standorten von Billa plus. Geerntet, gebacken und verkauft wird das Bauernbrot im Umkreis von 21 Kilometern um die Kirche von Oberlaa.

New in town: Klassisches Mischbrot, leicht roggenlastig, Sauerteig, enthält für die Luftigkeit aber auch Hefe. Gebacken von der Bäckerei Schrott, einem Vollkornpionier. Bild: Prentlhof.

Sogar die Grafikerin, die das Logo gestaltete – es wird beim Backen mit drei Einschnitten für die Kruste in die Oberfläche gestempelt –, stammt aus Oberlaa. 300 bis 500 Laib Brot möchte man am Tag verkaufen, mit einem empfohlenen Verkaufspreis von knapp 6 Euro das Kilo. »Gehoben, aber angemessen«, nennt Bäcker Samuel Schrott den Preis für das roggenlastige Mischbrot. »Wir wollen kein Luxusprodukt machen«, sagt Biobauer Markus Sandbichler. »Jede und jeder soll die Landwirtschaft in Oberlaa mit einem fairen Preis unterstützen können.« Er selbst hofft, hier auch in Zukunft noch im Grünen flanieren zu können – auf Feldwegen.

oberlaaer.at

BIORAMA Wien–Berlin #2

Dieser Artikel ist im BIORAMA Wien–Berlin #2 erschienen

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