Stiftung für Brot

Wie das »Märkische Landbrot« Berlin auch in Zukunft mit Brot allerhöchster Güte versorgen möchte – als von einer Stiftung betriebenen Bäckerei.

Der Klassiker: Das Bauernbrot im Kilolaib ist der Klassiker vom »Märkischen Landbrot«: 80% Vollkorn, Sauerteig – das entspricht der Berliner Tradition. Bild: Märkisches Landbrot.

Mit 68 Jahren hat Joachim Weckmann – durchaus spät, aber doch – geregelt, wie es mit seinem Lebenswerk weitergehen soll. Im Herbst hat er den Bäckereibetrieb in eine gemeinnützige Stiftung eingebracht. »Die Gewinne sollen nicht privatisiert werden können«, erklärt er. »Außerdem können so Demokratisierungsprinzipien innerhalb der MitarbeiterInnenschaft umgesetzt werden.« Er selbst ist im Vorstand, vorerst für drei Jahre. Der Stiftungsrat besteht aus vier MitarbeiterInnen und – das ist dem Unternehmer wichtig – einem Biobauern aus Brandenburg. Denn das »Märkische Landbrot« steht seit jeher auch für die wechselseitige Abhängigkeit von Stadt und Umland. Eigentlich gibt es die Bäckerei seit 1930. Aus Neukölln, damals noch ländlich geprägt, lieferte man Spezialitäten in die Stadt. Als Weckmann sie 1981 übernimmt, ist sie fast kaputt, beschäftigt bloß noch eineinhalb Angestellte. Seither hat er sie zum Parade-Ökobetrieb mit mittlerweile 90 MitarbeiterInnen umgebaut. Das Getreide stammt größtenteils aus der Mark Brandenburg. Irgendwann – 1986, schätzt Weckmann – habe man auch einmal Getreide direkt aus Lübars gehabt. Heute mache der Anbau in Berlin aber keinen Sinn mehr. »Die Landwirtschaft soll auf dem Land stattfinden«, sagt er, »die Stadt ist schließlich die Stadt.«

Mehr als 2000 Tonnen Getreide verarbeitet er jährlich. Die Böden in Brandenburg sind sandig, das kontinentale Klima trocken. »Um da auf brauchbare Erträge pro Hektar zu kommen, ist viel Fläche nötig, das würde gar nicht in die Stadt passen.« Als größten Lieferanten nennt Weckmann das bekannte Ökodorf Brodowin mit seinen 2500 Hektar.

Joachim Weckmann
Bis 2021 Alleineigentümer. Das Nachfolgeproblem löste der 68-Jährige, indem er die Demeter-Bäckerei in eine gemeinnützige Stiftung einbrachte.
Bild: Märkisches Landbrot.

Fairness und die richtigen Getreidesorten

Joachim Weckmann weiß genau, wie seine PartnerInnen wirtschaften. Nicht nur weil er, seit es eine Zertifizierung gibt, ausschließlich Bio kauft. Seit es in Brandenburg offiziell biodynamische Landwirtschaft gibt, verarbeitet seine Bäckerei zu 100% Demeter-Getreide (»seit der ersten Ernte nach der Wende 1992«). Er weiß es auch, weil er sich nicht als Käufer x-beliebiger Ware sieht: »Wir verhandeln nicht, sondern die Bäuerinnen und Bauern sagen, was sie brauchen – und das ist das, was wir bezahlen.«

Vor der Coronapandemie kamen jährlich 8000 BesucherInnen in die CO2-positive Bäckerei ins Industriegebiet Neukölln. Bild: Märkisches Landbrot.

Dafür nimmt der Bäcker seine KonsumentInnen in die Pflicht. Für jede der 36 Brotsorten hat er den CO2-Footprint berechnen lassen. »Viele KonsumentInnen jammern, dass sie selbst nichts tun können«, sagt Weckmann. Er kommuniziert deshalb offensiv, dass nur die Hälfte aller CO2-Emissionen eines Brotlaibs zwischen Acker und Verkaufstheke frei wird, denn die andere, erklärt Weckmann, »haben die KonsumentInnen selbst in der Hand: je nachdem, ob sie zu Fuß oder mit dem Auto zum Einkaufen kommen, ob sie das Brot lose verpackt kaufen, toasten oder einfrieren«.

landbrot.de

BIORAMA Wien–Berlin #2

Dieser Artikel ist im BIORAMA Wien–Berlin #2 erschienen

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