Bier gegen die Verschwendung

Zurück zu den Wurzeln: Sagt man die Entstehung von Bier vergorenem Brot nach, so nutzt man heute wieder altes Brot zum Brauen. Dort, wo man es darf.

(Bild: iStock/wastesoul)

International sind uns schon einige Projekte bekannt, in denen altes Brot herangezogen wird, um Rohstoffe im Brauprozess zu ersetzen. Dies kann ein wertvoller Beitrag gegen die Verschwendung von Lebensmitteln sein. Denn die Konsumgewohnheiten und insbesondere das Kaufverhalten haben sich in den letzten Jahrzehnten krass geändert.

Zumeist geht man nach der Arbeit, oft abends einkaufen. Auch zu später Stunde muss also noch frisches Brot verfügbar sein und das Risiko, dass zu Geschäftsschluss noch Unmengen von wertvollem Brot übrigbleiben, steigt. Spätestens seit Erwin Wagenhofers Film „We feed the World“ wissen wir ja: „In Wien wird täglich jene Menge an Brot als Retourware vernichtet, mit der die zweitgrößte Stadt Österreichs, das ist Graz, versorgt werden kann.“

Das „Baker’s“ ist ein regionales Craft-Bier, hergestellt aus alten Brotresten. (Bild: Bäckerei Therese Mölk)

Die Tiroler Bäckerei Therese Mölk, die insbesondere die in Westösterreich vertretene Supermarktkette MPreis versorgt, startete 2015 ein Projekt, Brotreste sinnvoll zu verwerten. Mit der regionalen Tiroler Craftbierbrauerei Bierol bei Kufstein konnte dafür der geeignete Partner gefunden werden. Über ein Jahr lang tüftelte das Team um Christoph Bichler an einer geeigneten, sinnvollen und auch schmackhaften Rezeptur.

Für das „Baker’s“ ersetzt das Brot ein Drittel des Braumalzes. Das Malz und 80 Kilogramm Brot pro 1000 Liter liefern die Stärke, die beim Brauprozess in vergärbaren Zucker umgewandelt wird. Was dabei herauskommt, macht dem Gaumen Freude: ein starkes Craft-Bier mit feiner, malziger Duftnote und fruchtigen Hopfenaromen. „Wir bekommen altes Brot der Bäckerei bereits in Knödelbrot-Form gebracht und ersetzen das Braumalz zu 30% damit“, sagt Christoph Bichler von Bierol.

Zwei Bier-Sorten, Kornspitz Cream Ale und Semmel Lager, bietet die Biobiermarke „Wasted“ derzeit an.  (Bild: Iss Mich!/Daniel Samer)

Auch Tobias Judmaier gilt in Österreich als Vorkämpfer gegen Lebensmittelverschwendung. Mit seinem „Iss Mich“ Lieferservice und Bio-Catering arbeitet er nach dem Zero-Waste-System. Als er dann aber mit der BioGreisslerei mit Bistro in der Wiener Innenstadt auch einen Shop übernommen hat, stand er ebenso vor dem Problem mit dem übriggebliebenen Brot.

Mit Rainer Mraz, der vor den Toren Wiens eine kleine Brauerei in einem Kloster betreibt, hat er den richtigen Tüftler gefunden, der für Tobias Judmaier aus dem alten Brot die Biobiermarke „Wasted“ entwickelte. Derweil gibt es ein Kornspitz (Cream Ale) und ein Semmel (Lager).

Nicht verkauftes Brot wird, wenn nicht zu Bier gebraut, hauptsächlich zu Tierfutter verarbeitet. (Bild: Bäckerei Therese Mölk)

In Deutschland ist ein solches Projekt als Bier übrigens nicht möglich. Das deutsche Reinheitsgebot, das auch in anderen Braubereichen jegliche Kreativität und Vielfalt einschränkt, erlaubt das Brauen ausschließlich mit vermälztem Getreide. Auf deutschen Produkten wie zum Beispiel dem Pumpernickel Porter von der Gruthaus Brauerei in Münster steht dann auch nirgends Bier am Etikett, sondern Brauspezialität.

Was aber beim Bier ganz besonders wichtig ist: Schmeckt das denn auch? Im Fall des Baker’s aus Tirol darf es gerne noch ein zweites oder drittes sein. Man will ja was tun gegen die Verschwendung.

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