Digitaler Zwilling als Entscheidungshilfe
Mit einem digitalen Zwilling testet die Stadt München unter anderem Maßnahmen, um die Altstadt klimaresilienter zu gestalten...
Die Stadt München hat einen digitalen Zwilling. Darunter versteht man eine Simulation, die es ermöglicht, weitreichende Tests durchzuführen und Maßnahmen, Design- und Materialentscheidungen auf ihre Auswirkungen hin zu überprüfen oder auch in 3D-Simulationen erlebbar zu machen, bevor sie umgesetzt werden. Zum Einsatz kommen digitale Zwillinge in vielen Bereichen: im Werkzeugbau und in der Produktentwicklung oder eben auch in der Stadtplanung und im Klimaschutz.
Künftig soll es möglich sein, von jedem Standort innerhalb von 150 Metern kühle Aufenthaltsorte in der Altstadt zu erreichen.
Städteübergreifende Entwicklung
Der digitale Zwilling Münchens ist Teil des Projekts Connected Urban Twins (Cut) und wurde in einer Partnerschaft von München gemeinsam mit Hamburg und Leipzig entwickelt, als Teil der Smart-City-Strategien der Städte. In einer Laufzeit von fünf Jahren arbeiten 70 Fachleute bis Ende 2025 gemeinsam mit vielen weiteren Partnern an dem Projekt und haben 73 Modellprojekte umgesetzt. Dabei geht es nicht nur um Simulationen, sondern auch um BürgerInnenbeteiligung – viele Einsichten werden möglichst rasch als Open Data zur Verfügung gestellt. Ein Beispiel für die Modellprojekte ist das Digitale Städtebauliche Monitoring für die Hamburger Verwaltung, das helfen soll, Verdrängungs- und Aufwertungsprozesse in durchmischten (Altbau-)Quartieren zu erkennen – dabei werden auch Daten zur Bevölkerung, der Sozialstruktur und der Mietentwicklung bereitgestellt. Ein anderes ist die »Kitanetzplanung« in Leipzig, mit dem Ziel, mehr Transparenz für die Erfüllung der gesetzlich vorgegebenen Verfügbarkeit von Kinderbetreuungsplätzen und Wechselwirkungen im Bereich der Stadtplanung zu bringen. Viele weitere Projekte haben mit Themen wie der Energiewende und auch Klima- und Umweltschutz zu tun.
150 Meter bis zur Abkühlung
Und in einem der Projekte geht es um die klimaresiliente Altstadt in München. Der digitale Zwilling von München ermöglicht es, Hitzeinseln zu identifizieren und unterstützt die Planung von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel. Künftig soll es möglich sein, von jedem Standort innerhalb von 150 Metern kühle Aufenthaltsorte in der Altstadt zu erreichen. Besonders herausfordernd ist dabei, dass die Attraktivität und der Charakter einer Altstadt mit ihren zahlreichen historischen und denkmalgeschützten Gebäuden, Plätzen und Straßen erhalten bleiben soll. Zu den Fragen, die mit dem digitalen Zwilling beantwortet werden, gehören unter anderem jene, wie, wo es besonders heiß ist, wo der Handlungsdruck besonders hoch ist, welche Maßnahmen zur Abkühlung die gewünschte Wirkung erzielen oder wie sich diese in die denkmalgeschützten Strukturen des Altstadtensembles einpassen. Das Projekt wurde vom Geodatenservice im Kommunalreferat und dem IT-Referat, dem Referat für Klima- und Umweltschutz und dem Fraunhofer-Institut entwickelt. Zu den geplanten und getesteten Maßnahmen gehören Begrünung oder Entsiegelung. Das Simulationsmodell ermittelt vielfältige Daten und Kennwerte für Tages- und Nachtzeiten, Informationen zu Windströmen, Lufttemperaturen und den Pet-Index, der die gefühlte Temperatur abbildet. Die zentralen Ergebnisse wurden in unterschiedlichen Karten visualisiert und in den dreidimensionalen digitalen Zwilling überführt.
BürgerInnenbeteiligung
Die BürgerInnen Münchens haben regelmäßig die Möglichkeit, vor Ort, im »PlanTreff«, die digitalen Medien einzusehen und mitzudiskutieren. Online können sie das auf der Beteiligungsplattform Dipas.
Ergebnis des Projekts ist das Gutachten »Integration von klimaresilienten Grün- und Freiraumstrukturen in die historische Münchner Altstadt«. Durch die Simulation im digitalen Zwilling konnte gezeigt werden, dass die Maßnahmen die Aufenthaltsqualität durch eine deutlich niedrigere Tageshöchsttemperatur erhöhen und auch die Nachttemperaturen spürbar gesenkt werden könnten. Deutlich wird auch, dass passgenaue Maßnahmen individuell für jeden Ort vorgeschlagen werden müssen, um eine möglichst hohe kühlende Wirkung zu erzielen. Noch ist es nicht möglich, alle 150 Meter einen geschützten und kühlen Ort in der Altstadt zu erreichen und sich dort auszuruhen. Und weil sich viele Umgestaltungsideen nicht von heute auf morgen umsetzen lassen, schlägt das Gutachten auch temporäre Maßnahmen und Experimente vor. Dazu gehören Markisen oder Sonnensegel, Pflanzentröge, Wanderbäume oder mobile Nebelduschen. Diese sollen Spielräume zeigen und helfen, weitere Lösungsansätze zu entwickeln.
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