Krumme Gurken, Bio-Grow und Marchfelder Cannabis

Als Zierpflanze gilt Hanf nur, wenn die Beleuchtung passt. Eine Wissenschaft. (Foto: Biorama)

Als Zierpflanze gilt Hanf nur, wenn die Beleuchtung passt. Eine Wissenschaft. (Foto: Biorama)

Im Marchfeld – gemeinhin für seine Spargel-Kulturen bekannt – verkauft Georg Kalenda seit kurzem „Krumme Gurken“. Gemeint ist damit Bio-Hanf. Ein Interview über Cannabis, Jugendschutz und seine strengen Bio-Ansprüche.

BIORAMA Beim Geschäftsnamen „Krumme Gurken“ dachte ich anfangs an einen Laden, der alte Gurkensorten und vielleicht Saatgut für Gemüseraritäten anbietet, welche nicht in die Raster der EU-Normierung passen oder dergleichen. Hanf war eher nicht meine erste Assoziation. Was hat es mit deinem Namen auf sich?
Georg Kalenda: Der Name ist eigentlich aus der EU-Verordnung, die es eine Zeit lang gab und die den Krümmungsgrad einer Salatgurke regeln sollte, entstanden. Grundsätzlich passt es nicht in unser Weltanschauungsbild, die Natur zu reglementieren oder gar zu verbieten. Wir sind der Meinung, dass jede Genetik wertvoll und erhaltenswert ist, auch krumme Gurken!

Die Anti-Haltung, die in deinem Namen steckt, ist also schon eine ganz bewusste …
Georg Kalenda: Ja, auf jeden Fall. Wir wollen zeigen, was die Natur zu bieten hat, dass man auch auf neuen unkonventionellen Wegen voran kommt und natürlich ist es mir auch sehr wichtig, einen seriösen Zugang zur Hanfpflanze zu schaffen! Als älteste Heil-, Nutz- und Kulturpflanze der Welt hat sie vollste Berechtigung in unserer Gesellschaft.

Fingerspitzengefühl braucht auch der Bio-Hanfgärtner. Georg Kalenda hegt und pflegt seine Pflänzchen. Manche der Klonpflanzen stammen aus dem Jahr 1998. (Foto: Biorama)

Fingerspitzengefühl braucht auch der Bio-Hanfgärtner. Georg Kalenda hegt und pflegt seine Pflänzchen. Manche der Klonpflanzen stammen aus dem Jahr 1998. (Foto: Biorama)

Was bringt einen 29-jährigen KFZ-Spengler und Lackierer dazu, beruflich umzusatteln und einen Grow-Shop für Bio-Hanf zu eröffnen?
Georg Kalenda: Das war ein Entwicklungsprozess. Den Traum, meinen eigenen Growshop zu besitzen, den hatte ich schon vor 12 Jahren als ich meine Ausbildung beendet hatte. Dieser Traum verfolgte mich regelrecht über die Jahre, ich konnte diese Idee nie vergessen und meine Begeisterung war immer riesengroß. Im Frühjahr 2015 hatte ich leider einen Bandscheibenvorfall und einige Probleme mit meinen Gelenken bekommen, wodurch ich gezwungen wurde meinen erlernten Beruf aufzugeben. Durch eine glückliche Fügung lernte ich meinen Geschäftspartner Alois Posch, den Gründer der „Krummen Gurken“ kennnen und aus dem Jugendtraum wurde Realität.

Worin unterscheidet sich denn der Bio-Anbau von Hanf mit konventionellen Kulturen?
Georg Kalenda: Da es für die Hanfpflanze noch keine Verordnung gibt, die den biologischen Anbau regelt, halten wir uns streng an die Bio-Verordnungen die auch für die Gemüseproduktion gelten.
Wir arbeiten auf organischen Substraten, bewurzeln unsere Stecklinge mit einem Auszug aus der Weide, welche ein sehr starkes natürliches Wurzelhormon besitzt. Unsere Pflanzen wachsen im Folientunnel unter Sonnenlicht und je nach Jahreszeit mit etwas Zusatz-Beleuchtung um ein Blühen zu verhindern, hier setzten wir auf modernste LED-Technik und Ökostrom.
Wir verwenden nur Düngestoffe, die rein organischen Ursprungs sind, egal ob Depot- oder Flüssigdünger. Depotdüngerkomponenten sind zum Beispiel Vogelguano, Fischmehl, Fledermausguano oder Wurmhumus. Flüssigdünger sind etwa Melasse, Vinasse, Algenextrakte, Komposttees oder Wurmtee.
Beim Pflanzenschutz setzen wir auf Nützlinge und nützlingsschonende Pflanzenschutzmittel, die im Betriebsmittelkatalog gelistet sind.

Unter dem Namen "Krumme Gurken" wird auch spezielle Bio-Pflanzerde verkauft. Der beigemengte Hühnermist sorgt für den richtigen Untergrund. (Foto: Biorama)

Unter dem Namen „Krumme Gurken“ wird auch spezielle Bio-Pflanzerde verkauft. Der beigemengte Hühnermist sorgt für den richtigen Untergrund. (Foto: Biorama)

Du verkaufst deine Stecklinge und Pflanzen offiziell als Zierpflanzen und nur an volljährige Personen – samt dem Hinweis, dass die Pflanzen genügend Lichtstunden brauchen, weil sie sonst THC-haltige Blüten bilden. Hm.
Georg Kalenda: Ja, das stimmt, das entscheidende ist das „Licht/ Dunkelheit“-Verhältnis. Mit mindestens 18 Stunden Licht zu 6 Stunden Dunkelheit kann die Hanfpflanze im vegetativen Wachstum gehalten werden, das heißt es werden keine Blüten und somit auch keine Wirkstoffmengen, die den Grenzwert von 0,2% THC übersteigen, gebildet. Unter diesen Vorraussetzungen können auch meine Kunden ihre Zierhanfpflanzen bei sich zu Hause kultivieren ohne mit dem Gesetz im Konflikt zu stehen. Des weiteren glauben wir, dass ein verantwortungsvoller Umgang mit unseren Zierpflanzen eine gewisse Reife voraussetzt, weshalb wir uns vorbehalten, nur an Personen, die das 19. Lebensjahr vollendet haben zu verkaufen.

Der rechtlich entscheidende Hinweis: Konsumenten werden im Geschäftslokal darüber aufgeklärt, wie sie ihre Pflanzen zu Hause zu pflegen haben. (Foto: Biorama)

Der rechtlich entscheidende Hinweis: Konsumenten werden im Geschäftslokal darüber aufgeklärt, wie sie ihre Pflanzen zu Hause zu pflegen haben. (Foto: Biorama)

Brancheninsider rechnen damit, dass vor allem der medizinische Marihuanakonsum zur Schmerzlinderung oder im Rahmen von Therapien in den nächsten Jahrzehnten ein großes Thema wird und wissen, dass die Gesetzgebung hier hinterherhinkt. Wie gehst du denn damit um?
Georg Kalenda: Wie man am amerikanischen Beispiel sehen kann, boomt der US-Cannabis-Markt bereits stärker als jede andere Branche. Ich denke, in Europa findet gerade – zumindest in der Gesellschaft – ein Umdenken statt. Politisch wird es wohl noch einige Zeit dauern, aber auch hier führt meiner Meinung nach kein Weg an einem legalen Hanfmarkt vorbei! Speziell im medizinischen Bereich muss so schnell es geht eine Lösung her, es kann einfach nicht sein, dass Menschen, die ohnehin schon vom Leben gezeichnet sind, dafür bestraft oder kriminalisiert werden, dass sie die Medizin nehmen, die ihnen hilft.

Aufklärung ist das oberste Gebot. Georg Kalenda, gelernter KFZ-Techniker, hat sich sein Hanf-Wissen selbst angeeignet. Von Bio ist er überzeugt. (Foto: Biorama)

Aufklärung ist das oberste Gebot. Georg Kalenda, gelernter KFZ-Techniker, hat sich sein Hanf-Wissen selbst angeeignet. Von Bio ist er überzeugt. (Foto: Biorama)

Wer sind denn deine Kunden?
Georg Kalenda: Den typischen „Krumme Gurken“-Kunden gibt es eigentlich gar nicht. Zu uns kommen quer aus allen sozialen und Altersschichten Menschen, die Freude an der Natur haben! Auch unser breites CBD-Sortiment kommt speziell bei den etwas älteren Kunden sehr gut an!

Jungunternehmer Georg Kalenda vor seiner üppigen Auslagenfront. (Foto: Krumme Gurken)

Jungunternehmer Georg Kalenda vor seiner üppigen Auslagenfront. (Foto: Krumme Gurken)

Warum hast du dich mit „Krumme Gurken“ im niederöstereichischen Deutsch-Wagram und nicht im nahen Wien angesiedelt? Wäre die Kundschaft in der Großstadt nicht geballter anzutreffen?
Georg Kalenda: Möglicherweise hast du da nicht ganz unrecht, aber in Wien ist die Dichte an Grow-Shops enorm, denke ich. In den Bezirken Gänserndorf, Mistelbach, Korneuburg, Hollabrunn und auch im grenznahen Tschechien und der Slowakei, also quasi im nordöstlichen Niederösterreich samt Grenzland, musste man bisher aber den weiten Weg bis nach Wien auf sich nehmen, um zu einem Growshop zu kommen. Leuten aus diesem Einzugsgebiet wollte ich eine neue Möglchkeit bieten. Außerdem ist Deutsch Wagram sowohl öffentlich als auch mit dem Auto sehr gut von Wien zu erreichen, falls doch ein Wiener Kunde einen Steckling vom Bio-Bauern haben möchte.

Das Geschäftslokal in Deutsch Wagram, Marchfeld. Viele Kunden besuchen den Bio-Grow-Shop auch aus Wien. Der Ort ist gut mit der S-Bahn erreichbar. (Foto: Biorama)

Das Geschäftslokal in Deutsch Wagram, Marchfeld. Viele Kunden besuchen den Bio-Grow-Shop auch aus Wien. Der Ort ist gut mit der S-Bahn erreichbar. (Foto: Biorama)

 

Du verkaufst nicht nur Pflanzen, sondern auch Leuchten, Bio-Dünger und Bio-Pflanzenerde. Versendest du Ware auch online?
Georg Kalenda: Neben unserer eigenen „Krumme Gurken“-Erdmischung „Ready“, die mit 1,5 kg von unserem vollorganischen Depotdünger, Bodenhilfstoffen und wurzelbesiedelnden Bakterien und Pilzen angereichert ist, haben wir auch ein „Krumme Gurken“-Flüssigdüngerpaket auf Vinasse Basis, „Krumme Gurken“-Bodenhilfstoffe, die modernsten LED-Lampen, Zelte usw.. Auch die gängigen holländischen Dünger und Erdeprodukte sind bei uns erhältlich. Unsere Homepage befindet sich gerade im Umbau, daher wird es noch einige Zeit dauern bis es einen Online-Shop gibt. Auf Anfrage versenden wir, mit Ausnahme von Pflanzen, aber jetzt schon unsere Waren.

Deine Pflanzen stammen aus der Steiermark und werden vom bereits erwähnten Bio-Bauern und Paradeiserraritäten-Connaisseur Alois Posch gezogen. Gibt es bei dir im Laden auch alte Hanf-Sorten?
Georg Kalenda: Ja, die gibt es, wir arbeiten auch stets daran unsere Genetik-Datenbank zu erweitern, eine alte, so genannte Landrasse ist zum Beispiel die „Parvati“ aus dem Himalaya, die „Durban Poison“ aus Südafrika oder die „Panama“.

Backstage: Im Hinterzimmer hat Georg Kalenda Platz für über 1.000 Hanf-Stecklinge. Diese stammen aus der Steiermark, vom Bio-Raritäten-Vordenker Alois Posch. (Foto: Biorama)

Backstage: Im Hinterzimmer hat Georg Kalenda Platz für über 1.000 Hanf-Stecklinge. Diese stammen aus der Steiermark, vom Bio-Raritäten-Vordenker Alois Posch. (Foto: Biorama)

Worin unterscheiden sich alte Hanf-Sorten von hochgezüchtetem Hanf?
Georg Kalenda: Die alten Landrassen sind sortenrein, das heißt durch die Züchtungsarbeit der Natur unverfälscht und somit in ihrer Wirkstoffzusammenseztung nicht ganz so komplex wie die „hochgezüchteten“ Sorten.

Sind Alte Sorten in der Grow-Bewegung ein Thema oder seht ihr euch da als Pioniere?
Georg Kalenda: Nein, als Pioniere würde ich uns nicht bezeichnen. Diese Raritäten sind längst sehr gefragt am Markt und werden immer mehr zum Thema, gerade was die Züchtung im medizinischen Bereich angeht.

Ein Sortiment rund ums Thema Hanf. Das Credo von Gründer Georg Kalenda: Hauptsache Bio. (Foto: Biorama)

Ein Sortiment rund ums Thema Hanf. Das Credo von Gründer Georg Kalenda: Hauptsache Bio. (Foto: Biorama)

Wer dominiert denn das Grow-Business? Ist da auch Monsanto im Geschäft was Saatgut, Düngemittel und dergleichen angeht?
Georg Kalenda: Dominiert wird die Branche, denke ich, nicht von Großkonzernen, eher von holländischen und amerikanischen Firmen. Aber wer im Hintergrund steht, kann man nie wissen und für mich ist es nur schwer vorstellbar, dass sich Riesen wie Monsanto und Co das Geschäft mit dem Hanf entgehen lassen. Von daher würde es mich nicht wundern.

Ihr verkauft auch „Clone only“-Pflanzen, also Pflanzen, die nicht über Samen, sondern nur über Stecklinge vermehrt werden? Warum ist das bei manchen Pflanzen so wichtig? (Und: Spricht man dann eigentlich von einer Sorte, wenn es ja streng genommen nur eine einzige, immer wieder vermehrte Pflanze gibt?)
Georg Kalenda: Ja, das ist richtig, manche Kreuzungen werden auf diese Art und Weise vermehrt – weil die original Genetik verloren ging oder nicht mehr nachvollziehbar ist. Andere Clone Onlys sind selektierte Phenotypen einer Genetik, welche besondere Eigenschaften besitzen und deshalb als Klon erhalten werden, ganz bekannt ist z.B die „Bubba Kush PRE 98“ oder die „Girl Scort Cookies“ (Thin Mint Phenol).

Nicht nur das Licht muss passen. Auch ein Gebläse garantiert, dass sich die Hanfpflänzchen wohl fühlen. (Foto: Biorama)

Nicht nur das Licht muss passen. Auch ein Gebläse garantiert, dass sich die Hanfpflänzchen wohl fühlen. (Foto: Biorama)

Das Konzept deines Ladens wirkt sehr ganzheitlich. Von Bio-Stecklingen bis zum Wurmkompost aus dem nahen Spannberg. Da deine Pflanzen ja stets genügend Licht benötigen, ist der Stromverbrauch wohl beachtlich. Bezieht „Krumme Gurken“  Ökostrom?
Georg Kalenda: Dankeschön, dank der modernen LED-Technik und Lichtbewegungssystemen hält sich der Energieverbrauch in Grenzen, unser Stromanbieter erzeugt seinen Strom zu 100% aus Wasser-, Windkraft und erneuerbarer Energie.

Ich habe neben den vielen Marihuana-Pflänzchen hier im Laden auch mir unbekannte Pflanzen und Chilis entdeckt. Ist eine Sortimenterweiterung ein Thema für „Krumme Gurken“?
Georg Kalenda: Die Vielfalt wird bei uns groß geschrieben, an diesem Projekt arbeitet Alois schon länger, das ist sein Herzensprojekt. Dieses Jahr hat er in harter züchterischer Arbeit ca. 200 verschiedene Paradeiser-Sorten untereinander gekreuzt und selektiert. Wenn alles gut geht, werden wir einen Teil dieser Zuchtarbeit nächsten Frühjahr auf den Markt bringen. Er hat auch einige Chilli-, Gurken-, Paprika- und Kräuter-Raritäten, die interessant sind und die man eher nicht in Supermarktregal finden wird. Die Pflanzen, die du im Shop siehst, sind ein Australisches Zitronenblatt, Zwergchilli, Pur Pur Basilikum und Peyote Kakteen. Aber unser Hauptsortiment wird unsere Hanfgenetiksammlung bleiben.

Zierpflanzen im Planenzelt (Foto: Biorama)

Zierpflanzen im Planenzelt. Der „Krumme Gurken“-Laden lockt mit der größten Hanf-Genetiksammlung Europas. Die Sorten tragen Namen wie „AK47“, „Tangerine Dream“ oder“Girl Scout Cookies“. Bio sind die Stecklinge alle. (Foto: Biorama)

Ich meine aus deinem Engagement eine gewisse Vision herauszuhören. Könntest du die abschließend beschreiben?
Georg Kalenda: Meine Vision: ein legaler Cannabismarkt, mit Abgabestellen wie in Holland, Spanien oder in den USA, mit strengem Jugendschutz und strenger Qualitätskontrolle, einer Produktion, die nicht in staatlichen oder Konzernhänden liegt, sondern bei kleinen, regionalen Bio-Bauern und mit vernünftigen Regelungen für Privatanbau, Besitz und Weitergabe.

 

„Krumme Gurken“ (Hauptstraße 35, 2232 Deutsch Wagram) hat von Montag bis Freitag von 12.00 bis 19.00 Uhr geöffnet, Samstag von 12.00 bis 17.00 Uhr.

Termin: Von 7. bis 9. Oktober findet in 2334 Vösendorf (Eventpyramide Wien) die Hanfmesse „Cultiva“ statt. Georg Kalenda wird dort mit seinen „Krummen Gurken“ allerdings nicht als Aussteller vertreten sein.


Weiterlesen? Ratgeber-Autorin Alice Legit im Interview über ihr Buch „Bio-Grow“, Mondphasen und konventionelles Kraut.

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