„Die Vorstellung einer umgekehrten Globalisierung“

Olivenöl III

Bild: Ganico – Natural Products

Ein Wiener Start-up vermarktet Fair Trade Olivenöl aus einer palästinensischen Kooperative. Wir haben uns von Jungunternehmer Johannes Puchinger ausführlich erklären lassen, wie es dazu kam, wie es funktioniert, und was das für ihn mit umgekehrter Globalisierung zu tun hat. 

Seit diesem Jahr gibt es ein neues Produkt auf dem österreichischen Lebensmittelmarkt: ein Bio Fair Trade Olivenöl aus Palästina!
Johannes Puchinger (27), der sich selbst als „Sozialunternehmer“ bezeichnet, hat Anfang 2016 Ganico gegründet und handelt ausschließlich mit Bio-Produkten, die ressourcenschonend, nachhaltig und unter fairen Bedingungen hergestellt werden. Das Unternehmen hat es sich zur Aufgabe gemacht, wirtschaftliche Entwicklung in politisch instabilen Regionen zu fördern, indem durch gemeinsamen Handel für sozioökonomische Unterstützung und ökologische Nachhaltigkeit gesorgt wird. Puchinger, der einen Bachelor in Volkswirtschaftslehre an der WU Wien abgeschlossen hat und nun mitten im Masterstudiengang Internationale Entwicklung steckt, hat mit seinem Unternehmen gezeigt, was Sozialwirtschaft wirklich bedeuten kann und sollte. Für ihn steht Fairness an erster Stelle und schon lange bevor die konkrete Idee zu Ganico entstand, war für ihn klar: egal was er anpackt, seine oberste Maxime wird immer ein Geben und Nehmen auf Augenhöhe und eine ganzheitlich faire Basis sein.

Biorama hat Puchinger in Wien zum Interview getroffen und er hat uns in einem sehr offenen und spannenden Gespräch über die Entstehung von Ganico und von seiner Geschäftsphilosphie erzählt.

Ein Start-up Unternehmen zu gründen birgt immer ein gewisses Risiko. Wie ist die Idee zu Ganico entstanden?

Johannes Puchinger: Natürlich geht man bei der Gründung eines Start-up Unternehmens immer ein Risiko ein, aber das muss man auch tragen können. Ich habe die unbedingte Idee von Selbständigkeit, die eine Wertschöpfung ermöglicht, ohne bei einem anderen Unternehmen angestellt zu sein und dafür gehe ich dieses Risiko gerne ein. Ich war auf der Suche nach einem Produkt mit politischer Tragweite. Ich wollte etwas Besonderes auf den Markt bringen und als ich zufällig einen Artikel über Canaan Fair Trade Palästina gelesen habe, war ich sofort fasziniert. Ich fand die Kooperative vom ersten Moment an sympathisch. Auch aus dem Grund, weil es sich dabei endlich einmal um positive Nachrichten aus Palästina handelte. Ich habe dann zu Dr. Nasim – der Gründer von Canaan Fair Trade, übrigens eine sehr beeindruckende Persönlichkeit – Kontakt aufgenommen und mich erkundigt, ob es die Möglichkeit gibt, nach Palästina zu reisen, um mir alles vor Ort anzuschauen. Er hat mich eingeladen, ich bin nach Jenin im Westjordanland gereist und so hat die ganze spannende Entwicklung von Ganico begonnen. Dr. Nasim hat Canaan Fair Trade aufgebaut und hat eine Kooperative mit den regionalen Bauern gegründet, weil es ihm einfach um eine positive Entwicklung von Palästina geht und genau diesen Hintergrund fand ich sehr ansprechend.

Bio Fair Trade Olivenöle gibt es viele. Regionalität wird mittlerweile bei den meisten Unternehmen großgeschrieben und gilt als Qualitätsmerkmal. Wieso handelst du mit Produkten aus Palästina, was ist das Besondere daran?

Johannes Puchinger: Ja, diese Frage ist durchaus berechtigt, da Regionalität und Palästina nicht wirklich zusammengehen (lacht). Palästina ist einfach ein geschichtsträchtiger Ort, bei dem immer eine historische Vorstellung mitschwingt, unabhängig von der doch sehr konfliktreichen Geschichte.

Ich habe die Vorstellung einer umgekehrten Globalisierung und da passt Palästina irgendwie gut hinein. Regionalität ist jetzt wieder sehr im Kommen und das hat natürlich seine absolute Berechtigung! Aber es ist eben auch so, dass Globalisierung nicht immer automatisch bedeuten muss, dass Konzerne in andere Länder einmarschieren und den Leuten vor Ort ihre Produkte aufzwingen und es Coca-Cola selbst in den entlegensten Erdteilen gibt, oder dergleichen. Sondern es kann ja auch so verstanden werden, dass auch in Entwicklungsländern ProduzentInnen die Möglichkeit haben, ihre Produkte, die sie regional produzieren, auf einem globalen Markt anbieten.

Warum?

Johannes Puchinger: Weil die Regionalität dort nicht funktioniert. Bei uns funktioniert Regionalität, aber in vielen Teilen der Welt nicht, weil die ProduzentInnen davon nicht leben können. Das ist einfach so. Deshalb nehme ich den weiten Transport auch in Kauf. Manche mögen das vielleicht als Negativ- Kriterium empfinden, aber ich finde, wenn das Konzept fair und durchdacht ist, schafft man auch ganz andere Möglichkeiten! Es ist immer auch ein Abwägen – brauche ich wirklich Bio-Äpfel oder Tomaten aus Chile, Südafrika oder Neusseeland? Ist dieser ständige Verfügbarkeitsanspruch, den wir als KonsumentInnen erheben berechtigt? Bei Produkten die es regional nicht gibt, wie eben zum Beispiel Oliven, ist das für mich etwas anderes und ich versuche durch eine Wertschöpfung vor Ort etwas Besonderes zu schaffen und keine weitere Ökosünde.

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Unternehmensgründer Johannes Puchinger, Bild: Ganico – Natural Products

Ihr scheint großen Wert auf Transparenz eures Unternehmens zu legen. Liest man eure Website durch, bekommt man einen guten Einblick in die Entstehungsgeschichte und die Herstellung des Öls. Liegt euch Offenheit am Herzen?
Johannes Puchinger: Transparenz ist für uns absolut wichtig. Ich glaube, gerade wenn man mit nachhaltigen, biologischen oder fair produzierten Lebensmitteln handelt, ist es einfach essentiell, Vertrauen aufzubauen. Und es ist auch wichtig, dass man das Vertrauen nicht einfach nur als Phrasenbegriff herunterdrischt. Die KäuferInnen müssen absolut sicher sein können, dass das, was sie da konsumieren, auch einen Sinn hat. Unser Ziel ist es deshalb auch, unsere Buchhaltung langfristig offenzulegen. Das würde ich persönlich gerne machen. Jetzt sind wir vielleicht noch zu klein und das Interesse ist noch nicht so stark, aber warum nicht!? Ich habe nichts zu verheimlichen und ich finde, wenn man einen normalen Betrieb führt oder ein Unternehmen aufbaut, dann muss man nichts verheimlichen. Jeder soll die Möglichkeit haben, nachzusehen, wo das Geld hingeht. Dann sieht man auch, wieviel Geld verwenden wir für Steuern, Verwaltungskosten, was kostet die Homepage, was kosten die Gehälter, solche Dinge eben. Der geringe Teil, der bei mir bleibt, soll immer in einem Verhältnis stehen, welches ich jederzeit öffentlich darlegen kann, ohne schlechtes Gewissen (lacht). Es handelt sich ja um ein Faire Trade-Produkt und so ist auch der Preis bemessen. Wir möchten eine Vorreiterrolle in puncto Transparenz einnehmen und hoffentlich nehmen sich auch andere daran ein Beispiel (lacht).

Du bist nach Palästina gereist, um dir vor Ort ein Bild von der Herstellung zu machen. Hast du auch einen Eindruck von den Arbeitsverhältnissen gewinnen können?
Johannes Puchinger: Vor allem wenn man mit Fair Trade-Produkten handelt, ist immer wichtig, dass man persönlich vor Ort ist, denn nur dann kann man alles richtig beurteilen und diesen Eindruck muss man einfach gewinnen. Und es muss ja auch mit der Kooperative, den Palästinensern, also den Partnern vor Ort passen, denn Handel ist immer in gewisser Weise auch eine persönliche Beziehung. Und damit diese Beziehung fair abläuft, ist es glaube ich unerlässlich, dass man sich die Arbeitsbedingungen vor Ort ansieht. Was ich mitgenommen habe ist, dass es einfach sehr, sehr viel Handarbeit ist. Das Gelände der Region Jenin ist hauptsächlich unzugänglich. Die Landschaft ist karg und es sind überall kleine Felsen, deshalb könnte man gar nicht mit Bearbeitungsmaschinen zu den Bäumen fahren. Es passiert alles händisch. Es müssen die Netze ausgebreitet und die Bäume gepflegt werden, auch das Ernten und Pressen ist reine Handarbeit. Wir arbeiten mit fünf Kleinbauernkooperativen zusammen, wo im Endeffekt die ganze Familie zusammenhilft.

Es geht dort wirklich um Nachhaltigkeit, auch was die Arbeitsverhältnisse angeht. Die Bauern bekommen dort natürlich mehr bezahlt als wo anders und davon habe ich mich bei meinem Besuch persönlich überzeugen können. Da geht es nicht darum, dass einige wenige die lokale Bevölkerung ausbeuten und die große Kohle scheffeln. Reich wird wahrscheinlich niemand damit, aber im Zentrum stehen eben die Bauern und das finde ich auch das Schöne daran, deswegen mache ich das auch. Wir wollen die Traditionen Palästinas Pflegen, weshalb wir Olivenfrüchte des Rumi-Baumes verwenden, ein Baum der schon seit der Zeit des Römischen Reichs in Palästina angebaut wird. Was aber nicht bedeutet, dass wir nur um der Tradition Willen den ArbeiterInnen ihre Tätigkeit durch Handarbeit erschweren. Das wollen wir auf keinen Fall! Aber durch dieses besondere Gelände ist eben nur diese Art von Olivenölgewinnung möglich. Fair Trade sollte immer ein ausgeglichenes Geben und Nehmen bedeuten und das kann ich bei Ganico bezeugen. Ich empfinde es einfach immer als ein unglaublich alarmierendes Signal, wenn Fair Trade-Produkte im Supermarkt billiger sind, als Premium-Produkte, z.B. konventionell hergestellter Kaffee. Das impliziert irgendwie, dass es scheinbar einen unfairen und einen fairen Preis gibt. Dass der tatsächlich „Faire“ Preis aber sogar billiger ist, das kann einfach nicht sein! Für mich sollte man für Fair Trade-Produkte immer deutlich mehr bezahlen! Den KonsumentInnen muss auch bewusstgemacht werden: wenn ihr wirklich fairen Handel wollt, dann müsst ihr einfach mehr bezahlen! Und nicht nur 30 Cent! Da bleiben wir immer arm. Wenn ich einem, der eh schon wenig verdient, drei Cent mehr bezahle, dann bleibt er trotzdem noch arm! Und diese drei Cent machen auch seine Arbeitsbedingungen kein bisschen fairer. So sehe ich das jedenfalls…

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Bild: Ganico – Natural Products

War es schwer, ein Fair Trade-Zertifikat zu erhalten? Wie haben sich die Verhandlungen mit Fair for Life und Naturland gestaltet?

Johannes Puchinger: Für uns war das kein Thema, weil das zum Glück die Palästinenser für uns übernommen haben und Dr. Nasim von Canaan Fair Trade schon mit Fair for Life kooperiert. Ich finde das insofern auch gut, weil die Wertschöpfung und der Aufwand ja auch dort passiert. Hätten wir das gemacht, hätten wir den Aufwand wiederum unseren Kunden in Rechnung stellen müssen und die Palästinenser würden nicht das gleiche Geld bekommen wie jetzt. Wir haben bei der Zertifizierung nur die Bürokratie übernommen und sind sehr dankbar, dass das von Palästina aus gesteuert wird.

Das tolle an Fair for Life ist, dass keine Zertifizierungskosten erhoben werden. Und das finde ich persönlich sehr wichtig. Denn für das konventionelle, bekanntere Fairtrade Zertifikat, fallen Unsummen an Lizenzgebühren an, die natürlich für kleinere Unternehmen, die nicht auf Massenproduktion ausgelegt sind, unmöglich zahlbar sind. Und deshalb muss man beim bekannten Fairtrade auch hinterfragen, wo die Wertschöpfung passiert. Und meistens sind das eben trotzdem dann nicht die Länder, aus denen es exportiert wird. Ich weiß, das klingt jetzt etwas ernüchternd, weil man muss sich dann eigentlich fragen: Wenn sogar Fairtrade an diesem Punkt unfair ist, gibt es Fair Trade dann überhaupt und wie kann man sich darauf verlassen? Ich finde, man muss eben immer ein bisschen hinterfragen und abwägen. Natürlich sind die auf Masse ausgelegt und die Zertifizierungsgebühren werden die großen Kooperativen nicht so schmerzen, aber wie gesagt, 3 Cent mehr, sind eben nur 3 Cent mehr! Unser Öl darf jedenfalls mit bestem Gewissen konsumiert werden (lacht).

Ihr bewerbt euer Olivenöl, neben den Eigenschaften Fair Trade und Bio auch mit dem Begriff Raw. Was ist das Besondere an kaltgepressten Ölen?

Johannes Puchinger: Es gibt mehrere Bio Fair Trade Öle vom gleichen Hersteller, die Verarbeitung ist aber individuell. Es kommt auf die Olivensorte und das Alter der Oliven an und letztendlich entstehen dann Produkte mit unterschiedlichen Qualitätsansprüchen. Unser Öl ist teurer, weil es sehr aufwändig produziert wird. Es wird aus den als Napali bezeichneten Olivenfrüchten des Rumi-Baumes gewonnen und wird schonend und kalt gepresst. Ich freue mich über alle Produkte aus der Region, die auf dem Markt sind, ich stehe da auch nicht im Konkurrenzverhältnis. Wir haben uns gemeinsam mit dem Partner vor Ort für diese Sorte entschieden, weil es einfach auch den Markt hier anspricht. Es ist qualitativ sehr hochwertig, sehr aufwändig in der Herstellung und es gibt eben auch nicht so große Mengen davon. Es ist eben kein Massenprodukt.

Ich kann mir vorstellen, dass sich der Import von Produkten aus einer so krisengebeutelten Region, schwierig gestaltet. Wie kommt das Öl nach Österreich?

Johannes Puchinger: Der Import ist grundsätzlich aufwändig und etwas anderes, wie wenn ich Olivenöl aus einem EU Land importieren würde. Es ist aber zum Glück auch so, dass das von unseren Partnern direkt vor Ort abgewickelt wird. Das Öl geht vom Westjordanland raus, dann nach Haifa in Israel. Dort liegt dann eher die Schwierigkeit, dass die Produkte da durch den Zoll kommen, auch wegen der politischen Prozesse. Von Haifa geht es dann nach Hamburg, wo es dann von uns in Empfang genommen wird. Es ist schwierig, aber es ist machbar, wenn man Leute vor Ort hat, auf die man sich verlassen kann und die bürokratischen Hürden, über die brauchen wir nicht zu sprechen, ja die gibt es einfach! (lacht)

Wo kann man euer Olivenöl – abgesehen vom Onlineshop – kaufen?

Johannes Puchinger: Wir bemühen uns laufend, neue Händler zu finden. Momentan kann man es bei der bio holzofen bäckerei gragger sowohl in Linz, als auch in Wien und in der GREISSLEREI in Ottensheim kaufen. Die Besitzerin der GREISSLEREI war übrigens die Erste, die sofort gesagt hat, dass sie unser Produkt verkaufen möchte und hat uns wirklich von Anfang an unterstützt! Ich hoffe natürlich, dass unser Öl bald in vielen Regalen zu finden ist, denn natürlich würden wir unser Produkt gerne auch in weiteren Ländern Europas, oder zumindest einmal im deutschsprachigen Raum vertreiben. Was ich schön finden würde, wäre, wenn wir es auch in der Region um Palästina, zum Beispiel in Israel verkaufen könnten. Ich werde auch hier in Wien das Gespräch mit der Israelischen Kultusgemeinde nicht scheuen, wir sehen das ja auch als Friedensprojekt und nicht als politische Positionierung. Und ich würde mich sehr freuen, wenn sich israelische Partner finden würden, die das Öl verkaufen oder zumindest in ihren Lokalen verwenden! Wir wollen ja auch den Konflikt irgendwie entschärfen und nicht verstärken.

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Bild: Ganico – Natural Products

Das Öl kostet 15€. Was genau passiert mit dem Geld, bzw. wen unterstützt man als KonsumentIn mit dem Kauf eures Öls?

Johannes Puchinger: Im Rahmen der Kooperation mit Caanaan Fair Trade, werden jährlich zehn Stipendien an palästinensische StudentInnen vergeben, die aus Kleinbauernfamilien oder Flüchtlingsheimen kommen. In Zusammenarbeit mit der Palestine Fair Trade Association ist zudem ein zweijähriges Mikro-Kreditprogramm für Frauen entstanden, welches Frauen ermöglicht, ein kleines Gewerbe zu gründen. Denn es geht uns allen auch darum, Führungskräfte auszubilden und den Menschen vor Ort eine hochqualifizierte Bildung zu ermöglichen, damit dort die Wertschöpfung noch mehr aus Selbstinitiative heraus passiert und nicht nur durch uns von außen. Denn das Problem ist, dass sich die meisten Fabriken dort in Hand von ausländischen Nachbarstaaten – hauptsächlich Israelis – befinden.

Ein kleiner Teil des Verkaufserlöses bleibt natürlich bei uns, aber wir geben ca. 75% der Einnahmen direkt an die Partner in Palästina weiter. Von unseren 25% werden Gehälter, Transport- und Verwaltungskosten etc. bezahlt. Meine Arbeitszeit natürlich nicht eingerechnet (lacht). Also ich verdiene derzeit nichts daran. Aber mir gibt die ganze Sache einfach ein Gefühl, etwas Sinnvolles zu machen und das ist das Schönste daran. Ich bin davon überzeugt, dass unsere Arbeit etwas bringt und das ist eigentlich das oberste Ziel.

Tatsächlich hätten wir den Preis noch höher ansetzen müssen, weil die Herstellungskosten vor Ort durch die Handarbeit und auch durch die Abgeschirmtheit des Landes auch dementsprechend hoch sind. Leider sind die KonsumentInnen jedoch gewöhnt, Bio Fair Trade Öle um 8,99 in den gängigen Supermärkten kaufen zu können. Aber wie ich bereits gesagt habe, Fair Trade hat einfach seinen Preis, wenn man es ernst nimmt. Und wenn wir uns ehrlich sind, es ist ja nicht so, dass wir fünf Liter Olivenöl am Tag trinken (lacht) und so eine Flasche ist doch recht ergiebig.

Ich muss mich oft für diesen Preis rechtfertigen, aber mittlerweile bin ich da auch etwas selbstbewusster geworden und sage, ja das kostet es eben und der Grund ist nicht, dass ich so gierig bin! Das kommt einfach daher, dass Qualität und faire Arbeitsbedingungen ihren Preis haben und so soll es auch sein.
Je mehr Öle wir verkaufen, desto früher kann ich meine Pläne der Sortimenterweiterung umsetzen, denn wir möchten auch andere Produkte aus dieser Region, wie z.B. Gewürzmischungen etc. anbieten. Das ist allerdings erst möglich, wenn wir Geld haben, um neue Produkte einzukaufen. Was mir allerdings schon wichtig ist, ist, dass es nicht um Almosen geht. Man sollte sich nicht denken: ich kaufe das Öl nur, weil ich die Palästinenser unterstützen will oder so etwas. Es ist ein faires Geschäft zwischen den Partnern vor Ort, uns und den KundInnen hier und es geht darum, jeden so gut wie möglich gleich zu behandeln, denn von einem fairen Geschäft profitieren immer alle Seiten. Ich halte nichts von Spenden, denn Spenden sind alles andere als nachhaltig. Denn wenn sie weg sind, bricht alles zusammen und das haben wir ja auch jetzt gerade wieder gesehen!

Was bedeutet also Nachhaltigkeit für dich persönlich?

Johannes Puchinger: Wir von Ganico versuchen diesen doch sehr starken Begriff extrem zu fassen. Wie ich vorhin gesagt habe, ist für mich bei Spenden immer eine gewisse Unfairness inbegriffen, dadurch, dass es einen Geber, oder eine Geberin gibt und auf der anderen Seite EmpfängerInnen. Das schafft immer Abhängigkeiten und wenn es die Möglichkeiten gibt, ein faires Geschäft zu machen, welches auf gleicher Augenhöhe stattfindet und wo niemand über den Tisch gezogen wird, weil ein Vertrauen da ist, dann ist das für mich Nachhaltigkeit. Aber auch eine ressourcenschonende, biologische Anbauweise und gute Arbeitsbedingungen verstehe ich unter Nachhaltigkeit. Für mich haben faire Arbeitsbedingungen einfach einen extrem hohen Stellenwert, weil das beste Produkt kann Biologisch angebaut sein, aber Bio heißt nicht gleich Fair Trade und das ist ganz wichtig, dass man sich das bei Produkten, die aus Entwicklungsländern kommen, immer bewusst macht! Nachhaltigkeit hat natürlich auch immer eine zeitliche Komponente. Nicht schnelllebig sein und alles mit Maß und Ziel behandeln, das ist uns sehr wichtig. Gerade was das Wachstum betrifft, finde ich, dass sich so ein Unternehmen immer selbst finanzieren sollte. Denn ich will ja eine langfristige Zusammenarbeit mit meinen PartnerInnen in Palästina. Ich finde es wichtig, dass man nachhaltig zusammenarbeitet sozusagen. Wenn ich mehr Öl verkaufe, kann ich expandieren und weitere Produkte anbieten und wenn ich das nicht kann, dann tut es mir leid und ich muss meine Kunden vertrösten. Mittlerweile geht es viel zu sehr um Masse und Verfügbarkeit, die wir alle immer suggeriert bekommen, frisches Brot bis Ladenschluss oder ähnliches! Natürlich hätte das jeder gern, ich habe auch lieber frisches, als altes Brot, aber ist das wirklich nötig? Und bevor tonnenweise Brot weggeschmissen wird, esse ich lieber doch das zwei Stunden alte Brot (lacht).

Zum Schluss noch eine ganz banale Frage: bei der Lagerung von Olivenöl spalten sich die Meinungen. Einige behaupten, es sei das Beste, das Olivenöl in den Kühlschrank zu stellen, andere wiederum sind der Meinung, man kann es auch bei Raumtemperatur lagern – was ist denn nun optimal für das Öl?
Konstante Temperatur ist sehr ausschlaggebend. Es sollte grundsätzlich eher kühl gelagert werden, bei unserem Öl wären 12-19 optimal, aber am wichtigsten ist Dunkelheit. Es sollte nie in der Sonne stehen, denn dann behält es den optimalen Geschmack. Wenn man diese zwei Dinge befolgt, kann man eigentlich nichts falsch machen. Aber trotzdem, wenn das Öl so gut ist wie unseres, bleibt es auch bei nicht perfekter Lagerung noch ein gutes Öl, vielleicht kein sehr gutes mehr, aber immer noch ein gutes (lacht).

 

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