Den Klimawandel ausbaden

Für die Biogemüsebäuerin Monika Jasansky hat Klimaschutz oberste Priorität. Auch aus eigenem Interesse.

Man sieht Brennesseln und Gräser.
Brennesseln dürfen außerhalb der Folientunnel auf Monika Jasanskys Hof wachsen. Bild: Wolfgang Bleier.

Zwei Wochen vor Herbstbeginn liegt Monika Jasanskys Hof in Bad Erlach noch in grellem Sommerlicht. Sie tritt einen Schritt zurück in den Schatten, den die großen Sträucher entlang der Grenzen des Grundstücks spenden. Hier, auf dem Stammsitz der Gärtnerei, befinden sich das Glashaus, einige Folientunnel und der kleine Hofladen. Sie bewirtschaftet weiteres Land in der Umgebung, insgesamt sind es zweieinhalb Hektar. »Für mich ist nie etwas anderes als Bio infrage gekommen«, sagt sie.
Sie hat Mühe, den Lärm der Baustelle nebenan zu übertönen. Es wird Beton gegossen; die umliegende Siedlung wird um ein Eigenheim reicher. Sie führt zu der rund einhundert Meter vom Stammsitz entfernten Freifläche, wo sich Beete mit Kohlrabi, Haferwurzel, Fenchel und Salaten wie Eichblatt und Endivie aneinanderreihen. Sie greift in die Erde. Unter einer Schicht Mulch liegt der dunkle Humus, den sie durch ihre Finger rieseln lässt. »Dieses Jahr kann ich erstmals Ingwer anbieten«, erzählt sie. Neben Kulturen, die sich aufgrund der veränderten klimatischen Verhältnisse erst heute anbauen ließen, wie der Süßkartoffel, Melonen, Physalis und Ingwer, versuche sie sich an heute seltenem Gemüse wie dem Rhabarber und der Steckrübe.

»Für mich ist nie etwas anderes als Bio infrage gekommen.«

Monika Jasansky, Biobäuerin

Gut einen Kilometer weiter, in Linsberg, liegt ihre größte Anbaufläche. Hier baut sie zur Hälfte Gemüse, zur anderen Hälfte Gründüngung an. Nach eineinhalb Jahren werden die Flächen getauscht. Die Wurzeln der Gründüngungspflanzen lockern den Boden; die nach dem Mähen übrig gebliebenen Pflanzenreste dienen als Mulch für die Beete. Dieser wird durch Mikroorganismen verdaut und der Boden dadurch mit Nährstoffen versorgt. Die Mulchschicht halte außerdem das Unkraut fern.

Meister Amir und die Schnegel

Zurück auf dem Stammsitz der Gärtnerei: Amir – der »Meister der Jungpflanzen«, wie Monika Jasansky ihn nennt – hält eine Jungpflanzenpalette hoch. Er ist im Betrieb seit dessen Gründung beschäftigt. Heute arbeiten im Betrieb bis zu sechzehn Mitarbeitende, teils in Vollzeit-, teils in Teilzeitanstellung.
»Hier ist eine!«, sagt er und zeigt auf eine kleine Schnecke, die sich an der Unterseite des Behälters versteckt hat. »Die Tigerschnegel sind klüger als andere Schnecken«, weiß Jasansky, »die verstecken sich überall.« FreundInnen des naturnahen Gärtnerns wissen, dass diese einerseits Nützlinge sind, weil sie die Eier anderer Schneckenarten fressen, aber auch Schaden anrichten, weil sie sich gerne an den Jungpflanzen zu schaffen machen.

Kornblumen und Ringelblumen werden hier von Insekten umschwirrt. Bild: Wolfgang Bleier.

Monika Jasansky eröffnete ihren Betrieb in den frühen 1990er-Jahren, direkt im Anschluss an ihr Studium an der Universität für Bodenkultur in Wien. Damals stand der Trend hin zu ökologischer Landbewirtschaftung noch am Beginn. Ein Jahrzehnt zuvor, 1983, hatte Österreich als erstes Land der Welt staatliche Richtlinien für die biologische Erzeugung von Lebensmitteln festgelegt. Heute werden in Österreich rund 26 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen biologisch bewirtschaftet. Die Vorgaben, an die sich Biobetriebe zu halten haben, würden tendenziell strenger. »Das ist etwas Gutes«, betont Jasansky. Neben der EU-Bio-Verordnung hat sie als Trägerin des Bio-Austria-Siegels auch dessen zusätzliche Kriterien zu erfüllen. Diese gehen nämlich in manchen Bereichen über die gesetzlichen Standards für Bioprodukte in der EU hinaus. »Als ich begonnen habe, war ich naiv. Ich habe unterschätzt, wie arbeitsintensiv Biogemüsebau ist«, sagt die heute 57-Jährige und erinnert sich an eine persönlich fordernde Zeit: »Ich habe ja auch noch zwei Kinder bekommen.« Sie hält inne. »Da ist eine Melone reif«, sagt sie und steuert plötzlich auf das andere Ende des Folientunnels zu. In diesem ist es schwül. Insekten umschwärmen die blau und orange leuchtenden Inseln von Kornblumen und Ringelblumen. Die Silhouette der Brennnesseln, die draußen wachsen dürfen, ist durch die Folie hindurch erkennbar. Sie ist im hinteren Bereich des Tunnels angekommen und hält eine süßlich duftende Zuckermelone in Händen. »Ich rieche es, wenn sie reif sind«, ruft sie.

»Das Umschlagen des Wetters ist massiver geworden.«

Monika Jasansky, Biobäuerin

Tiefer bohren

Die geschulte Nase und Jasanskys Praxiswissen insgesamt basieren auf drei Jahrzehnten Erfahrung im Biogemüsebau. Jedes Jahr tüftelt sie einen Anbaukalender aus, in dem sie Standort und Zeitpunkt für die geplanten Pflanzungen festlegt. Um ungünstigen Wetterbedingungen entgegenzuwirken, habe sie eigene Methoden erarbeitet, sagt sie; lange hätten sich diese bewährt. Die Problematiken, die der Klimawandel mit sich bringe, seien damit allerdings kaum mehr bewältigbar. Vor allem in den letzten fünf Jahren habe sich die Lage drastisch zugespitzt. »Das Umschlagen des Wetters ist massiver geworden«, sagt sie. Dass die Trockenperioden länger werden und die Böden schlechter in der Lage sind, Wasser zu speichern, hat sich herumgesprochen. Hier wird es allerdings sehr unmittelbar spürbar.
Im Jahr 2020 haben die Grundwasserreserven für diesen Hof fast nicht ausgereicht. Jasansky ließ ihren Brunnen tiefer graben, trotzdem genügte das Wasser nur knapp. 
Die Trockenheit zählt die Biobäuerin neben Spätfrost und Hagel zu den größten Herausforderungen. Werden durch Unwetter etwa Jungpflanzen zerstört, gerät schnell der Plan fürs ganze Jahr durcheinander. Viele Gemüsepflanzen wachsen langsam, auch wenn eine Kultur früh dem Hagel zum Opfer fällt, ist das Jahr oft zu kurz, um noch mal von vorne mit der Anzucht zu beginnen. »Ich habe das Glück, über mehrere Standorte zu verfügen«, sagt Monika Jasansky. Dadurch ist das Risiko eines Hagelschadens minimiert. Sie profitiert außerdem von der Vielfalt ihrer Gemüsesorten, wie sie sagt: »Ich habe ein Backup an ›einfachem Gemüse‹, das weniger heikel ist, was die Wetterverhältnisse betrifft, zum Beispiel Mangold. « Das Wichtigste aber sei Flexibilität. Dies gelte auch für die KonsumentInnen, vor allem dann, wenn manche Lebensmittel nicht immer verfügbar sind oder teurer werden: »Meine beste Versicherung ist die Einsicht meiner Kundinnen und Kunden«, sagt sie.

Auf der Gärtnerei befinden sich das Glashaus, einige Folientunnel und der kleine Hofladen. Bild: Wolfgang Bleier.

Radrabatt

Und für deren Einsatz um die gemeinsame Sache versucht sich Monika Jasansky wiederum entsprechend zu bedanken – sie bietet zum Beispiel bei Ab-Hof-Verkauf einen dreiprozentigen Rabatt für alle an, die zu Fuß oder mit dem Rad kommen. Die AbonnentInnen des »Biokisterls« werden mit einem Elektroauto beliefert, das zu großen Teilen mit Strom aus der eigenen Photovoltaikanlage betrieben wird. »Vor zehn Jahren habe ich damit begonnen, meinen Erdölbedarf auf ein Minimum zu reduzieren«, erzählt sie. Sie ersetzte die Öl- durch eine Holzheizung, installierte Sonnenkollektoren. Zuletzt kam die Anschaffung des Elektroautos hinzu. Darüber hinaus unterstützt sie Initiativen, die sich für Klima-, Umwelt- und Landschaftsschutz engagieren. Sie beteiligte sich etwa 2021 an der Klage der NGO Global 2000 gegen das Wirtschaftsministerium. Die Umweltschutzorganisation fordert darin einen konkreten Plan für das Verbot fossiler Energien, denn einen rechtlich verbindlichen Rahmen dafür gab und gibt es bis heute nicht.
»Klimaschutz ist meine oberste Priorität«, sagt Monika Jasansky, die in ihrem Hofladen steht und Himbeeren nascht. Bald wolle sie in Pension gehen. Eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger habe sie bisher nicht gefunden. »Ich tue, was ich kann, um dem Klimawandel entgegenzuwirken«, sagt sie, »ausbaden müssen ihn die Jungen«.

Weitere Informationen zum Biogemüsehof Jasansky, inklusive Lieferungsoptionen, finden sich hier.

Ein Porträtfoto von Monika Jasansky.

Monika Jasansky bewirtschaftet seit den 1990er-Jahren einen Biobetrieb in Bad Erlach, im Bezirk Wiener Neustadt-Land.

BIORAMA Niederösterreich #10

Dieser Artikel ist im BIORAMA Niederösterreich #10 erschienen

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