Kommt Wild aus dem Wald?

Woran erkenne ich nachhaltiges Wildbret? Durchblick im Dschungel.

Rehe
Als Wildbret wird Fleisch von frei lebenden, jagbaren Tieren bezeichnet. Nicht jedes angebotene Wildbret ist dabei nachhaltig. Bild: Wiesmayerhof.

Richtiges Wildbret – also Fleisch von wild lebenden Tieren, die in freier Wildbahn gelebt haben und auch dort erlegt wurden – ist ein ausgesprochenes Naturprodukt. »Es ist als nachwachsende ›Ressource‹ regional verfügbar, das Wild erleidet keinen Schlachtstress und wird nicht medikamentös behandelt«, sagt Martin Grasberger, Chefredakteur der Zeitschrift »Weidwerk«. Vor allem Reh und Wildschwein profitieren von der Kulturlandschaft – und vermehren sich entsprechend stark. In forstwirtschaftlich genutzten Wäldern sowie Schutzwäldern ist es darüber hinaus notwendig, Reh und Rotwild (also Hirsch und Hirschkuh) zu regulieren, um Verbissschäden an Bäumen zu minimieren.
Als Bio darf Wildbret allerdings nicht vermarktet werden, weil sich nicht überprüfen lässt, was ein Wildtier wirklich gefressen und wo es gelebt hat. »Das Reh kann auch auf einem kürzlich gespritzten Raps- oder Getreideacker gefressen haben«, sagt Henrik Staar. Er ist Betriebsleiter des Brandenburger Guts Hirschaue, das sich nicht nur dem Ökolandbau, sondern auch der Gatterwildhaltung verschrieben hat – beides zertifiziert nach strengen Bioland-Kriterien. Die 150 Rothirschkühe und die 500 weiblichen Tiere vom Damwild samt Nachwuchs und einigen Zuchthirschen werden ausschließlich mit Futter aus Ökolandbau gefüttert und verbringen ihr ganzes Leben unter freiem Himmel. Auch erlegt werden sie im Gehege. Deshalb gilt die Biohaltung im Gatter als schonendste Form der Nutztierhaltung. Mit Wildbret haben wir es aber ebenso wenig zu tun wie mit Jagd oder gar mit der verpönten »Gatterjagd« (die auch viele JägerInnen ablehnen). Wir sprechen von Wildfleisch – im Gegensatz zum Wildbret aus freier Wildbahn.

Das Gatter am anderen Ende der Welt

In der Praxis – vor allem der gastronomischen – wird das allerdings nicht immer so genau genommen. Steht etwa »Hirsch« auf der Karte, ist nicht klar, ob es sich um Rotwild handelt oder um Damwild (eine bereits von den RömerInnen aus Kleinasien eingeführte, gerne in Parks gehaltene Hirschart), ob das Tier wirklich wild gelebt hat, ob es im Gehege aufgewachsen ist oder ob wir eingeflogene Tiefkühlware serviert bekommen. Im Restaurant gehen wir gern gutgläubig von einem regionalen Naturprodukt aus. Doch Schätzungen zufolge stammen bis zu 40 Prozent des in Deutschland verzehrten Wildfleischs aus dem Ausland: Hase aus Argentinien oder China, Wildschwein aus Italien, Spanien oder Frankreich. Besonders beliebt: der sogar auf Deutsch vermarktete »Neuseelandhirsch« aus dem Gatter.

Wie aber lässt sich sicherstellen, dass ich wirklich nachhaltiges Wildbret bzw. Wildfleisch kaufe? Kennzeichnungspflicht gibt es keine. Im Restaurant empfiehlt es sich, aktiv nachzufragen, woher das Fleisch stammt. »Jede Art von Wildfleisch, das quer über die Kontinente transportiert wird, ist in Hinblick auf die aktuelle Klimasituation bedenklich«, meint Klaus Schachenhofer, Generalsekretär von Jagd Österreich. Importware aus dem Gatter sei oft unter Einsatz in der EU verbotener Wachstumshormone gemästet. Seine klare Empfehlung: ein Einkauf direkt beim Jäger/der Jägerin.
»Fleisch aus dem Wildgehege ist dann vertretbar, wenn es keine gestressten Abschüsse gibt, sondern selektive, beruhigte Einzelabschüsse von nicht angetriebenem Wild«, sagt Hannes Wiesmayer, »wenn im Wildgatter naturähnliche Lebensumstände gewährt sind und wenn Biofutter verabreicht wird«. Wiesmayer ist Jäger und Biobauer. Er vermarktet in Hennersdorf bei Wien sowohl Wildbret aus freier Wildbahn als auch Wildfleisch vom Damwild aus dem Biogehege. Dort verzichtet er sogar auf das in der Biohaltung erlaubte Mastfutter. »Die Tiere sollen langsam wachsen, das bringt das beste Wildfleisch«, ist er überzeugt.
Bio gewinnt in der Gatterfleischproduktion übrigens an Bedeutung. 2022 soll es durch die neue EU-Bio-Verordnung erstmals einheitliche Biorichtlinien für Gatterhirsch geben. Aber auch die Jagdpraxis ökologisiert sich. Während einzelne DirektvermarkterInnen bereits ausschließlich mit bleifreier Munition erlegte Wildtiere feilbieten, testen Fachmedien bereits Munition aus natürlich abbaubaren Kunststoffhülsen, die im Revier draußen verrotten.

»Wild auf Wild«, die Plattform des Deutschen Jagdverbands, stellt Rezepte und eine Datenbank mit Kontakten zu JägerInnen, Metzgereien und Forstverwaltungen, die Wildbret anbieten, zur Verfügung.
wild-auf-wild.de

Jagd Österreich propagiert ein »Wildes Österreich« und vermittelt (u. a. via App) zu JägerInnen sowie zu Gaststätten, die sich verpflichtet haben, hauptsächlich heimisches Wild zu verarbeiten.
wild-oesterreich.at

Biobauer und Wildfleisch-Produzent Hannes Wiesmayr züchtet Damwild im Biogatter – und verzichtet dabei auf Mastfutter. Bild: Wiesmayerhof.

VERWANDTE ARTIKEL