Gepost(et): Was Instagram aus Yoga macht

Yoga findet nicht nur auf der Matte statt, sondern auch in Social Media. Es wird sich verbogen, gepost(et), möglichst sexy, sportlich und halb nackt – #perfectbody #marketing #fake?

Wenig Stoff, viel Akrobatik und herrlich hohle Phrasen – Yoga auf Instagram hat wenig vom traditionellen Yoga zu bieten. Dass Yoga an sich eine philosophische Lehre ist, dass es, vereinfacht gesagt, um das Gleichgewicht zwischen Körper und Geist geht, das geht im World Wide Web gründlich verloren. Zwar werden auch im klassischen Yoga unterschiedliche Formen gelehrt, und das westliche Yoga weicht schon längst von seinem indischen Ursprung ab, nirgends aber wird Yoga so einseitig körperbetont dargestellt wie auf Instagram. Aus Yoga wird bei Instagram Fitness und Marketing.

Yoga steht Kopf auf Instagram

Wer dazu Zahlen braucht, bitte schön: Skyler Cowans hat 2015 an der Elon University in North Carolina 100 Postings mit dem Hashtag »yoga« auf Instagram unter die Lupe genommen. Davon zeigten 86 schlanke und fitte Körper, 76 Frauen und 72 Yoga in der Natur bzw. im Freien. Nur zwei von hundert Postings zeigten übergewichtige Frauen in vergleichsweise leichter Yoga-Pose. In 65% der Fälle fiel die Bekleidung knapp aus, und 80 % der Bilder zeigten höchst anspruchsvolle und fortgeschrittene Übungen.

Yoga auf Instagram wird als reiner Akrobatikakt für junge, sportliche Frauen in Hot Pants dargestellt. Es braucht keinen Experten, um zu erkennen, dass Yoga mehr sein könnte als ein rein physischer Akt und nichts mit öffentlicher Selbstdarstellung gemein haben muss.

Wettbewerb statt Erleuchtung

Die Oberflächlichkeit der Bilder wäre ja schon Diskussionsstoff genug. Aber dazu drängen sich noch die wunderbar geistreichen Kommentare der Follo- werInnen und PosterInnen förmlich auf: »Atme Liebe ein, atme Dankbarkeit aus!« – Wäre da nicht das per- fekt inszenierte Bild einer grauen, engen Sporthose mit anatomisch perfekt angepasstem Inhalt auf der Linken und dazu eine Leggingsempfehlung auf der Rechten, könnte man es fast ernst nehmen. Instagram bietet nicht nur Raum für sexy posierende MöchtegernyogistInnen, sondern auch für YogalehrerInnen und Leggingver- treiberInnen. Eigentlich nicht weiter verwunderlich bei der Oberflächlichkeit des Mediums: ein optimaler Nährboden für Wettbewerb in der World-Wide-Web- Yogaszene.

»Finde einen Ort, der dir inneren Frieden gibt und der dir erlaubt, dein wahres Ich zu sein!« Daneben ein halb nackter Handstand vor Traumkulisse: Da treffen sich die Wahrheit und das wahre Ich wohl grad auf einen Ice Tea am Sandstrand. Die Kritik an den fitnessbetonten Inszenierungen von Yogaposierenden hat bereits aktive Pos(t)erInnen erreicht. Es heißt in einem Kommentar: »Ja, in den Social Media sind sehr viel Handstand, Fitness, per- fekte Körper und bunte Leggings zu sehen.« Aber es ginge vielmehr darum, dass man doch das Recht hat, zu machen, was man will mit seinem Körper und seinem Leben, solange man nicht anderen, der Umwelt oder den Tieren etwas zuleide tut. Na Guru sei Dank, die glänzend glatten Photoshop-Models in Yogaposen à la chinesischem Zirkusstyle kommen einfach nur falsch rüber. Die Erleuchtung ist nah, zwischen Yoga im eigentlichen Sinne und Instagram-Yoga liegen nun mal Welten, die auch nicht durch Flexileggings, Spagate oder Dehnungen überwunden werden können.

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