Nachhaltigkeit braucht keine Mittagspause

© unisg.it

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Eine Mensa mit Zukunft

Dreifach in Papier und Plastik eingepackte Semmeln, überteuerte Mittagsmenüs aus Zutaten von wer-weiß-woher und Massenabfertigung an der Essensausgabe. Auch wenn Studienfächer wie Erneuerbare Energien, Bio-Landwirtschaft oder Ökotourismus heute immer gefragter sind, pausiert das Nachhaltigkeitsbewusstsein in der Mittagspause häufig – gezwungenermaßen. Die in der Volksschule thematisierte „Gesunde Jause“ mit saisonalem Obst und Gemüse aus der Region scheint in den Kinderschuhen steckengeblieben zu sein, in den Kantinen hält sie in der Praxis leider nur selten Einzug. Anders in der neuen Mensa, die Slow Food-Präsident Carlo Petrini und Dekan der Universität der Gastronomischen Wissenschaften Piercarlo Grimaldi letzte Woche in Italien vorgestellt haben.

Slow Food in der Mittagspause

Nicht nur gesund für die Studenten, sondern auch für die Umwelt sollen die Speisen sein, die ab 2013 in der neuen Mensa der von Slow Food gegründeten Universität der Gastronomischen Wissenschaften in Pollenzo, Italien, aufgetischt werden. Gekocht wird mit energiesparendem Geschirr und Zutaten, die den Slow Food-Kriterien „gut, sauber und fair“ entsprechen, gegessen wird von und mit ökologisch-nachhaltigem Gedeck – zu einem Menü-Preis von 5 Euro.

Zero waste als Ziel

„Die doppelte Herausforderung“, so Carlo Petrini, „besteht darin, zu beweisen, dass es große Küche zu günstigen Preisen geben kann und dass man diese ohne Verschwendung von Lebensmitteln umsetzen kann.“ Eine Anmeldeoption im Internet, über die Studenten ihren Platz am Mittagstisch bis zu 24 Stunden im Voraus buchen können, soll einen gezielten Lebensmitteleinkauf und eine effiziente Speisenplanung gewährleisten. „Bei 100 Reservierungen bereitet der Koch 100 Gerichte zu und nicht eines mehr“, erklärt Petrini das Konzept und betont dabei auch dessen wirtschaftliche Vorteile gegenüber industriellen Mensen. Sollte es doch zu überschüssigen Portionen kommen, wandern dieses nicht in den Müll, sondern in Take-away-Pakete und werden recycelt.

Das Wissen mit dem Löffel essen

Am Speiseplan stehen Gerichte aus der Region, traditionelle italienische und internationale Speisen. Neben dem genussvollen Erlebnis steht bei den Menüs die didaktische Erfahrung im Vordergrund. Die sogenannten „Academic Tables“ vereinen neben Haute Cuisine und fairen Preisen auch Bildung, Geschmack und lokale Erzeugnisse. Die Mittagsmenüs der neuen Mensa sollen die Studenten nicht nur satt machen, sondern ihnen gleichzeitig Konzepte unter den Gesichtspunkten von Qualität und ökologischer, sozialer sowie wirtschaftlicher Nachhaltigkeit näher bringen.

Haute Cuisine zu Studentenpreisen

Neben dem dreiköpfigen Küchenteam aus Studenten werden 25 namhafte internationale Köche aus neun Ländern mit insgesamt 22 Michelin-Sternen in der neuen Mensa aufkochen und jeweils zwei nachhaltige Mittagessen pro Woche zubereiten. Davide Scabin (Italien), Alice Waters (USA), Alex Atala (Brasilien), Marc Haeberlin (Frankreich) und Ferran Adrià (Spanien) sind nur einige der großen Köche, die im ersten Jahr ihr Verständnis von nachhaltiger Spitzenküche mit den Studenten teilen.

Im Jänner 2013 geht das Konzept für die Mensa von morgen in die Testphase und mit ihm ein Rezept für eine neue ganzheitliche Öko-Gastronomie. Nachkochen erwünscht.

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