Ich will die (Müll-)Trennung!

Bild: ARA/Lukas Maximilian Hüller

Bild: ARA/Lukas Maximilian Hüller

Ab 2015 wird in Österreich die Abfallsammlung im Haushaltsbereich liberalisiert, BIORAMA hat mit Altstoff Recycling Austria (ARA) Vorstand Christoph Scharff über die Zukunft der Mülltrennung gesprochen.

 
BIORAMA: Herr Scharff, können Sie vielleicht kurz erklären was mit unserem Müll passiert, nachdem wir ihn weggeworfen haben? Warum wird der Müll getrennt?

Christoph Scharff: Große Teile unseres Mülls, auch Verpackungsabfälle, sind wertvoller Rohstoff. Und Mülltrennung das Instrument, um diese Ressource bestmöglich zu nutzen. Verpackungen, die in der getrennten Sammlung der ARA landen, haben zwar ihre eigentliche Aufgabe erfüllt, wertlos sind sie damit aber noch lange nicht. Denn sie werden verwertet und zu neuen Produkten verarbeitet, das spart Rohstoffe und entlastet die Umwelt. Dazu einige Beispiele: Aus Kartonverpackungen entstehen wieder neue Verpackungen oder Zeitungs- und Hygienepapier, PET-Flaschen werden zu neuen PET-Flaschen, Eierverpackungen, Fleece-Pullovern, Schlafsackfüllungen etc. Selbst kleine  oder verschmutze Kunststoffverpackungen können immer noch  zur Energieerzeugung verwendet werden und so den Einsatz von Erdöl und Kohle reduzieren. All das, was nicht als Rohstoff verwertet wird, dient also zumindest als Brennstoff für Industrie und Fernwärme. Dieser positive Beitrag zur Ressourcenschonung bildet sich auch im Klimaschutz ab: Durch die getrennte Verpackungssammlung wurden 2013 650.000 t CO2-Äquivalente eingespart, was rund 7 % der jährlichen Fahrleistung aller in Österreich zugelassenen Pkw entspricht.

BIORAMA: Wie viel Prozent des gesammelten Mülls können wiederverwertet werden?

Christoph Scharff: Rund 60 % der Haushaltsabfälle werden getrennt gesammelt und verwertet. Im ARA System wurden im Jahr 2013 über 835.000 t Verpackungsabfälle erfasst und davon mehr als 782.000 t – also rund 94 %  – stofflich und thermisch verwertet. Davon wurden mehr als 90 % wurden einer Verwertung in Österreich zugeführt – wir wollen ja mit Recycling regionale Stoffkreisläufe schließen und die heimische Rohstoffbasis stärken.

Bild: Studio Ehringer GmbH

Bild: Studio Ehringer GmbH

BIORAMA: Ab 2015 wird nun auch im Haushaltsbereich die Abfallsammlung liberalisiert, was wird sich für mich als Mülltrennerin ändern? Wie werden sich die Preise für die Entsorgung entwickeln?

Christoph Scharff: Für Sie als Konsumentin wird sich gar nichts ändern. Die getrennte Verpackungssammlung soll auch in Zukunft für die Bürgerinnen und Bürger bequem, attraktiv und glaubwürdig bleiben. Die gut ausgebaute Infrastruktur der ARA mit über 1,5 Millionen Sammelbehältern wird einfach durch mehrere Sammelsysteme genutzt und finanziert werden.
2013 haben wir die Lizenztarife gegenüber dem Vorjahr erneut senken können, aktuell bieten wir unseren Kunden mit 121 Euro/Tonne die niedrigsten Preise seit der ARA-Gründung vor 20 Jahren. Allgemein würde man erwarten, dass in einem liberalisierten Markt die Preise künftig weiter sinken. Es steht allerdings zu befürchten, dass das Verpackungsrecycling ab 2015 aufgrund einer Ausweitung der Produzentenverantwortung für alle Anbieter spürbar teurer werden wird.

BIORAMA: Die Menge an Verpackungen ist in Österreich seit 1991 nur um zwei Prozent gestiegen, bei einem BIP-Wachstum von 51,9 % im selben Zeitraum, woran liegt das?

Christoph Scharff: Eine viel zu wenig bekannte Tatsache, die zeigt, dass eine Entkoppelung von Wirtschaftsleistung und Ressourcenverbrauch tatsächlich möglich ist. Die Produzentenverantwortung war eine der Ursachen dafür, denn diese Entkoppelung ist nicht zuletzt auf das Interesse der Wirtschaft zurückzuführen, den Verpackungseinsatz aus Kosten- und Effizienzgründen zu optimieren. Wir engagieren uns aber über das Recycling hinaus auf den Gebieten der Abfallvermeidung und Ressourceneffizienz.

BIORAMA: Gerade im Bereich der Mülltrennung gibt es ja enorme technische Entwicklungen, wie sehen Sie die Zukunft? Müssen wir bald gar nicht mehr Mülltrennen?

Christoph Scharff: Auch wenn die technischen Entwicklungen vorwärtsschreiten, die Mülltrennung durch die BürgerInnen bleibt auf absehbare Zeit eine wichtige Voraussetzung für ein umweltgerechtes Recycling. Durch die gemeinsame Sammlung im Restmüll bleiben Verschmutzungen an den Altstoffen haften. Die Mülltrennung in automatischen Sortieranlagen kann daher nicht an die Qualität herankommen, wie die Trennung im Haushalt durch die Bürger. Je genauer sie trennen, desto besser kann anschließend das gesammelte Material aufbereitet werden.

BIORAMA: Nach einer von der ARA in Auftrag gegebenen Studie befürworten 94 Prozent der Österreicher die Idee der Mülltrennung. Wie würden Sie einen „Mülltrennungsmuffel“ motivieren?

Christoph Scharff: Es reicht nicht aus, den Menschen zu erklären, wie man richtig Müll trennt, sie müssen auch den Sinn darin erkennen. Also welchen persönlichen Vorteil man von der Mülltrennung hat. Etwa einen Kostenvorteil oder den Umweltnutzen. Wir setzen daher stark auf Bewusstseinsbildung und Information und arbeiten eng mit rund 250 kommunalen Abfallberaterinnen und -beratern zusammen, informieren über eine breit angelegte Werbekampagne mit Robert Palfrader und nutzen auch die sozialen Medien für Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit. 2013 startete ein Pilotprojekt für Schüler der Oberstufe, die sich im Rahmen eines Wettbewerbs mit Ressourcenschonung, Abfallvermeidung und Recycling auseinandersetzten. Werte, Wissen und die konkrete Möglichkeit, etwas zu tun, sind die Voraussetzungen für erfolgreiches Recycling.

Bild: Dr. Christoph Scharff - ARA/Kurt Keinrath

Bild: Dr. Christoph Scharff – ARA/Kurt Keinrath

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