Wohin mit aussortiertem Geschirr?
Es gibt einige gute Gründe, Keramik mit Bedacht auszuwählen. Einer davon: Sie ist kaum wieder zu Keramik recycelbar.

Keramik fasst Werkstoffe aus anorganischen Substanzen zusammen, die mit Wasser geformt, danach getrocknet und in einem Brennprozess ausgehärtet werden. Sie besteht meist aus Quarz, Granit, Lehm oder Metalloxiden, wobei die genauen Zusammensetzungen und Brennverfahren variieren. Grundsätzlich lässt sich Keramik in mehrere Klassen und Unterklassen einteilen, dazu zählen etwa das Irdengut, das sich durch seine Wasserdurchlässigkeit auszeichnet, und das Sinterzeug, das durch den Brennprozess wasserdicht wird.
Scherbe
So nennen KeramikerInnen das gebrannte Gemisch verschiedener Mineralien und Beimischungen.
Im oberdeutschen Raum wird »Scherben« für einfache Tonware verwendet, in Süddeutschland und Österreich kennt man den »Scheam« als Nachttopf, den man in sprichwörtlich aufhat, wenn man sich in einer beschissenen Situation befindet.
Die Unterklassen Steingut, Steinzeug und Porzellan unterscheiden sich jeweils in ihren Brenntemperaturen und dementsprechend möglichen Einsatzbereichen. Während Steingut als Irdengut bei einer niedrigeren Temperatur gebrannt wird und oft mit einer Glasur versehen wird, um wasserdicht zu werden, zählen sowohl Steinzeug als auch Porzellan zum Sinterzeug und werden wegen ihrer Härte und Widerstandsfähigkeit häufiger als Geschirr genutzt. Steinzeug wird heißer als Steingut gebrannt, Porzellan noch heißer. Im Haushalt findet man Keramik meist in Form von Geschirr, Blumentöpfen oder im Sanitärbereich. Darüber hinaus ist sie in den meisten Baukonstruktionen vorhanden, beispielsweise als Ziegelsteine oder Fliesen. Auch im technologischen Bereich wird Keramik eingesetzt, etwa in Form von Isolatoren.
Der Grüne Punkt
Ein duales System zur Mülltrennung und Abfallvermeidung in Deutschland. Existiert seit 1990 und ist heute ein führender Anbieter von Rücknahmesystemen.
In welche Tonne?
Große Massen an zu entsorgender Keramik fallen meist bei Renovierungen oder Häuserabrissen an. Kleine Mengen von Keramikscherben dürfen in den Restmüll geworfen werden, größere Teile oder mehrere Keramikstücke sollten hingegen auf einen Mistplatz oder Wertstoffhof gebracht und entsorgt werden. Dort ist es wahrscheinlich, dass Gebühren eingehoben werden. Im Restmüll ist die Menge der entsorgten Keramikstücke ausschlaggebend, wenn die Tonne dadurch zu schwer wird, wird sie nicht geleert.

Besonders wichtig ist: Keramik hat im Altglas nichts zu suchen. Die beiden Materialien haben unterschiedliche Schmelzpunkte und können nicht gemeinsam verwertet werden.
Laut Norbert Völl vom Unternehmen Grüner Punkt fällt die Menge an Fehlwürfen von Keramik, Steingut und Porzellan (KSP) in Deutschland eher gering aus. »Grundsätzlich sind die Anlagen, die die Scherben aus der Glastonne sortieren, sehr gut darin, KSP herauszufiltern. Da Keramikscherben undurchsichtig sind und die Maschinen insbesondere solche Scherben gut erkennen, ist die Sortierung dabei also sogar ein bisschen einfacher als bei anderen Fehlwürfen«. Nichtsdestotrotz darf Glas, das recycelt werden kann, nur minimale Partikelrückstände anderer Stoffe vorweisen. Deswegen gilt: Je mehr Keramik im Altglas landet, desto wahrscheinlicher, dass die Charge nicht zur Wiederverwertung genutzt werden kann.
Keramikabfallrücknahme
Die Linz AG verrechnet beim Altstoffsammelzentrum 6,50 Euro pro begonnene 60 Liter. Bei der Stadtreinigung Hamburg kostet es 16 Euro pro angefangene 100 Liter.
Die Vase als Straßenpflaster
Nach der Entsorgung wird Keramik aus unseren Haushalten in der Regel nicht wieder zu Keramik. Es existieren zwar Projekte wie die »Silversida«-Reihe von Ikea, deren Geschirr zu 65 bis 70 Prozent aus Produktionsabfällen aus der eigenen Fabrik besteht, hierbei handelt es sich aber eher um Vermeidung von Produktionsabfall, also um das was sich EndverbraucherInnen klassisch unter Recycling vorstellen, nämlich eine Wiederverwertung des Materials nach der Nutzung. Das geschieht wenn, dann meist in der Bauwirtschaft, etwa als fein gemahlener Zusatzstoff für Zement oder als Füllstoff.
»So etwas wie Post-Consumer-Recycled-Keramik gibt es kaum und das wird vermutlich auch in naher Zukunft so bleiben«, erklärt Til Bolland vom Deutschen Umweltbundesamt (Uba). Das liegt an den besonderen Eigenschaften von Keramik, denn die Rohstoffe werden durch das Brennen derartig verändert, dass sie kaum auf dieselbe Art wiederverwertet werden können.
Energieaufwand
Einer Studie des Uba aus dem Jahr 2018 zufolge wurden im Jahr 2015 bis zu 50 MJ für die Produktion eines Kilos Geschirrkeramik benötigt.
Zum Vergleich: Ein Zweipersonenhaushalt verbraucht dieselbe Menge Strom in knapp 1,5 Tagen. Ein solides Service hat also schnell den Monatsstromverbrauch eines Pärchenhaushalts auf dem Buckel.
Die weitaus größte Menge an Keramikabfällen fällt in Form von Bauprodukten wie Ziegeln und Dachziegeln an. Einer Studie des Uba von 2018 zufolge können dort einige während des Produktionsprozesses anfallenden Reststoffe wieder in diesen zurückgeführt werden, beim Brennbruch – also bei Schäden, die während des Brennprozesses entstehen – sind es knapp ein Drittel. Ein Wiedereinsatz von fertigen Produkten wie sortenreinen Mauerziegeln ist zwar möglich, in der Realität passiert das allerdings selten. In der Ziegelproduktion stehen auch einer Wiederverarbeitung von Rohstoffen aus anderen Keramikindustriezweigen, etwa Schlamm aus der Herstellung von Haushalts- oder Sanitärkeramik, praktische Probleme wie Transportkosten und Qualitätsanforderungen im Weg.
Auch Haushaltskeramik verändert sich beim Brennen. Insbesondere gilt das für das enorm heiß gebrannte Porzellan, für das Temperaturen von über 1200 °C benötigt werden. »Durch den Brand verändert sich der Rohstoff so sehr, dass er kein zweites Mal gebrannt werden kann«, erklärt Til Bolland. Auch in der Studie des Uba wird hervorgehoben, dass Abfälle aus anderen Keramikindustriezweigen wegen der hohen Reinheitsanforderungen nicht für Sanitär- oder Geschirrkeramik genutzt werden.
Closed-Loop-Recycling ist also bei Keramik derzeit nicht realistisch, häufiger werden diese Abfälle anderweitig verwertet, wie etwa im Straßenbau – obwohl auch hier Porzellan aufgrund seiner scharfen Kanten nicht besonders beliebt ist. Da Keramik und besonders Porzellan bei der Herstellung einen recht hohen Energieaufwand benötigen, macht es Sinn, beim Kauf auf langlebige Produkte zu achten und sie dementsprechend gut zu pflegen.
Teilweise wird Keramik auch nicht recycelt, sondern auf Deponien gelagert, das ist an sich nicht umweltschädlich, wird dann gemeinsam mit anderen möglicherweise problematischen Stoffen, die auf Mülldeponien gelagert werden – allein weil die Trennung etwa bei einem Häuserabriss nicht gänzlich möglich ist – zu kontaminiertem Müll.