Pfand: Erstmals weniger Müll erwartet

Die Auswirkungen des jüngst eingeführten Pfands auf Art und Volumen des achtlos weggeworfenen Mülls.

(Bild: Die NÖ Umweltverbände)

Lorenz Wachter, Geschäftsführer der niederösterreichischen Umweltverbände, im Interview über empfindliche Strafen, freundliche Worte und Auswirkungen des jüngst eingeführten Pfands.

BIORAMA: Wissen Sie, ob Menschen, die Müll aus dem Auto werfen, bewusst ist, dass sie dabei gegen das Abfallwirtschaftsgesetz verstoßen oder ob sie ihr Tun für ein Bagatelldelikt halten?
Wachter: Leider haben wir hierzu keine Daten. Ich glaube, dass noch immer viele Menschen sich der Auswirkungen auf die Umwelt nicht bewusst sind. Bei unserer Eröffnungsaktion des »NÖ Frühjahrsputz« entlang der Traisen konnten rund 30 Personen binnen zwei Stunden rund 100 Kilogramm aufsammeln. Von der Bohrmaschine bis zum Zigarettenstummel war alles dabei. Somit kann ich diese Frage nicht pauschal beantworten.

Theoretisch sind bei solchen Verstößen ja empfindliche Strafen möglich. Wie sieht es in der Praxis aus?
In der Praxis ist es schwer den/die VerursacherIn zu finden, sollte ein Delikt angezeigt werden, wird dies von der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde bearbeitet. Die wenigsten VerursacherInnen werden Müll vor den Augen von MitbürgerInnen am Straßenrand ablagern. Es gilt, die BürgerInnen über die Auswirkungen von Verschmutzungen des eigenen Lebensraums aufzuklären und immer wieder auf die Problematik von Littering hinzuweisen.

Lorenz Wachter, Geschäftsführer der niederösterreichischen Umweltverbände. (Bild: Sophie Balber)

Die meisten VerschmutzerInnen werden ohnehin nicht erwischt. Was raten Sie mir, wenn ich jemanden dabei beobachte, wenn er Dosen oder Verpackung am Straßenrand wegwirft?
Aus rechtlicher Sicht muss ich Ihnen raten, dass wenn Sie eine Verwaltungsübertretung wahrnehmen, es Ihnen frei steht sich an die Bezirksverwaltungsbehörde zu wenden. Persönlich würde ich freundlich darauf hinweisen, dass der Person offenbar etwas aus der Hand gefallen ist und auf die Langlebigkeit von den diversen Materialien hinweisen.

Rein ästhetisch ist Littering ein Problem fürs Landschaftsbild, weil Müll die Landschaft verschandelt. Für die Landwirtschaft ist der Abfall problematisch, weil Dosen und Glas ins Tierfutter gelangen können. Gleichzeitig verwittert herumliegender oder eingeackerter Kunststoff auch zu Mikroplastik. Was ist noch problematisch an weggeworfenem Müll?
Neben den angeführten Punkten können Problemstoffe, insbesondere Flüssigkeiten wie Motorölreste in Dosen oder die Kühlflüssigkeit von alten Kühlschränken den Boden verunreinigen. Wichtig in dem Zusammenhang ist auch, auf die Langlebigkeit der Materialien hinzuweisen. Eine PET-Flasche zersetzt sich erst nach rund 450 Jahren. Glasflaschen sind nicht biologisch abbaubar und bleiben ewig in der Landschaft. Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, den Müll korrekt zu entsorgen.

Ist rechtlich etwas zu beachten, wenn ich selbst beim Spazierengehen Müll aufsammle?
Grundsätzlich ist der/die GrundeigentümerIn für die Verunreinigung verantwortlich, Zäune und Abgrenzungen sollten jedenfalls akzeptiert werden.

In Niederösterreich gibt es seit bald 20 Jahren einen gemeinsamen »Frühjahrsputz« bei dem BürgerInnen landesweit Müll einsammeln. Welche Erfahrungen wurden denn dabei im Lauf der Jahre gesammelt?
Jedes Jahr sammeln zehntausende BürgerInnen im ganzen Land. Dafür gilt es Danke zu sagen. Spannend sind immer wieder Zusendungen, von den unterschiedlichsten gefundenen Materialien. Vom Zahngebiss bis zum Autowrack. Uns fällt auf, dass durch die Veränderung des Klimas die Frühjahrsputze immer früher starten. Dies einerseits, da weniger Schnee liegt, andererseits startet die Vegetation früher, wodurch es schwerer wird den Müll zu sehen.

Erwarten sie heuer Auswirkungen des mit Jahresbeginn eingeführten Pfands auf die Menge und Zusammensetzung des eingesammelten Mülls?
Das Pfand wird erst ab Mitte des Jahres zu 100 Prozent in unseren Supermärkten angekommen sein. Dann erwarte ich mir einen massiven Rückgang in der kommunalen Sammlung von Getränkedosen und PET-Flaschen, dies auch beim Frühjahrsputz und in öffentlichen Mülleimern. Niemand wirft freiwillig 25 Cent weg. Wir wissen aus Studien, dass in öffentlichen Mülleimern rund 25 Prozent des Volumens aus Getränkeflaschen oder Dosen bestehen. Dieses Material wird durch das Pfand wieder im Kreislauf geführt. Darauf freue ich mich schon sehr.

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