Auf dem Holzweg

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ILLUSTRATION Sarah Egbert Eiersholt

Auf dem Holzmarkt tummeln sich Hölzer unterschiedlichster Art und Herkunft. Darunter ist auch eine Menge Holz, von dem man die Finger lassen sollte. 

Woher stammt eigentlich das Holz, das wir uns zu Möbeln verarbeitet in die Wohnung stellen, in Parkettform mit Füßen treten und im Winter verheizen? Aus nachhaltiger Forstwirtschaft oder von Holzplantagen? Aus dem Regenwald? Vielleicht von Kurzumtriebsplantagen, auch Energiewald genannt, wie sie inzwischen auf vielen landwirtschaftlichen Flächen stehen? Es ist gar nicht so einfach, sich auf dem Holzmarkt einen Überblick zu verschaffen.

Holz wird verheizt und verbaut wie schon lange nicht mehr. Seine Eigenschaft nachzuwachsen verleiht ihm dabei das Prädikat eines erneuerbaren Energieträgers, und was erneuerbar ist, ist nachhaltig, sinnvoll, gut. Das klingt hölzern und ist es auch, denn den Rohstoff Holz kann man auch alles andere als nachhaltig nutzen. Ökologisch bedenkliche Monokulturen, illegaler Holzeinschlag, Raubbau am Regenwald, Tropenholzschmuggel, Konkurrenz von Biomasse- und Nahrungsanbau – es gibt ein paar Themen, die man im Hinterkopf haben sollte, wenn man sich auf den Holzmarkt begibt.

Verbrennen oder verarbeiten?

In Europa steht eine Menge Wald, allein in Österreich rund vier Millionen Hektar. 74 Prozent dieser Fläche sind als Wirtschaftswald klassifiziert, rund zwölf Prozent als Schutzwald und acht Prozent als sogenannter Schutzwald im Ertrag, bewirtschafteter Schutzwald also. Im Jahr 2012 wurden aus den Wäldern Österreichs rund 18 Millionen Erntefestmeter Holz geerntet. Ein Erntefestmeter Holz entspricht einem Kubikmeter festen Holzgewebes ohne Zwischenräume. In Deutschland ist fast ein Drittel der Fläche, über elf Millionen Hektar, von Wald bedeckt – die größte Rohholzreserve der EU.

Heute dient ein knappes Drittel des österreichischen Holzeinschlags als Energieträger. Rund die Hälfte wird in der Sägeindustrie verarbeitet. Ein knappes Fünftel endet als Papier, Zellstoff oder in anderen industriellen Verfahren. Möbelproduzenten, Papierhersteller und andere Branchen geraten auf dem Holzmarkt unter Druck, seit Biomasse als Energielieferant zunehmend nachgefragt und ihre Nutzung staatlich subventioniert wird. »Die Nutzung der thermischen Energie von Holz ist ein zentraler Schlüssel für die Energiestrategie und für die Energiewende«, erklärte der neue österreichische Agrar- und Umweltminister Andrä Rupprechter erst kürzlich. Seit der Jahrtausendwende hat der Import von Holz in Österreich nicht zuletzt deshalb um 80 Prozent zugenommen.

In Europa gehört Österreich mit Schweden, Finnland und Lettland zur Spitzengruppe bei der Versorgung durch Erneuerbare Energie – vier Länder mit einer starken Holzwirtschaft. Während in Lettland ganze 35 Prozent der Energie durch Holz erzeugt wird, stammen beispielsweise nur drei Prozent der in Deutschland erzeugten Energie aus Holz. Und Trotzdem: auch in Deutschland wird seit einigen Jahren mehr Holz als Energielieferant verwendet als für seine Nutzung als Werkstoff.

Die Herkunft bleibt im Dunkeln

Wo die Nachfrage nach einem Rohstoff gewaltig ist, wird auf die Herkunft oft nicht so genau geschaut – das kennt man aus anderen Branchen. Dabei entstehen durch die hohe Nachfrage nach billigem Holz durchaus Konflikte, zum Beispiel illegaler Einschlag und Handel mit Tropenholz. Mit dem Wald schrumpfen der Lebensraum zahlreicher Arten und die Biodiversität. Für das Klima sind große Waldflächen ebenso wichtig. Weltweit, so lässt sich schätzen, soll bis zu einem Drittel des gehandelten Holzes aus illegalem Einschlag stammen. In der EU ist es zwar seit März 2013 verboten, illegal geschlagenes Holz und Produkte daraus zu importieren, doch in europäischen Möbelläden und Baumärkten stehen weiterhin Gartenmöbel, Bodenbeläge und anderes aus Raubholz zum Verkauf bereit. Ein leicht zu lösendes Problem ist der Raubbau freilich nicht, denn abgeholzt wird der Regenwald schließlich nur wegen der großen Tropenholz-Nachfrage und weil der Export dieser Hölzer für viele ärmere Regionen der Welt eine Devisenquelle darstellt.

Die Intransparenz gilt nicht nur für exotische Edelhölzer. Auch bei Holz, das industriell zu Pellets verarbeitet wurde, ist die Herkunftsfrage für die Endverbraucher kaum eindeutig zu klären. Die Preissteigerungen beim Holz führen dazu, dass es auch in Industrieländern inzwischen nicht mehr beim unerlaubten Fällen von Weihnachtsbäumen bleibt. Auch günstiges Brennholz stammt nicht selten aus illegalem Einschlag in Osteuropa.

2009 fragte der WWF bei 68 holzverarbeitenden Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz nach, ob sie den Herkunftsort der von ihnen verarbeiteten Hölzer benennen können. Zwei Drittel der Unternehmen konnten das nicht. Ob sich die Situation ein halbes Jahrzehnt später grundlegend geändert hat, ist mindestens fraglich.

 

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FSC – Forest Stewardship Council

Das weltweit bekannteste Gütesiegel für verantwortungsvolle Forstwirtschaft wird für Wälder und Holzprodukte vergeben. Zehn allgemeine Kriterien müssen jeweils regional konkretisiert und eingehalten werden. Die gemeinnützige NGO wurde 1993 in Folge des Umweltgipfels von Rio de Janeiro gegründet. Mitglied des FSC sind viele Umweltverbände wie Greenpeace, WWF oder NABU, aber auch Behörden und Unternehmen. Das FSC-Siegel geriet immer wieder in Kritik, bleibt aber das bisher wirkungsvollste weltweit anerkannte Gütesiegel für verantwortungsvolle Holzwirtschaft.

www.fsc.org

PEFC – Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes

Nachdem Umweltaktivisten sich die Verbreitung des FSC-Standards auf die Fahne geschrieben hatten, ließ eine Antwort der Forstwirtschaft und Holzindustrie nicht lange auf sich warten. Ende der 90er Jahre gingen sie mit einem eigenen Label an den Start. Allein in Österreich tragen heute über 500 Forstbetriebe das PEFC-Siegel. Der deutsche Sachverständigenrat für Umweltfragen, ein Beratungsgremium der Bundesregierung, zählt das Zertifikat nicht zu den hochwertigen ökologischen Standards.

www.pefc.org

Naturland – Verband für naturgemäßen Landbau e.V.

Schon seit 1982 verleiht Naturland als einer der großen deutschen Bio-Verbände sein Zertifikat an landwirtschaftliche Betriebe. Im Jahr 1997 begann Naturland mit der Zertifizierung von Forstbetrieben und Holzprodukten. Die Naturland-Standards in der Forstwirtschaft gelten als besonders hoch.

www.naturland.de

In Österreich sind nur 575 Hektar Wald vom Forest Stewartship Council zertifiziert. In Deutschland sind es 573.093 Hektar, und in der deutlich kleineren Schweiz sogar 611.656 Hektar. Verbreiteter als das globale Nachhaltigkeitssiegel ist in Österreich das PEFC-Siegel der Holzwirtschaft, mit dem annähernd 100 Prozent des österreichischen Waldes versehen sind. Würden z.B. die Österreichischen Bundesforste als größter Waldbesitzer auf eine Bewirtschaftung nach den Kriterien des FSC umsteigen, stiege die Fläche der FSC-zertifizierten Wälder auch in Österreich auf über 500.000 Hektar. Trotz der positiven Effekte der Zertifizierung von Holz: Illegale Abholzungen sind Verbrechen – und davon lassen sich die Profiteure wohl in den seltensten Fällen durch Zertifikate abhalten. 2011 geriet IKEA in die Schlagzeilen, weil eine Tochterfirma im russischen Karelien Waldgebiete hatte abholzen lassen. Auch diese Fläche war vom FSC zertifiziert. Die Kritik am Gütesiegel blieb nicht aus. Und dennoch können nur Zertifikate, ein wachsendes Bewusstsein für die Tücken des Holzbooms und regelmäßige Kontrollen dafür sorgen, dass mit dem Stoff aus dem die Bäume sind sinnvoll umgegangen wird. Beim Kauf von Holz stellt sich auch generell die Frage nach dem Holzweg.

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