5 Gründe, weniger Milch zu trinken

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Milch ist ein Lebensmittel mit viel zu gutem Ruf. Das Geschäft mit der Milch ist verdammt unromantisch und es läuft in der Milchvieh-Haltung einiges schief. Wir nennen euch fünf Argumente dafür, weniger Milch und Milchprodukte zu kaufen. Am 1. Juni ist übrigens Tag der Milch. 

Milch hat einen exzellent gepflegten Ruf als gesundes Naturprodukt. Fast jedes europäische Kind wächst mit Milchprodukten auf und als Schulmilch hat sie es sogar irgendwie ins Bildungssystem geschafft. Wer nicht auf den Geschmack von Milch steht, trinkt sie eben als Kakao oder greift zu Milchschnitte, Milch-Shake, Chai Latte … irgendein Milchprodukt findet  sich schließlich für jeden. Der durchschnittliche Europäer verbraucht über 50 Liter Milch pro Jahr. Und dabei sind Milchprodukte wie Käse und Joghurt nicht einmal miteinbezogen. Das ist natürlich nur möglich, weil hinter den Kartonverpackungen und Flaschen im Milchregal eine gigantische Industrie steckt, die mit Hilfe einer starken Agrarlobby und großen Werbebudgets am guten Ruf der Milch arbeitet, zum Beispiel mit Webseiten wie dieser oder mit albernen bis lustigen Spots wie diesem, diesem oder diesem. In Österreich gab es früher übrigens mal eine Milchpropagandagesellschaft. 2016 feiert die AMA den Tag der Milch mit einer ganzseitigen Anzeige auf dem Cover von Tageszeitungen.

Man kann natürlich ganz auf Milch verzichten. Für Allergiker, Veganer und andere Milch-Entsager gibt es eine Menge Ersatzprodukte, z.B. aus Soja, Reis oder Mandeln. Doch ein Cappuccino mit Sojamilch hat außerhalb von Innenstadtbezirken meist Seltenheitswert, und „veganer Käse“ aus Kokosöl, Kartoffelstärke, Natriumpolyphosphat, Natriumcitrat und Sorbinsäure klingt auch nicht gerade übertrieben gustiös.

Es gibt gute Gründe, Milch kritisch zu betrachten und sie bewusst zu konsumieren, wenn man auch nicht ganz auf sie verzichten mag. Allerdings ist auch das nicht so ganz einfach, wie man bei uns ja schon gelegentlich nachlesen konnte (z.B. hier oder hier). Hier sind fünf Argumente, die dafür sprechen, Milch nicht einfach als ein gesundes Naturprodukt zu betrachten:

1. Kuhmilch ist gar nicht so gesund, wie man denkt

Irgendwie hat die Milchwirtschaft es geschafft, dass viele Menschen glauben, Milch sei besonders gut für Knochen und Zähne, des Kalziums wegen. Sie soll angeblich sogar vor Osteoporose schützen. Dieses Halbwissen kann man getrost vergessen. Es gibt dafür keine wirklich stichhaltigen wissenschaftlichen Belege. Seitdem Milch homogenisiert und ultrahoch erhitzt wird, macht sie außerdem sogar schneller dick. Bei den industriellen Verfahren, die Milch länger haltbar machen, werden die Milchfette so sehr zerkleinert, dass sie sich nicht mehr als Rahm absetzen, so wie bei Rohmilch. Stattdessen verteilen sich die ganzen Fette in der Milch.

2. Milchvieh-Haltung erfolgt selten artgerecht

Die Milch, die im Supermarktregal steht, ist ein komplexes Industrieprodukt, das nicht mehr viel mit Rohmilch zu tun hat. Rund 20 Millionen Milchkühe sorgen innerhalb der EU täglich für Milch-Nachschub. Die meisten von ihnen sind Tiere aus speziell gezüchteten Hochleistungs-Rassen, die riesig sind und große Mengen an Milch geben. Diese Tiere brauchen mehr Platz als Milchkühe früherer Tage. Dass sie diesen Platz auch immer haben, darf bezweifelt werden. Weil es in vielen modernen Ställen so eng zugeht, werden den Tieren sogar die Hörner entfernt. Ihr natürliches Verhalten bleibt dabei natürlich auf der Strecke. Und selbstverständlich geben Kühe – wie alle Säugetiere – nur Milch, wenn sie Nachwuchs geboren haben. Deshalb werden sie in einer Tour künstlich befruchtet. Wenn das nicht mehr funktioniert, geht es für alternde Milchkühe ins Schlachthaus. Auf die natürliche Lebenserwartung von 15-30 Jahren kommen sie so nur in seltenen Fällen.

3. Milchkühe furzen das Klima kaputt 

Kühe stoßen eine Menge Treibhausgas aus, nämlich Methan, das zirka 25 Mal klimaschädlicher ist als CO2. Deshalb ist die Klimabilanz einer Kuh schlechter als die eines Autos. Die moderne Nutztierhaltung greift außerdem auch auf Futtermittel zurück, die in Monokulturen unter Einsatz von Kunstdünger angebaut werden. Beim Ausbringen dieses Kunstdüngers wird eine Menge Lachgas freigesetzt, das sogar 296-mal klimaschädlicher ist als CO2. Die industrielle Massentierhaltung, ob in der Milch- oder Fleischproduktion, ist daher eine der größeren unter den Klimasünden. Anders schaut es in nachhaltiger und ökologischer Landwirtschaft aus. Ökologisches Weideland speichert große Mengen an Treibhausgasen und wirkt auf diese Weise sogar besonders klimafreundlich. Das Problem sind also nicht Milchkühe an sich. Das Problem ist das agrarindustrielle System ihrer Haltung.

4. Überhaupt … die Agrarindustrie 

Die moderne Agrarindustrie kann natürlich nicht über einen Kamm geschoren werden. Aber es gibt einige Dinge, die sie zu einer nicht gerade ausnahmslos sympathischen Branche machen. Da wären die schon erwähnten wenig artgerechten Formen der Tierhaltung, die Treibhausgas-Emissionen, Monokulturen und Gentechnik mit noch unvorhersehbaren Auswirkungen auf die Biodiversität, ständig erhöhter Wettbewerbsdruck und seine Folgen für die Qualität und Sicherheit unserer Lebensmittel, die Verdrängung kleinbäuerlicher Strukturen, ihre starke Lobby- und Hinterzimmer-Politik, die Rohstoff-Spekulation mit den Folgen für Nahrungsmittelpreise weltweit, die Auswirkungen für Böden und Gewässer durch intensive Tierhaltung, die Zentralisierung zulasten regionaler landwirtschaftlicher Strukturen, die Dominanz weniger Agrar-Großkonzerne, die Billig-Exporte in sog. Entwicklungsländer …

5. Das wir Milch überhaupt vertragen, ist gar nicht so selbstverständlich 

Mal ehrlich: Irgendwie ist es schon obszön, die Muttermilch einer anderen Spezies als Nahrungsmittel für die eigene Spezies zu betrachten. Als einige unserer Vorfahren von 7.000 Jahren durch eine Gen-Mutation in die Lage versetzt wurden, Milch zu verdauen und deshalb anfingen Milchvieh zu halten, entwickelte sich das im kalten Europa schnell zum Selektionsvorteil. Heute vertragen rund 75 Prozent der Europäer Milch, ohne Symptome wie Übelkeit und Hautausschlag. In anderen Teilen der Welt, in Asien und Afrika vor allem, ist die natürliche Laktose-Intoleranz noch sehr viel verbreiteter. Laktose-Intoleranz ist somit alles andere als eine Krankheit. Das zu wissen, mag den Verzicht auf den einen oder anderen Schluck Milch im Kaffee auch erleichtern.

Auch wer nach dem Lesen dieser fünf Argumente gegen übermäßigen Konsum von Milch nicht gleich zum Veganer wird (der Autor ist auch keiner) sollte sich überlegen, ob es nicht Sinn machen würde, hie und da auf Milch zu verzichten.

Dieser Beitrag erschien am 27. Mai 2014 in seiner ursprünglichen Version. Aktualisiert wurde er am 1. Juni 2016 noch einmal veröffentlicht.

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