Lichtflut

Flutlicht ist für Fußballspiele essenziell, doch es sorgt auch für ein Ungleichgewicht in der Natur.

Zu sehen ist ein hell erleuchtetes Fußballstadion in der Dunkelheit.
Ein Fußballstadion in der Dunkelheit. Bild: Istock.com/Efks.

Flutlichtspiele sind bei Fußballfans besonders beliebt, ein beleuchtetes Stadion ist auch noch kilometerweit erkennbar, womit Flutlicht noch zu einem Werbeeffekt beiträgt. Doch die hohen Beleuchtungsintensitäten, die von Sportplätzen ausgehen, sind ein Störfaktor für Mensch und Natur. »Schon in geringen Dosen und zur falschen Zeit schadet insbesondere kurzwelliges Licht uns selbst, aber auch Lebewesen unserer Umgebung«, erklärt die Tiroler Naturschutzbeauftragte Stefanie Suchy in einem Video der Initiative »Helle Not«, die vor 20 Jahren von der Tiroler Umweltanwaltschaft gegründet wurde, um über die Auswirkungen falscher Beleuchtung aufzuklären, und dabei helfen soll, Lichtverschmutzung zu vermindern. Weil sich Fußballstadien häufig am Siedlungsrand befinden, tragen sie nicht nur zur Lichtverschmutzung, also der Überlagerung von natürlichem Licht durch Kunstlicht, bei, sondern stören auch nahe gelegene Ökosysteme und Tiere wie Nachtinsekten, die vom Flutlicht angezogen werden. Sie halten die künstliche Lichtquelle für den Mond und gehen nach einiger Zeit nahe der Lichtquelle entweder erschöpft zu Boden oder verbrennen am künstlichen Licht. Doch nicht nur für Tiere ist die Aufhellung der Umwelt ein Problem. Auch der menschliche Schlafrhythmus kann durch Lichtverschmutzung gestört werden.

Licht an, Kamera an!

Um eine Sportstätte optimal auszuleuchten reicht es nicht, die Fläche von oben horizontal zu bestrahlen, auch eine vertikale Ausleuchtung ist vor allem für Fernsehübertragungen wichtig. Die Flutlichtbeleuchtung von Sportplätzen wird in Europa durch die DIN-EN-12193-Norm geregelt, bei der Flutlichtanlagen in drei Beleuchtungsklassen aufgeteilt werden. Berücksichtigt wird hierbei neben der durchschnittlichen horizontalen Beleuchtung in Lux und der Gleichmäßigkeit des Lichts auch die maximale Blendung. 
Ein beleuchteter Trainingsplatz muss beispielsweise über eine geringere Beleuchtungsklasse mit einer geringeren Beleuchtungsstärke und -gleichmäßigkeit verfügen als die Flutlichtanlage eines Stadions, das für den internationalen Spielbetrieb mit TV-Übertragungen ausgelegt ist. Für die Lichtverschmutzung sind aber nicht nur große Stadien mit hohen Beleuchtungsstärken verantwortlich, sondern auch kleine Sportplätze. Bei ihnen wird die Flutlichtanlage im Vergleich zu der in Bundesligastadien häufiger genutzt, da der Platz nicht nur für Spiele, sondern auch ganzjährig für Trainingseinheiten beleuchtet wird. Zudem dringt das Licht in geschlossenen oder halb offenen Stadien, wie sie viele Profivereine besitzen, weniger nach außen als bei offenen Trainingsplätzen. Das größte Problem der Lichtverschmutzung durch Fußballstadien ist aber die Art der Beleuchtung. Vor allem kleinere Fußballplätze haben noch Flutlichtanlagen mit Halogen-Metalldampflampen und strahlen damit nicht nur kaltweißes, kurzwelliges Licht auf das Spielfeld, sondern auch in die Umgebung. Kaltes Licht hat eine hohe Farbtemperatur, die in Kelvin ausgedrückt wird, und damit einen hohen Anteil an blauem Licht, wodurch die Lockwirkung auf Insekten größer wird. Kaltweißes Licht, wie man es von Handybildschirmen und LEDs von Leuchtreklamen kennt, wirkt wie Tageslicht und sorgt für Lichtverschmutzung. Um Flutlichter in Fußballstadien umweltschonender zu betreiben, braucht es also nicht nur die richtigen Leuchtmittel, sondern auch ihre richtige Ausrichtung und Farbtemperatur.

Man sieht eine stark leuchtende Stadionlampe bei Nacht, um die eine Menge Insekten herum fliegen.
Vorher – Nachher: Durch den Umbau der Stadionbeleuchtungsanlagen von Metallhalogendampf-Strahler hin zu LED-Flutern am Fußballplatz Zirs …
Man sieht eine nicht so stark leuchtende Stadionlampe bei Nacht, um die weit wenigere Insekten herum fliegen.
.. konnten die gemessenen Beleuchtungsstärkewerte im angrenzenden Waldstück um 45 bis 90 Prozent reduziert werden. Bild: Tiroler Umweltanwaltschaft.

Weniger helles Licht heißt nicht weniger sehen

Wie das funktionieren kann, zeigt ein kleines Fußballstadion in Tirol. Im 8000-EinwohnerInnen-Ort Zirl wurde im Sommer 2021 die Flutlichtanlage der Heimstätte des FC Zirl modernisiert. Im Umbau involviert war auch die Initiative »Helle Not«. Ziel des Flutlichtumbaus war, eine umweltverträglichere Beleuchtung zu schaffen, die vor allem das sich östlich der Sportanlage befindliche Waldstück möglichst wenig mitbeleuchtet. Dafür wurden die alten Halogen-Metalldampfstrahler durch neue LED-Fluter mit einer warmweißen Farbtemperatur von 3000 Kelvin ersetzt. Die gezielte Beleuchtung mit einem Lichthöhepunkt von 18 Metern geht nicht über das Fußballfeld hinaus und wird um 22 Uhr abgeschaltet. Vor und nach dem Umbau der Flutlichtanlage wurden lichttechnische Messungen vorgenommen. Das Ergebnis zeigt zwar kaum Unterschiede in der Ausleuchtung des Spielfelds, aber in der Ausleuchtung neben dem Spielfeld. Waren es mit der veralteten Flutlichtanlage noch 40–50 Lux, mit denen das rund 14 Meter vom Spielfeld entfernte Waldstück künstlich erhellt wurde, sind nach dem Umbau nur noch 4 bis 5 Lux feststellbar. Auch die Anlockwirkung für Insekten ist durch den Umstieg auf die warmweißen LED-Strahler geringer geworden. 

Förderung für neues Flutlicht

LED-Flutlichter sorgen nicht nur für weniger Lichtverschmutzung und locken weniger Tiere an, sondern sind auch im Vergleich zu Halogen-Metalldampfstrahlern energieeffizienter und langlebiger. Doch das hat seinen Preis. Für eine LED-Flutlichtanlage in einem Stadion der Beleuchtungsklasse 3, also einer kleinen Sportstätte wie etwa dem Fußballplatz in Tirol, müssen Vereine bis zu 90.000 Euro zahlen. Das sind um etwa 30.000 Euro mehr als bei einer Flutlichtanlage mit Halogen-Metalldampflichtern.
In Österreich und Deutschland gibt es staatliche Förderungen für den Umbau auf LED-Fluter. Diese liegen für Sportstätten im Außenbereich laut der österreichischen Umweltförderung bei 150 Euro pro Lichtpunkt, also pro einzelner LED-Leuchte. Dazu kann auch noch ein Zuschlag von 30 Euro pro Lichtpunkt beim Umbau für Stadien für Trainings- oder Wettkämpfe kommen. Die Förderungsobergrenze pro Projekt liegt bei maximal 4,5 Millionen Euro. Voraussetzung für die Förderung ist unter anderem, dass durch die LED-Anlage mindestens 30 Prozent an elektrischer Leistung bei gleichem Beleuchtungsniveau gespart werden, auch die Lichtverschmutzung wird miteinbezogen. So darf die ULOR, die Upper Light Output Ratio, die beschreibt, wie viel Lichtstrom vom Leuchtkörper nach oben hin abgegeben wird, nur maximal 0,5 Prozent betragen. Und auch das deutsche Umweltministerium fördert die Umrüstung einer alten Flutlichtanlage hin zu LED-Flutern laut der Website des Bayerischen Fußballverbands mit bis zu 35 Prozent der Bruttoinvestitionssumme.

90.000 Euro
kostet der Flutlichtumbau einer kleinen Sportstätte der Beleuchtungsklasse 3 laut dem Onlinerechner sportstaettenrechner.de

Darüber hinaus gibt es noch die Möglichkeit, die Förderungsquote mit Unterstützungen durch regionale Sportverbände zu kombinieren und sie so auf insgesamt bis zu 95 Prozent der Investitionskosten zu erhöhen. Voraussetzung ist, dass die neue Technik eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen von mindestens 50 Prozent bewirkt. Eine Voraussetzung für die Mindestreduktion der Lichtverschmutzung durch LED-Flutlichtanlagen gibt es in Deutschland nicht.
Um Flutlichtanlagen auf Sportplätzen umweltfreundlicher zu betreiben, reicht also nicht nur die Umstellung von alten Beleuchtungsformen auf LED-Fluter, wichtig sind außerdem eine gezielte Beleuchtung, bei der kein Lichtanteil über die Horizontale nach oben strahlt, und LED-Leuchtmittel mit einer warmweißen Farbtemperatur. Der Umbau verlangt nicht nur Geld, sondern auch genaue Planung. Wie wichtig Flutlichtanlagen im modernen Fußball sind, zeigte Anfang Juni der Stromausfall vor der Partie Österreich gegen Dänemark in Wien. Das Spiel musste aufgrund des Flutlichtausfalls rund eineinhalb Stunden später angepfiffen werden.

BIORAMA hat sich auch mit weiteren Aspekten der Lichtverschmutzung befasst.

Einen österreichweiten Leitfaden zu einer umwelt- und menschenfreundlichen Planung für Außenbeleuchtung gibt es bei der Stadt Wien nachzulesen.

BIORAMA #81

Dieser Artikel ist im BIORAMA #81 erschienen

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