Spotlight Brasilien: Fußballstadien – wenige Augenblicke im Rampenlicht. Und danach?

Nach der WM: Leeres Stadion in Johannesburg, Südafrika. Bild: flickr.com/eriktorner  – CC BY-NC-SA 2.0

Nach der WM: Leeres Stadion in Johannesburg, Südafrika.
Bild: flickr.com/eriktorner – CC BY-NC-SA 2.0

Die Fußball-WM bringt ein Erbe glamouröser Siege, überraschende Wendungen und spannende Augenblicke mit sich. Aber auch viele Stadien, die oft schon wenige Momente nach Abpfiff des letzten Spiels vergessen sind.

Und was passiert dann mit den millionenteuren Sportarenen? All zu oft werden sie zu ungenutzten Ruinen. Doch geht das nicht auch anders?

Fußballstadien sind nicht billig. Die Kosten für den Bau bzw. Umbau der zwölf WM-Arenen in den brasilianischen Städten Salvador de Bahia, Manaus, Recife, Belo Horizonte, Fortaleza, Rio de Janeiro, Sao Paulo, Cuiabá, Curitiba, Porto Alegre, Natal, Brasília betragen nach derzeitigen Schätzungen mehr als zwei Mrd. Euro. Geschätzte 500 000 Touristen sollen sich hier dann die Spiele ansehen können.

Ganz unbedacht in Punkto Nachhaltigkeit sind die Sportstätten natürlich nicht. Im Vorfeld der Weltmeisterschaft hören wir von Stadien, die Regenwasser sammeln und so den Wasserverbrauch reduzieren, von Plänen, 100% des Mülls zu recyceln und davon, dass die Castelão Arena als erstes Stadium mit dem Leadership in Energy and Environmental Design (LEED) Zertifikat ausgezeichnet wurde, dem international anerkannten Standard für nachhaltige Gebäude. Doch wie nachhaltig die Gebäude tatsächlich sind zeigt sich erst nach den Spielen.

In Beijing hat die chinesische Regierung 480 Millionen Dollar für das Olypiastadium “Bird’s Nest” auf den Tisch gelegt – und zahlt jetzt 11 Millionen Dollar im Jahr, um das Gebäude zu betreiben. Heute ist der einzige Zweck dieses Ortes staunende Touristen in sich aufzunehmen, um sie nach einem kurzen Rundgang wieder auszuspucken. Das gleiche gilt für viele andere Austragungsorte sportlicher Großereignisse, wie sie in Afrika, Japan oder Russland gebaut wurden. Die neuen oder sanierten Stadien sind viel zu groß für die weitere Nutzung und nur gelegentlich werden hier Spiele abgehalten, deren Fans jedoch kaum die ersten Ränge füllen.

„Weiße Elefanten“ in Brasiliens Städten

Ein Großteil der brasilianischen Bevölkerung steht den astronomischen Ausgaben für die Fußballtempel eher kritisch gegenüber – und äußert das auch lautstark. Und das nicht zu unrecht, denn schon jetzt ist klar: Nach kurzen Augenblicken im Rampenlicht werden mindestens vier Stadien brach liegen. Die Kommunen haben bereits signalisiert, dass sie die hohen Unterhaltskosten der Bauwerke nicht aufbringen können, da die Fußballmannschaften der Austragungsorte Cuiabá, Brasília, Manaus und Natal kaum genügend Zuschauer an ziehen, um die Stadien zu füllen.

Brasilianer haben für enorm kostenintensive Großprojekte, die hauptsächlich aus öffentlichen Mitteln finanziert werden und wenig Nutzen bringen einen eigenen Ausdruck: „elefantes brancos“ – „weiße Elefanten“. Doch kann das nicht anders gehen? Können Sportstätten nicht von Anfang an so geplant werden, dass die Umnutzung schon mitgedacht oder wenigstens prinzipiell möglich ist? Wirklich hilfreiche Beispiele habe ich dafür leider kaum gefunden. In den USA wurde den Sitzbänken eines Baseballstadions ein zweites Leben als Wartebank an Bushaltestellen zugesprochen und der brasilianische Richter Sabino Marques hat vorgeschlagen, die Amazonia Arena in Manaus als Ausgleich für die überfüllten Gefängnisse zu nutzen – offizielle Statements gab es dazu allerdings nicht. Die Idee, ein Stadion in Luxuswohnungen umzuwandeln mag vielleicht in England einigermaßen glimpflich über die Bühne gegangen sein, angesichts der weitreichenden Proteste ist von dieser Idee für Brasilien wohl eher abzuraten.

Dabei ließe sich so viel mehr aus den Sportstätten machen. Z.B. ein Stadion aus Materialien und Einheiten zu bauen, die einfach zerlegbar sind und zu günstigen und komfortablen Häusern neu zusammengesetzt werden können. Oder der Umbau in ein großes, urbanes Gewächshaus, in dem sich Obst und Gemüse unter optimalen Bedingungen ziehen lassen – Stichwort Urban Farming. Oder ein Park auf mehreren Ebenen mit Sonnendeck und terassenartigen Liegeflächen… Brasilien, das ist deine Chance!

 

Die Plattform RESET.org stellt in der Serie „Spotlight Brasilien“ Menschen, Organisationen und Bewegungen vor, die sich abseits des großen Fußball-WM-Trubels mit innovativen Ansätzen für Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit engagieren. Weitere Artikel findest du hier: >>> Spotlight Brasilien

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