Das vielleicht schmutzigste Workout Deutschlands

In Hamburg wird am 25. August 2018 unter dem Titel »JUNK’n RUN – Clean up your City!« geploggt. Plogging ist ein Sportkonzept aus Schweden, bei dem joggend Müll aufgesammelt wird. Organisiert wird das Event vom Modelabel recolution.

Junk'n Run – Clean up your City: Plogging Event in Hamburg.

Wer geht schon gern in einem Park voller Müll joggen? In manchen Städten können nun Outdoor-Sportler dabei beobachtet werden, wie sie mit Handschuhen und Mülltüten bewaffnet liegen gelassene Abfälle aufsammeln, während sie ihrer sportlichen Aktivität nachgehen. Und dafür gibt es sogar einen Begriff: »Plogging«. 

Die joggende Müllabfuhr

Das Wort »Plogging« setzt sich aus dem schwedischen Begriff für aufsammeln, plocka upp, und Jogging zusammen. Dieser Sport verbindet also klassisches Joggen mit einer anderen sinnvollen Tätigkeit, nämlich dem Aufsammeln von Müll. 2017 wurde der schwedische Begriff für Plogging, »Plogga« (plocka up + jogga), als eines von 38 neuen Worten offiziell in den schwedischen Wortschatz mit aufgenommen.

Als »Erfinder« der Sportart gilt der schwedische Umweltaktivist Erik Ahlström. Ihn störte beim Laufen der herumliegende Müll und so begann er vor etwa drei Jahren bei seinen Runden gleichzeitig Abfälle einzusammeln. Während des Sports wird so nicht nur ein Bewusstsein für die Umwelt und Müllproblematik geschaffen, sondern auch konkret etwas dagegen getan wird.

Plogging bedeutet Müll aufsammeln und Joggen zugleich.

Plogging: Sportlich und umweltbewusst. Bild: recolution.

Der Müll liegt in den meisten Fällen auf dem Boden und ist nicht immer einfach zu erreichen. Beim Plogging entstehen somit abwechslungsreiche Bewegungen, die gesund für den Körper sind: »Wer Laufintervalle mit funktionellen Bewegungsabläufen kombiniert, trainiert sowohl Ausdauer als auch Koordination, Stabilität und gegebenenfalls sogar Kraft«, erklärt die Fitnessmanagerin des Veranstaltungspartners Kaifu-Lodge Solveig Schlüter.

Ist Plogging überhaupt sinnvoll?

Plogger sollten trotz des ähnlichen Namens nicht mit Bloggern verwechselt werden. Allerdings teilen die sportlichen Müllsammler online weltweit ihre Fotos unter dem Hashtag #plogging, um auf ihre Säuberungsaktionen aufmerksam zu machen. Dabei wird auch sichtbar, dass oft in Gruppen geploggt wird. »Die Plogging-Bewegung erfreut sich zunehmender Beliebtheit – um von einem Trend zu sprechen, ist es wohl noch etwas zu früh. Wir geben aber unser Bestes, dies schnell zu ändern!«, verkünden die Veranstalter des anstehenden Events in Hamburg.

Auch in Deutschland gab es bereits mehrere Veranstaltungen zu diesem umweltbewussten Workout. Beispielsweise in Köln und im Frühjahr 2018 auch erstmals in Hamburg, angeregt von den Grünen, der Stadt Hamburg und der CDU. In großen deutschen und österreichischen Städten gibt es eine gut funktionierende Straßenreinigung. Da stellt sich die Frage, inwiefern es der Umwelt hilft, wenn Läufer in der Stadt den Müll aufsammeln, den irgendwelche Leute einfach fallen lassen.

Plogging – Laufend Müll sammeln.

»Das Thema Müll betrifft uns alle – sowohl in den Weltmeeren als auch in den Städten.« – Was werden wohl die Plogger in Hamburg so alles finden? Bild: 25.11.13 – a popular day for mattresses by Cleaner Croydon (flickr.com / CC by 2.0).

In einem Beitrag des deutschlandfunk über eine Kölner Plogging-Aktion meint der Soziologie-Student Dawid, der die Plogger am Rudolfplatz beobachtet: »Denn die Tatsache ist zum Beispiel, dieser Platz hier, wird ständig aufgeräumt. Ergo: Das ist so gesehen unnötig. An anderen Stellen – an Raststätten oder ähnliches – würde es tatsächlich Sinn machen. An Grünflächen, wo keine Aufräumarbeiten hinkommen: Ja!«

Die Verantwortlichen der Veranstaltung möchten mit dem Plogging zum Denken und Handeln anregen: »Jeder, der einmal geploggt hat, wird im Anschluss das Thema Müll vermutlich mit ganz anderen Augen sehen und in seinem Freundeskreis thematisieren. Und auch Passanten, die zusehen, wie Plogger durch die Straßen ziehen, werden dafür sensibilisiert – und im besten Fall auch dazu gebracht, das eigene Verhalten zu überdenken und gegebenenfalls zu ändern.«

Erst sauber machen, dann müllfrei feiern

Unter dem Motto »JUNK’n RUN – Clean up your City!« wird am Samstag, den 25. August 2018, laut Veranstaltern die bisher größte Plogging-Aktion in der Hansestadt gestartet. Los geht es um 14 Uhr mit einem Warm-up und der Ausgabe des Equipments. Eine Stunde später beginnt die sportliche Aufräumaktion und ab 17 Uhr können sich alle Plogger bei einer Abschlussparty für die gemeinsamen Anstrengungen belohnen.

Start-, Zielpunkt und Party-Location der Aktion ist der Karo Beach, Deutschlands erster Zero Waste Beachclub. Neben der Vermeidung von Müll achten die Betreiber des Stadtstrandes darauf, möglichst wenig Energie und Ressourcen zu verbrauchen. Beispielsweise werden die Getränkeflaschen regional abgefüllt und gereinigt, keine Strohhalme aus Plastik, sondern aus Stroh, Nudelteig und Glas ausgegeben und Snacks können in individueller Menge in Glasgefäße abgefüllt werden. Selbstverständlich werden hier keine Heizpilze aufgestellt, sondern Decken angeboten. Die Müllvermeidung beginnt aber schon außerhalb des Karo Beach und endet nicht mit diesem: Die Lieferanten arbeiten mit Gurt-Systemen und verringern Plastikverpackungen somit bereits vor Ankunft im Beachclub. Der Sand kommt aus der Region und wird nach der Saison zu hundert Prozent wiederverwendet, etwa als Material auf Baustellen.

Outdoor-Sportler wissen die Natur zu schätzen und können mit Plogging nebenbei dafür sorgen, dass diese sauber bleibt. Bild: pixabay.com.

Damit alle mitmachen können, gibt es drei unterschiedlich lange Strecken: »Es wird eine 3km, eine 5km und eine 10km Strecke geben, so dass für jeden Sportsfreund etwas dabei ist und auch Familien und gemütliche Spaziergänger mitlaufen können«, so die Organisatoren. Die Teilnahme ist kostenlos. Es gibt die Möglichkeit, sich für 10€ mit einem »VIP-Set« ausstatten zu lassen.

Am Ende des Plogging-Streifzuges werden am Karo Beach die lustigsten Fundstücke dokumentiert und der gesammelte Müll am Abend von der Stadtreinigung abgeholt und ordnungsgemäß entsorgt.

Der Veranstalter recolution: Urbane Mode aus Naturmaterialen

Organisiert wird die Veranstaltung vom Hamburger Modelabel recolution, gegründet von Robert Diekmann und Jan Thelen. Das Unternehmen ist mit dem GOTS-Siegel zertifiziert und produziert seit acht Jahren ausschließlich vegane Streetwear für Männer und Frauen.

Plogging-Event in Hamburg organisiert von den Gründern der Marke recoution staltung vom Hamburger Modelabel recolution, gegründet von Robert Diekmann und Jan Thelen.

Die Veranstalter des Plogging-Events in Hamburg: recolution-Gründer Robert Diekmann und Jan Thelen. Bild: recolution.

Anstatt für die Produktion von Kleidung neue Materialen zu verwenden, kann auch »Müll« als Rohstoff für Mode dienen, wie etwa PET-Flaschen beim Rucksackhersteller Charlie Feist oder alte Baumwolltextilien bei der Outdoor-Marke Patagonia. 
Die recolution-Betreiber konzentrieren sich aber bewusst auf Naturmaterialien wie Bio-Baumwolle oder Tencel. Sie glauben an eine Zukunft ohne viel (Plastik)-Müll und ziehen »Müll« daher nicht als einen Hauptrohstoff für ihre Kollektionen in Betracht.

Sie geben auch zu bedenken, dass gerade der Einsatz von PET-Flaschen als Fasergemische für textile Produkte kontrovers diskutiert wird, da diese im Anschluss meist nicht mehr recyclingfähig sind. Ein weiterer Punkt, der ihrer Meinung nach dabei oft nicht betrachtet wird, ist das Thema Mikroplastik-Verschmutzung in den Weltmeeren, für das synthetische Textilien mit einem Drittel verantwortlich sind.

Dieser Beitrag ist im Rahmen einer Kooperation entstanden.

Hier geht’s zum Facebook-Event.

VORGESCHLAGENE ARTIKEL DER REDAKTION