Aufi auf‘n Berg! – Gehüllt in Plastik und Teflon?

Beim Kauf von Funktionsbekleidung achten selbst kritische Konsumenten oft nur auf Wind- und Wasserfestigkeit. Dabei sind Nachhaltigkeit und soziales Engagement Kriterien, die längst auch den Outdoor-Markt erreicht haben.

(Bild: StockSnap)

Die Nachfrage nach Freizeittextilien ist in den letzten Jahren stetig gewachsen – und das international. China etwa erlebte von 2011 bis 2016 einen Anstieg von 18,8 Prozent im Verkauf von Outdoor-Mode. In den Vereinigten Staaten wuchs der Markt in derselben Zeitspanne um 7,1 Prozent. Im Vergleich dazu war das Wachstum in Europa mit 3,6 Prozent eher gering.

Angesichts dieser Beliebtheit erscheint die Auseinandersetzung mit der Herstellungsweise von Outdoor-Kleidungsstücken als absolutes Nischeninteresse. Doch wind- und wasserfeste Garderobe, die einen ausgerechnet dazu verführen soll, mehr Zeit in der Natur zu verbringen, belastet die Umwelt mitunter am stärksten. Die Langlebigkeit und Strapazierfähigkeit von Funktionsbekleidung ermöglicht vor allem ihre Behandlung mit per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC).

Sie gelangen allerdings einerseits schon bei der Fertigung der Textilien in die Umwelt und verunreinigen dabei Böden und im schlimmsten Fall tun sie das – bei nicht sachgerechter Entsorgung – auch noch lange, nachdem die Kleidung getragen wurde. Über Flüsse und Meere verteilen sich PFC auch global. Menschen nehmen sie vorrangig durch das Trinkwasser oder die Nahrung auf, hier können sie nachweislich die Fruchtbarkeit reduzieren.

Die Funktionsbekleidung schützt vor Wind und Schnee, doch ihre Herstellung belastet gerade die Natur. (Bild: Kevin Neubauer, Flickr, CC BY 2.0)

Von Kopf bis Fuß in Teflon

Im Bereich der Outdoorbekleidung betrifft diese problematische Art der Behandlung etwa das sehr breit eingesetzte Material Gore-Tex. Gore-Tex ist ein wasserfestes, doch luftdurchlässiges Material, das außerdem langlebig und farbbeständig ist. Es besteht aus Polytetrafluoroethylen (PTFE), auch bekannt als Teflon, das ebenfalls für die Beschichtung von Pfannen verwendet wird. Für die Produktion von PTFE kommt die bedenkliche Perfluoroctansäure (PFOA) zur Anwendung.

Auch PFOA setzt sich in Böden ab. Es kann schwer wieder abgebaut werden und sich über weite Strecken verbreiten. In Deutschland sind bereits Fälle bekannt, bei denen es ins Trinkwasser gelangt ist. Dabei handelte es sich um geringe Konzentrationen, deren Langzeitfolgen für den Menschen noch ungeklärt sind. Bekannt ist jedoch, dass bei einer lang andauernden starken Belastung durch PFOA die Gefahr, an Nieren- oder Hodenkrebs zu erkranken, höher ist.

Selbst Unternehmen, deren Nachhaltigkeitsbemühungen als äußerst glaubwürdig einzustufen sind, wie etwa Patagonia, bieten derzeit Gore-Tex-Produkte an. Die gute Nachricht ist, dass mit 2020 ein EU-weites Verbot für PFOA zur Anwendung kommt. Gleichzeitig möchte die Firma Gore-Tex selbst innerhalb der nächsten Jahre umweltfreundlichere Techniken entwickeln, um auf PFOA weltweit verzichten zu können.

Mit der Teflon EcoElite-Technik kann auch ohne schädliches PVC vor Nässe geschützt werden. (Bild: Picture Organic Clothing)

Es geht auch anders

Es existieren bereits Outdoorbekleidungsanbieter, die gänzlich auf Gore-Tex-Textilien verzichten, wie der französische Anbieter Picture Organic Clothing. Die Produkte des Unternehmens sind allerdings nicht nur anderes behandelt, schon das verwendete Gewebe ist PVC-frei.

Das berühmte PVC steht für Polyvinylchlorid, einem langlebigen Kunststoff, der Phthalate enthält. Phthalate wiederum haben einen Einfluss auf die Entwicklung der Geschlechtsorgane und sollen krebserregend sein. Sie sind bei Baby- und Kinderprodukten bereits verboten, bei anderen Produktarten in geringen Mengen meist noch erlaubt. Wie schafft es das Label, ohne Phthalate Wasserfestigkeit zu garantieren? In der sogenannten Teflon-EcoElite-Technik wird das Kleidungsstück mit einem wasserabweisenden Mittel namens „Zelan R3“ behandelt, das aus gänzlich erneuerbarer Energie gewonnen wird und GOTS-zertifiziert ist.

Auch um den Abfall, der schon bei der Fertigung entsteht, noch zu verringern, gibt es Ideen von Picture Organic Clothing. In Ihrer neuen ProKnit-Kollektion wird Polyester entgegen der herkömmlichen Herstellungsweise nicht gewebt, sondern gestrickt. Wenn Polyesterstoffe durch Weben entstehen, müssen sie anschließend abhängig vom gewünschten Kleidungsstück zugeschnitten werden, wobei Stoffreste übrig bleiben. Durch das Stricken von Polyestergarn kann Abfall stark verringert werden. Denn, wie bei einem gestrickten Pullover, werden die Produkte zu einem einzelnen fertigen Stück angefertigt. Mindestens 50 Prozent des verwendeten Polyesters bei Picture Organic Clothing ist recycelt, bei den ProKnit-Produkten handelt es sich sogar um 100 Prozent recyceltes Polyester.

In der Vaude-Upcycling-Werkstatt im deutschen Tettnang werden Taschen aus Materialresten genäht. (Bild: VAUDE)

Nicht wegwerfen!

Ein Blick in die Zukunft von Müllreduzierung hinsichtlich Funktionstextilien bietet auch das deutsche Unternehmen Vaude. Es produziert klimaneutrale und PVC-freie Bergsport-Bekleidung. Seine Stoffe werden mit hauseigenen Fertigungstechniken bearbeitet, um sie wasserfest zu machen. Dabei verwendet Vaude Weichmacher, die nach der europäischen Chemikalienverordnung REACH zugelassen sind.

Nicht nur Plastikabfälle sollen keine in die Umwelt gelangen, sondern Müllvermeidung generell gilt bei Vaude als Ziel: 2016 hat das Unternehmen eine Werkstatt für Flüchtlinge eingerichtet, in der Materialreste zu Taschen verarbeitet wurden. Ein Jahr später wurde die Werkstatt zu einem festen Bestandteil des Unternehmens, ermöglicht zwei Arbeitsplätze für Geflüchtete und bedeutet für Vaude eine Reduktion von 900 Kilogramm Restmüll pro Jahr. Die Werkstatt wurde mit Fördergeldern von 70.000 Euro von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt umgesetzt.

Aus einem alten Zeppelin NT werden die Taschen und Rucksäcke hergestellt. Ab Sommer 2018 gibt es sie für Upcycling- und Zeppelin-Liebhaber zu kaufen. (Bild: Matin L, Flickr, CC BY-ND 2.0)

Das bisherige Know-how will Vaude durch weitere Upcycling-Projekte erweitern. Bekannt ist bereits eine Zusammenarbeit mit der Deutschen Zeppelin-Reederei. Hier wird das Unternehmen aus der der Außenhülle eines alten Zeppelins Taschen und Rucksäcke herstellen. Was wieder einmal beweist, das dem Upcycling-Gedenken, aus vermeintlich zu entsorgendem Müll etwas Neues zu erschaffen, keine Grenzen gesetzt sind.

So lange es auf dem Markt keine Alternative zu Kunstfasergeweben gibt, die die Ansprüche der Outdoorsparte hinsichtlich Strapazierfähigkeit und vor allem Wasserfestigkeit erfüllen, lautet das Credo wohl: Wenn schon Kunstfaser, dann zumindest eine umweltschonend behandelte, sparsam einsetzen, Abfälle geringstmöglich halten, reparieren so lange es geht und wenns nicht mehr geht: recyceln.

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