Richtig gut heizen

Spät, aber doch hat die Politik die Parole »Raus aus Öl« ausgegeben. Die Gesellschaft versucht den Abschied vom Verbrennen fossiler Gase und von Erdöl. Welche Alternativen sind wirklich gut?

Thermostat einer Heizung
Es gibt einige Alternativen zu fossilen Brenstoffen. Dennoch eignen sich nicht alle zum Heizen, außerdem sind sie nicht immer umweltverträglich. Bild: Pixabay.com/ri.

»Da kannst du tausend Jahre den Deckel beim Wasserkochen auf den Topf draufgeben«, sagt Horst Danner, »der größte Beitrag der und des Einzelnen im Kampf gegen den Klimawandel ist es, die eigene Ölheizung und andere fossile Energieträger auszutauschen.« Wahrscheinlich würde nicht einmal mehr die Ölindustrie dem Sprecher von Holz die Sonne (HSH), einem Zusammenschluss von 100 Installations- und Dienstleistungsunternehmen, die sich ganz der Nutzung erneuerbarer Energien verschrieben haben, öffentlich widersprechen. Die »Wärmewende« hat längst begonnen. Die perfekte Lösung und pauschale Empfehlungen auf dem Weg ins postfossile Zeitalter gibt es allerdings nicht. Schließlich lässt sich ein im Nachkriegschaos eilig aus dem Boden gestampftes Mehrparteienhaus energetisch nicht mit einer Altbauwohnung im denkmalgeschützten Biedermeierbau vergleichen. Und ein frei stehendes Gehöft hat andere Anforderungen als eine in die Jahre gekommene Reihenhaussiedlung. Alle eint einzig, dass es die darin Wohnenden gerne behaglich haben, also: warm.

»Entscheidend für eine erfolgreiche Wärmewende sind Energieeinsparungen und Energieeffizienz«, sagt Julia Verlinden, bei den Grünen in Deutschland für Energiepolitik zuständig: »Mit moderner, nachhaltiger Bauweise bzw. Sanierung kann der Energiebedarf zum Beheizen der Gebäude erheblich verringert werden. Dann wird es umso leichter, die Wärme zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu gewinnen.«

Strom-/Infrarotheizung

Am Plafond oder an Zimmerdecken angebrachte Infrarotpaneele erwärmen nicht die Luft, sondern Wände und Möbel.

So funktioniert’s: Während Heizsysteme üblicherweise darauf abzielen, die Luft in Räumen zu erwärmen, senden strombetriebene, als Spiegel oder Bilder getarnte Infrarotheizungen ausschließlich Infrarotwellen aus. Diese erwärmen Menschen, Wände und Möbel, die selbst Wärme speichern.

Großer Vorteil: In der Anschaffung günstig und leicht einzubauen.

Geeignet für: Sehr gut gedämmte Häuser (Passivhäuser), Ferienhäuser, die nur kurz geheizt werden müssen, oder als »räumliche Insellösung« zum Beispiel zum Heizen eines Hobbyraums oder um es im Badezimmer kurz wärmer zu haben.

Klarer Nachteil:»Eine Infrarotheizung ist immer an das Medium Strom gebunden und damit eins zu eins an den Strompreis gekoppelt«, so Andrea Kraft von der niederösterreichischen Energie- und Umweltagentur. Ein gleichmäßiges Raumklima lässt sich schwer erreichen. »Die Behaglichkeit, die versprochen wird, gibt es oft nicht«, sagt Horst Danner (HSH), der auch selbst Infrarotheizungen anbietet.

Potenziell problematisch: Wird kein Ökostrom verwendet, handelt es sich derzeit oft um eine fossile oder mit Atomstrom betriebene Heizform. Außerdem rechnet Andrea Kraft infolge des Booms der Elektromobilität mit »deutlich steigenden Strompreisen und einem Verdrängungswettbewerb um Strom«.

Und wie klima- und umweltfreundlich ist sie? Zentrale Frage bleibt: Welcher Strom wird in Wärme umgewandelt? Außerdem: Womit wird das Haus gedämmt? Mit ökologischen Materialien oder mit Polystyrol?

Pellets

Holzreste und Sägespäne werden zu Pellets gepresst, verbrannt und erzeugen so Wärme aus Industrieabfällen.

Holzpellets
Holzpelletsöfen heizen vollautomatisch, die Lagerung benötigt allerdings viel Platz. Bild: Pixabay.com/Mrdidg.

So funktioniert’s: Über ein Fördersystem gelangen Pellets aus einem Lagerraum in den Heizkessel. Dort werden sie verbrannt. Die dabei entstehende Energie gelangt über einen Wärmetauscher ins Heizwasser. Dieses zirkuliert über eine Umwälzpumpe im Haus (Heizkörper).

Großer Vorteil: Pelletskessel heizen vollautomatisch und ersetzen oft Ölkessel. Auch geeignet für Bauten, die nicht gut gedämmt werden können (Denkmalschutz).

Geeignet für: Gebäude mit hohem Wärmebedarf und Platz. Voraussetzung: Der Lagerraum für einen Pelletsjahresvorrat muss trocken sein.

Klarer Nachteil: Platzbedarf.

Potenziell problematisch: Bei allen holzbasierten Heizsystemen entsteht – vielfach allerdings nicht messbar – Feinstaub. Der Streit darüber, wie klimafreundlich Pellets sind, wird zum Richtungsstreit in der Wärmewende: Während HerstellerInnen und Politik mit einem »klimaneutralen Heizstoff« werben, forderte der prominente Förster Peter Wohlleben zuletzt: »Wir sollten die CO2-Steuer dringend auf Holz ausdehnen.« Im /Spiegel/-Interview nannte er die »Holzverbrennung zur Energieerzeugung (..) eine Umweltsünde«.

Und wie klima- und umweltfreundlich sind sie? Entscheidende Frage: Woher kommt die pelletierte Biomasse? Werden wirklich Abfall und Schadholz verbrannt oder importiertes Holz von Kahlschlägen? »Es gibt überall regionale PelletslieferantInnen und man kann gut regional kaufen«, meint Horst Danner (HSH), und: »Internationale Holzgeschäftemacher beschmutzen die Branche.«

Stückholzheizung

Holzscheiter ermöglichen es, sehr effizient und unabhängig zu heizen, müssen aber händisch nachgelegt werden.

So funktioniert’s: Wie eine klassische Holzheizung mit Ofen, nur bei modernen Stückholzheizungen mittlerweile hocheffizient. Händisch nachgelegtes Holz verbrennt und gibt über einen Wärmetauscher Energie ans Wasser im Heizungssystem ab.

Großer Vorteil: Holz ist ein effizienter Brennstoff. Er lässt sich gut lagern und garantiert Versorgungssicherheit und größtmögliche Unabhängigkeit. Weitgehend regionale Wertschöpfung (von der Heizungstechnik über Holz aus der unmittelbaren Umgebung) ist möglich.

Geeignet für: »Personen, die gerne mit Holz hantieren und das Feeling des Holzes und einer Flamme haben«, benennt Andrea Kraft (Energie- und Umweltagentur Niederösterreich) die Zielgruppe. Kein Nachteil beim Heizen mit Holz: einen eigenen Wald zu besitzen.

Klarer Nachteil: Eine Stückholzheizung lässt sich – durch Wärmespeicherung – höchstens »halbautomatisieren«. Zwei Mal täglich muss händisch nachgelegt werden. Es fällt Asche an.

Potenziell problematisch: Oft sind die Herkunft des Holzes und die Wirtschaftsweise im Wald unklar. Regionale Herkunft bedeutet nicht zwingend nachhaltig. Billiges Brennholz aus Osteuropa ist mitverantwortlich, dass dort Europas letzte Urwälder gerodet werden.

Und wie klima- und umweltfreundlich ist sie? Ansichtssache. Einerseits ist Holz ein nachwachsender Rohstoff. »Holzverbrennung ist sogar klimaschädlicher als Kohleverbrennung«, meint hingegen Förster Peter Wohlleben: »Ein 50 oder 100 Jahre alter Baum, der abgehackt wird, hätte sein eingelagertes CO2 gehalten und laufend neues CO2 eingelagert, vielleicht noch 300 Jahre lang.«

Hackschnitzel

Klein gehacktes Holz heizt Höfe, Hotels und Gewerbebetriebe – und im lokalen Wärmenetzwerk oft auch benachbarte Gebäude.

Hackschnitzel
Die Umweltverträglichkeit von Hacknschnitzel als Heizungslösung ist umstritten. Bild: Pixabay.com/geralt.

So funktioniert’s: Eine Transportschnecke versorgt einen Heizkessel mit Hackschnitzeln aus dem Lagerraum (im Keller, im Erdreich oder in Silos und Nebengebäuden). Hohe Brenntemperaturen werden über Wärmetauscher ans Heizsystem weitergegeben.

Großer Vorteil: »Ein gutes Heizsystem für Gegenden mit viel Wald«, meint Andrea Kraft von der Energie- und Umweltagentur des Landes Niederösterreich.

Geeignet für: Landwirtschaftliche Betriebe und alle, die über viel Platz und einen eigenen Wald verfügen. Ermöglicht auch das Heizen von Ställen und Nebengebäuden. Günstig, wenn die Hackschnitzel selbst hergestellt werden oder ganz regional gekauft werden können.

Klarer Nachteil: Großer Lagerraum erforderlich. Asche muss entsorgt werden.

Potenziell problematisch: Abgase lassen sich durch moderne Filteranlagen mittlerweile gut beherrschen. Um zu vermeiden, dass Holz importiert wird, meint Julia Verlinden, Energiepolitik-Sprecherin der Grünen in Berlin, dass »für Holzpellets und Hackschnitzel in erster Linie Alt- und Resthölzer möglichst aus der Region verwendet werden sollten«.

Und wie klima- und umweltfreundlich sind sie? Darüber wird heftig gestritten. Es steht die Aussage der CO2-Neutralität – weil nur verbrannt werde, was der Baum aus der Luft gespeichert habe – gegen die Aussage einiger AktivistInnen, die das – wie Förster Peter Wohlleben – für »einen weitverbreiteten Irrglauben« halten, weil jeder nicht gefällte Baum weiterhin CO2 gespeichert hätte.

Wärmepumpe

Wärmepumpen nutzen die Wärme von Grundwasser, Erdreich oder Außenluft. Voraussetzung: gute Gebäudedämmung.

So funktioniert’s: Im Erdreich vergrabene oder ins Grundwasser reichende Kollektoren mit Kühlflüssigkeit bzw. im Garten zum Luftansaugen aufgestellte Außeneinheiten leiten Umweltwärme ins Haus. Während die Kühle des Bodens und des Grundwassers im Sommer eins zu eins als »Natural Cooling« verwendet werden kann, muss die Wärme in der Heizperiode mit einem Kompressor durch Verdichtung auf ein höheres Temperaturniveau gebracht werden. Dafür werden für 100% Wärmeleistung etwa 25% aus Strom gewonnen. Wärme wird über Wände und Fußboden im Haus verteilt.

Großer Vorteil: »Eine Wärmepumpe ist ein automatisiertes Heizsystem«, erläutert Andrea Kraft, Leiterin der Energieberatung der Energie- und Umweltagentur des Landes Niederösterreich. Zwar braucht sie Strom, doch vor Ort entstehen keinerlei Emissionen. Und: »Wenn sie mit Ökostrom betrieben werden, sind sie klimaneutral«, so Julia Verlinden, die Energiepolitik-Sprecherin der deutschen Grünen. Auch von Vorteil: Sie kann auch zum Kühlen genutzt werden (und lagert damit Sonnenwärme in der Erde ein).

Geeignet für: Neubauten und gut gedämmte Einfamilienhäuser (mit Wand- oder Fußbodenheizung); als Großwärmepumpe auch für Industrieanwendungen oder Wärmenetze.

Klarer Nachteil: Bei nachträglichem Einbau weniger effizient. Brauchen Strom.

Potenziell problematisch: Die verwendeten Kühlmittel sind – derzeit – Treibhausgase. An Alternativen wird geforscht. »Manchmal sorgen im Siedlungsgebiet die Außeneinheiten von Luftwärmepumpen für Lautstärkeprobleme«, weiß Andrea Kraft. Auch relevant: Ist das Dämmmaterial eines Gebäudes ökologisch und kreislaufwirtschaftsfähig? Wird die Wärmepumpe mit Ökostrom betrieben?

Und wie klima- und umweltfreundlich ist sie? »Das A und O bei Wärmepumpen ist die Planung«, erläutert Horst Danner (HSH). Um effizient zu arbeiten, brauchen zum Beispiel Erdkollektoren genau die richtige Größe.

Solarthermie

Sonnenkollektoren am Dach oder auf der Fassade sorgen für Warmwasser und unterstützen ein Hauptheizsystem.

Solarpanele
Photovoltaik ist wohl einer der klimaschonendsten Heizmethoden, funktioniert jedoch teilweise nur ergänzend zu anderen Hauptheizsystemen. Bild: Pixabay.com/andreas160578.

So funktioniert’s: Wie das Wasser in einem in der Sonne liegenden Gartenschlauch erwärmt die Sonne die Trägerflüssigkeit in flachen oder röhrenförmigen Kollektoren. Über einen Wärmetauscher geben diese die Wärme an das Wasser in einem Wärmespeicher ab. Es kann direkt als Warmwasser verwendet werden – oder unterstützt eine Heizung.

Großer Vorteil: Sonnenkollektoren nutzen effizient die Sonnenenergie vor Ort. Die Paneele stammen meist aus Mitteleuropa, sind langlebig, lowtech und wenig fehleranfällig. Für Warmwasser reichen bei einem Einfamilienhaus 5 m2 Fläche, zum Heizen braucht es bis zu 20 m2.

Geeignet für: Einfamilienhäuser, aber auch größere Wohngebäude (sofern sich die EigentümerInnen beim nachträglichen Einbau einig werden).

Klarer Nachteil: Solarthermie funktioniert – außer bei sogenannten Sonnenhäusern – nur ergänzend zu einem anderen Hauptheizsystem. In Schattenlagen oder nebelreichen Gegenden ist sie weniger gut geeignet. Energieüberschüsse (Sommer) lassen sich schlecht nutzen.

Potenziell problematisch: Nichts. Als frostsichere Trägerflüssigkeit kursiert ein lebensmittelechtes Glykolgemisch. Die Recyclingquote ist hoch. Selbst viel Schnee lässt sich durch spezielle Konstruktionen bewältigen.

Und wie klima- und umweltfreundlich ist sie? Wahrscheinlich die umweltfreundlichste Technik durch geringen technischen Aufwand, wenig graue Energie (für Herstellung, Transport etc.), keine Abgase und keine seltenen Erden in der Technologie.

Nahwärme / Fernwärme

Größere Anlagen verbrennen Müll und verfeuern oft (noch) Fossiles. Manchmal bringt aber auch Biomasse Wärme und auch die Abwärme wird intelligent genutzt.

So funktioniert’s: Im Fern- oder Nahwärmewerk werden zentral Biomasse, Müll oder andere Brennstoffe verbrannt. Die gewonnene Energie zirkuliert im Heizwasser zwischen Werk und Haushalten, die keinen eigenen Heizkessel oder Schornstein brauchen.

Großer Vorteil: Wärme wird einfach geliefert. Das ist komfortabel und weitestgehend ohne Gerätewartung und Verantwortung. Praktisch: Beim Verlegen von Nahwärmeinfrastruktur im ländlichen Raum werden parallel oft Glasfaserleitungen für schnelles Internet verlegt. Das ermöglicht es, Ressourcen und Anschlussgebühren effizient zu nutzen.

Geeignet für: Wohnungen und Einfamilienhäuser ebenso wie für Industrieanlagen, Schulen und Krankenhäuser.

Klarer Nachteil: Egal ob Nah- oder Fernwärme: Mit beiden Versorgungsformen geht in den allermeisten Fällen eine Fixbindung an ein einziges lieferndes Unternehmen einher. Und auch wenn Biomasse zum Einsatz kommt: »Nicht alle Heizwerke stehen wirklich dort, wo es auch Holz gibt«, bedauert Horst Danner (HSH).

Potenziell problematisch: Welche Brennstoffe die Wärme liefern, wird oft nicht kommuniziert. Das lässt sich beim anbietenden Unternehmen oder der Genossenschaft zwar erfragen (um Interesse und Bewusstsein zu signalisieren), wirklich ändern lässt sich daran von Einzelpersonen wenig. Fest steht: Der von der Politik forcierte Ausbau der Fernwärme ist für den Klimaschutz nur dann von Vorteil, wenn die Wärme dabei aus erneuerbaren Energieträgern gewonnen wird.

Und wie klima- und umweltfreundlich ist sie? Pauschal lässt sich das nicht sagen. Die Bandbreite reicht von postfossil und weitgehend unbedenklich bis zu schwer problematisch. Womöglich tröstlich: Wärmenetzwerke sind meistens effizient.

BIORAMA #74

Dieser Artikel ist im BIORAMA #74 erschienen

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