Studier‘ was G’scheits

Studien, die nicht nur für die persönliche, sondern auch die gesellschaftliche Zukunft gewinnbringend sind, werden immer gefragter. Das Angebot ist vielseitig, für die Studenten aber auch verwirrend. Friedrich Faulhammer, Generalsekretär des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung (BMWF) im Gespräch mit BIORAMA über nachhaltige Studien in Österreich.

 

BIORAMA: Wer sich für die Umwelt interessiert, muss heute nicht mehr zwangsläufig Förster werden. Ist der Begriff „Nachhaltigkeit“ dennoch an ein naturwissenschaftliches Studium gekoppelt?

Friedrich Faulhammer: Nicht unbedingt, obwohl die meisten nachhaltigkeitsrelevanten Studien naturwissenschaftliche sind. Grundlegende Kenntnisse über Natur sind auch essenziell. Gesellschaft und Wirtschaft sind eingebettet in die Natur – sie bildet den Rahmen für wirtschaftliche und soziale Tätigkeit. Dennoch ist die Berücksichtigung der ökologischen Dimension alleine nicht ausreichend. Auch in der internationalen Debatte – EU, UN – geht es seit Jahren um die stärkere Berücksichtigung der sozialen Dimension. Naturwissenschaftliche Kenntnisse alleine reichen also nicht mehr aus. Auch andere Studienrichtungen bemühen sich vermehrt um Einbeziehung von nachhaltigkeitsrelevanten Aspekten. Als exemplarische Beispiele können dabei die Universität Graz mit dem Studium der Umweltsystemwissenschaften sowie die Universität Wien mit dem Studium der Politikwissenschaft erwähnt werden.

Welche Studiengänge empfehlen Sie Jugendlichen, die sich für eine Ausbildung mit dem Fokus auf Nachhaltigkeit interessieren?

Zunächst ein natur- oder sozialwissenschaftliches Grundstudium oder ein interdisziplinäres Grundstudium auf der BOKU und danach spezifische Masterlehrgänge. Besonders zu empfehlen sind Studien, die eine solide natur- wie auch sozialwissenschaftliche Ausbildung anbieten. Exemplarische Beispiele dafür sind das Masterstudium Sozial- und Humanökologie, das Doktoratstudium Social Ecology (Doctoral School) der AAU Klagenfurt mit dem Standort in Wien und das Doktoratsstudium (Doktoratskolleg) Nachhaltige Entwicklung an der BOKU. Die Montanuniversität Leoben bezeichnet sich selbst als Nachhaltigkeitsuniversität, da sie den Umgang mit Ressourcen lehrt, und bietet unter anderem die Universitätslehrgänge „Nachhaltigkeitsmanagement“ und „Recycling“ an. Im Fachbereich „Leben Bauen Umwelt“ der FH Joanneum gibt es unter anderen die Bachelor- und Masterstudien „Soziale Arbeit“, das Bachelorstudium „Energie-, Verkehrs- und Umweltmanagement“ und das Masterstudium „Energy and Transportmanagement“. Einen speziellen Nachhaltigkeitsschwerpunkt hat die Privatuniversität Modul Vienna, sie bietet das Masterstudium „Sustainable Development, Management and Policy“ an. Auch technische Studien mit nachhaltigkeitsrelevanter Spezialisierung wie etwa Architektur sind geeignet.

Geht das Studienangebot an Universitäten generell zunehmend in Richtung Nachhaltigkeit?

Das Angebot in diesem Bereich ist jedenfalls vielseitig. In Wien gibt es zum Beispiel die von StudentInnen initiierte Ringvorlesung „Sustainability Challenge“, an der sich die Universität Wien, die TU-Wien, die BOKU und die WU beteiligen. An der Wirtschaftsuniversität bietet das Institut für Regional- und Umweltwirtschaft Nachhaltigkeitsschwerpunkte an und die TU Wien hat ein Forschungszentrum für Energie und Umwelt eingerichtet. Die Grazer Universitäten widmen sich gleich in verschiedenen Bereichen der Nachhaltigkeit und kooperieren miteinander in der Initiative „Sustainability 4u“, in deren Rahmen auch eine Ringvorlesung angeboten und ein nachhaltiges Mobilitätskonzept verfolgt wird. Eine weitere in diesem Zusammenhang erwähnenswerte Initiative ist der von der Universität für Bodenkultur Wien koordinierte Zusammenschluss österreichischer Hochschulen zur „Plattform nachhaltige Universitäten“. Hier arbeiten die beteiligten Institutionen gemeinsam an konkreten Konzepten und Maßnahmen, um Forschung, Lehre sowie den universitären Betrieb in nachhaltiger Weise zu entwickeln.

Am Angebot mangelt es offensichtlich nicht, schon eher am Überblick. Haben Sie einen Tipp, wie man als Student bei den verschiedenen Disziplinen an unterschiedlichen Universitäten am besten die Orientierung behält?

Ein Tipp wäre die Plattform Sustainability Studies, die von der Universität Wien gemeinsam mit der Universität Klagenfurt initiiert wurde und die verschiedenen Angebote im Bereich Sustainability Studies in Wien zeigt. Sie ist fokussiert auf das Institut für Soziale Ökologie (Anmerkung: AAU Klagenfurt, Standort Wien) sowie das Institut für Politikwissenschaft und die Fakultät für Lebenswissenschaften (Anmerkung: beide Universität Wien). Mit dieser Web-Plattform wollen die Beteiligten Brückenschläge über die Grenzen von Disziplinen, Departments und Universitäten ermöglichen.

Ist für Sie im Bereich der „Nachhaltigkeits-Studien“ über die letzten Jahre ein steigender Zulauf an Studierenden erkennbar?

Generell steigen die Zahlen der Studienanfänger in relevanten Studien wie Biologie oder Ökologie. Als eindrückliches Beispiel kann das Studium Umwelt- und Bio-Ressourcenmanagement angeführt werden, in dem seit Einführung des Studiums im Wintersemester 2003 die Zahl von 45 auf 470 im Wintersemester 2011 angestiegen ist; im gleichen Zeitraum ist beim Studium Forst- und Holzwirtschaft die Zahl der Studienanfänger von 132 auf 641 gestiegen. Grundsätzlich kann vom tertiären Sektor gesagt werden, dass sich die Nachhaltigkeit in den vergangenen Jahren von einem Randthema sowohl in der Lehre als auch in der Forschung immer mehr zu einem zentralen Thema entwickelt hat. Die Zunahme an Bewerbungen für den Sustainability Award belegt dies eindrücklich.

Zu Zeiten des Klimawandels werden „grüne Berufe“ immer wichtiger. Wie sehen Sie die Karrierechancen der Absolventen?

Dazu kann beispielsweise auf eine Umfrage betreffend Karrierechancen von BOKU-Absolventinnen und Absolventen verwiesen werden. Diese benötigen im Durchschnitt 3 Monate für die Suche der ersten Beschäftigung nach Studienabschluss. Rund 40% befinden sich bei Studienabschluss bereits in einer Beschäftigung, die sie beibehalten wollen. Ihr Monatseinkommen bei der ersten Beschäftigung beträgt im Schnitt 2.000 Euro für Vollzeit. Sie sind überwiegend in den Wirtschaftszweigen „Verarbeitendes Gewerbe, Industrie, Bau“, „Wissenschaftliche, technische und wirtschaftliche Dienstleistungen“ und „Land-, Forstwirtschaft, Bergbau“ beschäftigt. Verglichen mit den übrigen UniversitätsabsolventInnen sind sie häufiger in kleineren Unternehmen beschäftigt, weiters sind sie häufiger in innovativen Unternehmen bzw. Organisationen (Innovationen im Bereich Produkte, Dienstleistungen; Technologie, Werkzeuge sowie Wissen und Methoden), häufiger mit nationaler und internationaler Reichweite und haben eine hohe Berufszufriedenheit.

BIORAMA hat sich drei Studiengänge genauer angesehen: HIER geht’s zum weiterführenden Artikel.

 

www.sustainability4u.at

www.sustainabilitystudies.at

VERWANDTE ARTIKEL