Jugendberatung time4friends: Runder Geburtstag beim Roten Kreuz

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Vor zehn Jahren gründete das Rote Kreuz die Telefonberatungsstelle „time4friends“. Anlässlich dieses Jubiläums wird nun neben der Anrufer-Hotline auch eine Onlineberatung gestartet. Auch diese wird Jugendliche bei Alltagsproblemen unterstützen. Projektleiter Hannes Guger im Interview.

BIORAMA: Herr Guger, Sie waren Mitbegründer der Jugendberatungsstelle „time4friends“, also von Anfang an dabei. Wie ist die Idee der telefonischen Beratung entstanden?

Hannes Guger: Wir, das Rote Kreuz, arbeiten immer daraufhin, besonders kundenorientierte Leistungen zu schaffen. Zu der Zeit war eben die Frage, wie man Jugendlichen bei ihren Alltagsproblemen helfen kann. Mittlerweile gibt es eine Reihe von professionellen Telefonberatungsstellen. Das Besondere bei „time4friends“ ist jedoch, dass unserer Berater, die sogenannten Peers, 16- 20 Jahre alt sind, also in einer ähnlichen Altersgruppe wie die Anrufer selbst. Wir haben „time4friends“ als eine ‚Freundschaftshotline‘ konzipiert, die auf dem ‚Peer-Grundsatz‘ Jugendliche unterstützen Jugendliche beruht. Den jungen Anrufern fällt es dadurch leichter, sich zu öffnen und unsere Mitarbeiter können ihnen gut helfen, da sie selbst ähnliche Situationen durchleben.

Wie wird das Projekt time4friends finanziert?

Obwohl unsere Peers ehrenamtlich arbeiten fallen Kosten an: sei es für die Ausbildung der Berater, für administrative Zwecke etc. Finanziert wird das Projekt teilweise vom Roten Kreuz selbst, aber auch durch externe Partner, die das Projekt lancieren. Zum Beispiel bekommen wir Unterstützung von der Projektförderung aus dem Bundesministerium Familien und Jugend, A1 stellt uns die Telefone zu Verfügung und wir haben eine Kooperation mit „Rat auf Draht“.

Der Service der Roten-Kreuz-Telefonberatungsstelle wird von 18-22 Uhr geboten. Wie viele Mitarbeiter haben Sie zu dieser Zeit zur Verfügung?

Derzeit arbeiten ungefähr 40 Peers bei uns, die sich die Arbeitszeiten immer mit den Koordinatoren ausmachen. An einem Abend haben jeweils mindestens zwei, meistens drei Peers Dienst.

Über welche Themen sprechen die Jugendlichen, die bei time4friends anrufen in den meisten Fällen? Wie alt sind die Anrufer durchschnittlich?

Die meisten Anrufe, die wir erhalten sind von 13-15 -Jährigen und die Themen alles, was Jugendliche in dem Alter bewegt. Freundschaften, Beziehungen, Schule. Aber auch Einsamkeit und Langeweile.

ÖRK Hannes Gugner

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Hannes Gugner

Wie werden die jungen Mitarbeiter ausgebildet? Durch die Arbeit bei time4friends sind sie oft mit schwieriger Thematik und heiklen Situationen befasst. Wie lernen Peers mit solchen Situationen umzugehen?

Es gibt eine jährliche Grundausbildung, die fünf Tage dauert. Unsere Peers lernen dort inhaltliches Wissen, bekommen von Fachleuten spezifische Informationen zu Themen wie Essstörungen, Mobbing, Drogen usw. Ein ganz wesentlicher Aspekt der Ausbildung ist natürlich auch die Gesprächsführung. Am wichtigsten ist es jedoch, den jungen Helfern beizubringen, zu erkennen wo die Grenzen ihrer Möglichkeiten sind. Das heißt zu lernen, wo der Punkt ist, an dem man als  Peer nicht weiter helfen kann.

Wie würde der Mitarbeiter in einer solchen Situation vorgehen?

Wir arbeiten in Kooperation mit Rat auf Draht. Wenn unser „time4friends“-Mitarbeiter überfordert ist, kann er das Gespräch zu „Rat auf Draht“ weiterleiten. Uns ist aber genauso wichtig, dass der Peer selbst in solch schwierigen Situationen gut betreut ist. Darum gibt es neben jährlichen Treffen im Rahmen der Ausbildung auch vierteljährlich Treffen, wo die gemeinsam Mitarbeiter über ihre Erfahrungen sprechen.

Haben die Peers selbst psychologische Unterstützung?

Uns ist das Unterstützungssystem für die Peers sehr, sehr wichtig – dass sie auch wissen, dass sie nie mit den aufkommenden Problemen allein sein werden. Auf der ersten Ebene sind die Peers selbst, die sich natürlich austauschen können und über ihre Erfahrungen reden. Auf der zweiten Ebene, sind ältere Peers, die nun im administrativen oder organisatorischem Bereich arbeiten, aber auch die jüngeren Mitarbeiter alle kennen. Der dritte Bereich wären wir im Generalsekretariat als Koordinatoren und Hauptverantwortliche. Darüber hinaus gibt es professionelle Psychologen, die auch immer bei den Treffen und der Ausbildung anwesend sind – und wenn notwendig die Peers auch in Einzelsupervision unterstützen.

Über welche Themen sprechen die Jugendlichen, die bei time4friends anrufen in den meisten Fällen? Wie alt sind die Anrufer durchschnittlich?

Alle Themen, die die Jugendlichen in dem Alter bewegen, werden angesprochen. Freundschaften, Beziehungen, natürlich auch viel Sexuelles. Die meisten Anrufer sind zwischen 13 und 16 Jahre alt.

Wie gehen die Peers mit Scherzanrufen um?

„time4friends“ ist eine Freundschaftshotline. Auch wenn jemand aus Langeweile anruft, ist das in Ordnung. Manchmal brauchen Anrufer auch mehrere „Anläufe“, um dann ihre richtigen Probleme zu erzählen. Natürlich haben wir auch Scherzanrufer, die anrufen und auflegen – aber das kommt vor.

Seit diesem Jahr bietet das Rote Kreuz zusätzlich eine Online-Hotline an. Ist diese rund um die Uhr?

Die Online-Beratung ist aus der Überlegung entstanden, dass Jugendliche mit dem Internet ein neues Haupt-Kommunikationsmedium haben. Uns war vor allem eine niedrige Zugangsschwelle wichtig. Wir wollten etwas, das die Anonymität der Jugendlichen schützt, aber auch keinen komplexen Registrierungsprozess, der die Hemmschwelle der jungen Leute größer werden lässt. Diese Mails werden auch von den Peers beantwortet, die beim Telefonservice mithelfen. Wenn der Bedarf hoch ist, werden wir natürlich darüber nachdenken, diesen Sektor zu erweitern.

Wie schnell wird den Jugendlichen bei dem Online Service geantwortet?

Unsere Devise lautet natürlich, so schnell wie möglich. Es sollte nicht später als 48 Stunden sein.

Gab es gravierende Veränderungen in den letzten Jahren? Etwa im Bezug auf die Probleme der Jugendlichen?

Ich möchte lieber mit dem Gleichgeblieben anfangen: Der Bedarf der Anrufer, sich mit anderen Jugendlichen austauschen zu können, ist nach wie vor gegeben. Die Anzahl der Mitarbeiter bei „time4friends“ ist ein wenig gewachsen, seit einigen Jahren jedoch gleichbleibend.
Die grundsätzlichen Probleme oder angesprochenen Themen der Jugendlichen sind ähnlich: Es dreht sich um Beziehungsstress, Familie, Freunde, Schwierigkeiten in der Schule, Einsamkeit und Langeweile. Was sich aber verändert hat, sind die Kommunikationsschienen: Vor 10 Jahren war das ein Internet ein Randthema, nun gehört es zum Alltag eines Jugendlichen. Diese Entwicklung birgt natürlich auch Schwierigkeiten, wie zum Beispiel Cybber Mobbing. In den jährlichen Treffen werden die Peers natürlich auch auf diese hingewiesen und dementsprechend geschult.

Wie kommen die Mitarbeiter zu ihnen? Wie kann man Peer werden?

Wir verteilen Infofolder und Plakate und versuchen, die Zielgruppen in Schulen und Jugendzentren über unsere Arbeit zu informieren. Ich glaube, dass jeder Peer durch die Tätigkeit bei „time4friends“ selbst profitiert. Durch die Rückmeldungen unserer Mitarbeiter wissen wir, dass die Arbeit ihnen Freude macht und zur eigenen Persönlichkeitsentwicklung beiträgt: Das soziale Engagement, die Zusammenarbeit mit den anderen Peers, das Helfen – das macht glücklich.

 

www.rataufdraht.at
www.a1.at
www.bumfj.at
www.helpstars.at

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