Wir feiern die 10!

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So sah 2005 die erste Ausgabe von BIORAMA aus.

Vor 10 Jahren ist die erste Ausgabe von BIORAMA erschienen. Mit seinem offenen Bekenntnis – »wir leben jetzt bewusst« – ist das Magazin für nachhaltigen Lebensstil als Teil der Bio-Bewegung mit- und über diese hinausewachsen. Und mittlerweile weit mehr als ein Magazin. Was bisher geschah.

Zurück zum Ursprung also, wir schreiben das Jahr 2005. Die Welt ist definitiv eine andere: George W. Bush, Tony Blair, Saddam Hussein – und Angela Merkel gerade frisch zur Bundeskanzlerin gewählt. Kein Mensch kennt Facebook, die Wirtschaft brummt und in Wien erscheint die allererste Ausgabe von BIORAMA, damals eine kompakte Service-Broschüre anlässlich der von der AMA veranstalteten »Bio-Aktionstage«, die den Konsum von Bio-Produkten aus Österreich schmackhaft machen sollen.

BIORAMA – der Name stammt vom späteren ersten Chefredakteur Martin Zolles – versteht sich anfangs noch mehr als kompetent recherchierter Einkaufsbegleiter, denn als hintergründiges Magazin und darüber hinaus. Obwohl bereits die Reaktionen auf Ausgabe 1 durchwegs positiv sind, liegt die Idee nach erstmaligem Erscheinen erst einmal eineinhalb Jahre brach. Zu viel haben alle Beteiligten zu tun, das Projekt BIORAMA bleibt vorerst links liegen.

2006 wird es vom Grazer Milo Tesselaar anders gedacht und gewissermaßen neu erfunden. Als erster Herausgeber macht er BIORAMA zum unabhängigen, kritischen Magazin, das sich einem nachhaltigen Lebensstil verschreibt. Die Reportagen, Interviews, Essays und Kolumnen sind in Deutschland, Österreich und der ganzen Welt angesiedelt. »Sie zeigen Möglichkeiten für ein Leben mit Qualität für Mensch und den Planeten Erde«, heißt es auch 2015 noch auf dieser Website, »ohne dabei den Zeigefinger zu erheben«. Und daran hat sich auch nichts geändert.

Von Ausgabe 2 an ist BIORAMA als Plattform für den gesamten deutschsprachigen Raum gedacht, kooperiert weit über die Bio-Szene hinaus mit sozialen Initiativen und Szenen, Messen und Händlern. Stoßrichtung: LOHAS, jene Zeitgenossen, die schwammig unter dem Begriff ,Lifestyle of Health and Sustainability‘ zusammengefasst werden. Der Anspruch: Genuss mit gutem Gewissen.

2010 verabschiedet sich Tesselaar nach 10 Ausgaben, Chefredakteurin Ursel Nendzig – heute gefeierte Sachbuchautorin und immer noch beliebte Kolumnistin (»Elternalltag«) von BIORAMA, geht in Karenz. Thomas Weber, der fünf Jahre zuvor die Idee für die allererste Ausgabe gehabt hatte, übernimmt als Herausgeber. Sein Vorsatz: Mehr als bisher auch kontroverse Themen angehen. Noch mehr als bisher versteht sich BIORAMA nun als Vernetzungsplattform für Menschen aus unterschiedlichsten Szenen und Nischen, als Hub und Schnittstelle in Sachen gelebter Nachhaltigkeit. Ein paar Ausgaben später – bereits unter Chefredakteurin Johanna Stögmüller – erlebt BIORAMA seinen ersten Shitstorm. Am Cover einer Schwerpunktausgabe zum Thema Hinterland, also den abgelegenen Landstrichen abseits der Städte, zeigt das Magazin am Cover einen Badeanzug des Labels »Hinterland«, präsentiert auf einem von hinten abgelichteten weiblichen Frauentorso. Beim Biohof Adamah, mit seinen Bio-Kistln ein langjähriger wichtiger Vertriebspartner, und auch in unseren Email-Inboxen langen Beschwerde-Mails ein. Der Vorwurf: Sexismus. Bayerische Biohotels wollen aus dem Verteiler gestrichen werden. Ein Wiener Lokal – der Wiener Diwan – meint, die Gäste würden das Magazin am Klo liegen lassen. Heiliger Onan! Wir diskutieren, diskutieren, diskutieren.

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Auch an Ausgabe 17 erinnern wir uns oft. Das Schwerpunktthema Verpackung – am Cover symbolisiert eine mit Luftpolsterplastik umwickelte Banane die Perversionen der Verpackungsindustrie – hat die einschlägig bewanderte Autorin Andrea Lunzer kuratiert. Eineinhalb Jahre später wird sie sich mit »Lunzers Maßgreißlerei«, Wiens erstem verpackungsfreien Supermarkt, selbständig machen. Verpackung bleibt einer der bis heute am häufigsten nachgefragten thematischen Schwerpunkte (»Macht doch mal was zum Thema Verpackung!«). Keine Ausgabe verlinken wir so oft in Mails und sozialen Netzwerken (Alle Ausgaben von BIORAMA sind online verfügbar).

Auch Ausgabe 18 – wir widmen uns dem Thema »Nachhaltig Hochzeit feiern« – setzt einen unternehmerischen Impuls. Die Torte fürs Cover backt Franka Rothaug, die sich wenig später mit Wiens erstem »Allergiker Café« selbständig macht.

Immer wieder kontrovers: unsere Lesersafaris, bei denen wir bewusst dabei sind, wenn Tiere zu Nahrungsmittel werden.

Immer wieder kontrovers: unsere Lesersafaris, bei denen wir bewusst dabei sind, wenn Tiere zu Nahrungsmittel werden.

Das Thema Ernährung beschäftigt BIORAMA lange bevor in unseren Breiten die ersten Food Trucks aufkommen, der Hype um Street Food und die Foodie-Bewegung anschwillt. Angst vor kontroversen Themen hat BIORAMA da keine. Auf unseren Leser-Safaris besuchen wir gemeinsam mit interessierten Lesern Betriebe, Produktionsstätten, Biobauernhöfe. Die ausführliche Foto-Reportage in Ausgabe 23 über unseren Schlachttag am Archehof (wir haben im Zuge einer Lesersafari ein Mangalitza-Schwein geschlachtet) führt dazu, dass BIORAMA in einigen rein veganen Geschäften seither nicht mehr vertrieben wird. Auch okay. Dass uns auch Vegetarier und Veganer ausdrücklich für unsere Art der Fleisch-Thematisierung loben, macht uns allerdings stolz.

Auch an Ausgabe 24 stoßen sich so manche Zeitgenossen. Karin Wasners Erfahrungsbericht über den Anbau von Tabak im eigenen Garten (davor hatte sie fast ein Jahr darüber auf dieser Website gebloggt) finden nicht alle vertretbar. »Im Fadenkreuz: Jagd« heißt es in Ausgabe 26. Kuratiert von Thomas Stollenwerk, seit Anfang 2015 auch Chefredakteur, fragen wir uns: »Ist die Jagd in ihrer derzeitigen Form noch gesellschaftsfähig?« Unser breiter journalistischer Zugang wird von Jägern wie Jagdkritikern gelobt. Ja, wir sind der Meinung, dass gemeinsam geredet und verhandelt werden muss, wenn es darum geht, Gesellschaft weiterzubringen. Dass manche Leserinnen, aber auch Kunden angeekelt auf das Cover unserer Ausgabe 35 und das Tampon auf dem Titel unseres Menstruations-Schwerpunkts reagieren, überrascht uns dann doch. Da hätten wir uns schon weiter geglaubt. Wir diskutieren, diskutieren, diskutieren. Wir feiern, feiern, feiern. Und leben jetzt bewusst.

Hier geht es zu unserer Jubiläumsausgabe.

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