»Bio, bitte!«

In »Expresso & Tschianti« geht es ums gemeinsame Essen. Im Gespräch outet sich Josh als Genussmensch und Öko.

Man sieht ein Porträtfoto des Musikers Josh.
Musiker Josh im Porträt. Bild: Carina Antl.

Anfangs, sagt Josh, habe er sich nicht getraut, wollte keinen auf Popstar machen. »Aber dann haben wir auf Tour alle zugenommen, weil man sich da wirklich sehr ungesund ernährt.« Jeden Abend habe es backstage belegte Brötchen gegeben, in größeren Konzerthallen Catering mit Salami, Speck, Käse, sehr viel Wurst und ganz viel Weißbrot – erst für die sechs Personen, die gemeinsam auf Tour waren, mittlerweile für einen auf 17 Personen angewachsenen Tross. Deshalb musste er irgendwann Vorgaben machen, was es zu essen geben sollte. Der »Rider« – so nennt sich im Popbusiness der Forderungskatalog von Bands an VeranstalterInnen, der Ansprüche an die Bühnentechnik ebenso umfasst wie die Anzahl nötiger Parkplätze oder eben Wünsche, was die Verpflegung angeht – musste präziser formuliert werden: »Denn von Zeit zu Zeit esse auch ich wirklich gern Speck und Salami. Aber wenn du auf Tour bist und du isst an einhundert Tagen im Jahr Weißbrot mit Wurst, da ist klar: Das ist keine gute Idee.«
Für die anstehende Tournee zum Album, an dem der Musiker gerade noch arbeitet, zog man deshalb die Konsequenzen: »Wir haben erstmals Fleisch ganz vom Rider gestrichen – obwohl wir nicht alle VegetarierInnen sind. Aber nach den Konzerten sind einfach oft mehrere Platten mit Wurst und Schinken übriggeblieben. Du kannst zwar hoffen, dass das jemand von der Technik vor Ort aufisst, aber wahrscheinlich wird es weggeworfen.«
Nicht als Bedingung, sondern als höfliche Bitte findet sich im Rider auch erstmals ein anderer Wunsch: »Bio, bitte!«. Meist werde diesem Wunsch auch nachgekommen, sagt der 36-Jährige: »Das kostet für unseren Tross in Summe vielleicht 50 Euro mehr, aber das möchte ich so handhaben. Je erfolgreicher ich geworden bin, umso mehr wollen die Leute meine Wünsche erfüllen, umso mehr hab ich mich getraut, diese auch zu formulieren.«
Gegessen wird auf Tour natürlich nicht nur backstage. Und weil es in der Crew einige gibt, die gerne gut essen, vor allem italienisch, werde darüber auch immer wieder Schmäh geführt. So kam auch der größte Hit des aktuellen Albums zustande. »Expresso & Tschianti« widmet sich falsch ausgesprochenen Speisen, Getränken und Buchstaben, die dabei an falscher Stelle auftauchen. Sympathisch, dass Josh dabei selbst die Perspektive desjenigen einnimmt, der über die feinen Unterschiede nicht Bescheid weiß. Die Botschaft und der Refrain zum Mitschunkeln sind versöhnlich: »Ist doch egal, wie das heißt / Du weißt schon, was ich mein’.« Hauptsache Genuss also.
»Auf die Idee dazu kam ich, als wir auf Tour in München in einer Osteria saßen und jemand von uns meinte: ›Gnotschi könnt’ ma si a mal wieder bestellen!‹« Der Song wurde ein Riesenerfolg und 2022 für 30.000 verkaufte Singles mit Doppelplatin ausgezeichnet.

»Eins Komma Zwei Kamille«

Mittlerweile erscheint wöchentlich eine neue Folge des gemeinsamen Podcasts von Bernhard Speer (Seiler und Speer) und Josh. Die beiden erzählen aus ihrem Alltag, haben keine Angst vor Peinlichkeiten, umgangssprachlichem Geblödel und Gelaber. Das ist unterhaltsam und weniger aufgesetzt als die meisten Morgensendungen im Radio. Fernfahrerhumor inklusive, wenn etwa der Kamillenteebeutel (»Beidl«) im warmen Wasser hängt. Immer wieder Thema: Essen, Trinken, Kochen.


Sein Privatleben hält Josh weitgehend aus dem Rampenlicht. Bekannt ist nur, dass Johannes Sumpich, wie er bürgerlich heißt, vor kurzem geheiratet hat und es kein Zufall ist, dass es in der aktuellen Single »Ring in der Hand« um den finalen Abschied vom Singledasein geht. Mehr als aus seinen Liedern erfährt man im Podcast »Eins Komma Zwei Kamille« über das Leben von Josh. Darin gibt er sich gemeinsam mit Bernhard Speer (von Seiler & Speer) mittlerweile wöchentlich dem mehr oder weniger kultivierten Geblödel hin. Auch dabei immer wieder Thema: das Essen, das Trinken, der Alltag. In einer Folge übers Grillen ist etwa zu erfahren, dass Josh beim Einkaufen von Fleisch besonders achtsam ist. »Es gelingt mir zwar nicht immer, aber ich versuche, kein Fleisch zu essen, von dem ich nicht weiß, wo es herkommt.« Als leidenschaftlicher Koch habe er es sich jedenfalls angewöhnt, flexibel zu bleiben: »Wenn ich Schnitzel machen will und es gibt gerade kein Bioschnitzel, dann koch ich halt was anderes. Und wenn es kein Biohendl gibt, dann kauf ich auch kein Hendl und mach das Curry halt ohne Fleisch. Wir müssen uns einfach vom Gedanken verabschieden, dass es immer alles gibt.«
Was nicht viele wissen: Josh ist, wie er selbst sagt, »unter Ökos aufgewachsen«. Seine Eltern haben ihn in Wien-Mauer in eine Waldorfschule gesteckt. Am Esoterischen daran sehe er manches heute auch kritisch. Er möchte die Erfahrung aber nicht missen. Geprägt habe ihn etwa ein mehrwöchiges Schulpraktikum auf einem Bauernhof im Waldviertel: »Wer einmal einen halben Tag Kartoffeln aus dem Boden geholt und erlebt hat, wie du da selbst als junger Mensch Rückenweh kriegst, bekommt eine andere Ehrfurcht vor dem Lebensmittel.« Eine Zeitlang wollte der kleine Hans sogar selbst Bauer werden. Doch auch wenn die Liebe zur Gitarre und zum Gesang schließlich siegen sollte: Neben seinem Jazzstudium verschlug es ihn beruflich sogar in die Ökobranche. Als Staplerfahrer finanzierte er sein Studentenleben im Wiener Lager der Kosmetikfirma Weleda. Weil er dort die Logistik optimierte, wechselte er 2018 schließlich in die IT-Abteilung des Unternehmens. Und Johannes Sumpich hätte dort wohl Karriere machen können, wäre ihm nicht unter seinem Spitznamen Josh im selben Jahr der Superhit »Cordula Grün« passiert. Der Rest ist Teil der jüngeren österreichischen Popgeschichte.

Aktuelles Album 

»Teilzeitromantik« (2021)

Von vorne bis hinten positiv: Der Powerpop von Josh packt Alltagsbeobachtungen mit Wortwitz und Augenzwinkern in Songs, die auch ins Schlagerradio passen. Dabei reimt Josh »ein bisschen Kommunismus« auf »Smartphone-Fetischismus«.
Bild: Warner.

Die Tour 2023 beginnt am 23. März im VAZ St. Pölten und endet am 20. Oktober in der Messe Oberwart. Alle Termine im Detail finden sich hier.

BIORAMA BIOKÜCHE 2023 #0

Dieser Artikel ist im BIORAMA BIOKÜCHE 2023 #0 erschienen

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