Jimmy Schlager: Luftdeppert – oder: Wie werde ich Energiewendepolitiker!

Während in Deutschland Klein- und Kleinstkraftwerke entwickelt und gefördert werden ergibt man sich in Österreich ehrfurchtsvoll der Windenergie aus der Hand von Großbetreibern. Kommentar eines Betroffenen.  

Die „Energiewende“ in Österreich ist eine Einfache. Jeder kann mitmachen! Wie? Ganz einfach:

01) Sie müssen nur Bürgermeister oder Gemeinderat einer kleinen Gemeinde sein und in der Gemeindekasse kein Geld haben. (Das ist in Österreich in fast 90% aller Gemeinden so).

02) Sie warten darauf, dass ein Windradbetreiber bei ihnen anklopft und ihnen für die Bereitstellung von Winradparzellen einen namhaften Betrag Bargeld anbietet, samt einer jährlichen Apanage für die Gemeindekasse und die Grundstücksbesitzer.

03) Sie müssen, um im Gemeinderat Zustimmung zu finden, die gewinnbringenden Grundstücke gut verteilen, damit sie auf eine satte Zustimmung hoffen dürfen. (Vorausgesetzt es gibt genügend Grundstücksbesitzer im Gemeinderat, aber auch das ist in 90% der Gemeinden zutreffend.)

04) Jetzt gilt es, die Umwidmungen und rechtlichen Voraussetzungen möglichst diskret durch den Instanzenweg zu bringen, um die Einwohner und Besucher der Region nicht mit Einsprüchen oder optischen Einwänden belasten zu müssen.

05) Bei der Eröffnung freundlich lächeln und sich freuen, dass man so ein umweltfreundlicher Mensch ist. – Fertig!

Es ist wirklich erstaunlich, wie schnell aus desinteressierten und reaktionären Kommunalpolitikern alternative Umweltpolitiker werden. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit leisten sie den geschickt im Hintergrund bleibenden Windparkbetreibern Vorschub und freuen sich über die finanziellen Zuwendungen, denn um mehr ist es diesen Politikern in Wirklichkeit nie gegangen.

Dass sie mit den jährlichen Beträgen nur abgespeist werden, interessiert bei den Begleitumständen niemanden. Die kolportierten Jahreszahlungen von 8- bis 12.000,- Euro (mit meist höherer Dunkelziffer) sind bestenfalls Wochenumsätze für die Firmen, die die Windräder aufstellen, betreiben und den erzeugten Strom verkaufen. Die erhöhten Einspeisegebühren bezahlt natürlich der Verbraucher, aber wen interessiert das dann noch? Entsorgt werden die metertiefen Betonfundamente auch nie und der optische Schaden für ganze Regionen ist noch gar nicht abzuschätzen.

Das Bewusstsein, dass Energie nur von einer großen Organisation hergestellt und geliefert werden kann, ist im Denken der Österreicher fest verankert. Die Entwicklung von Klein- und Kleinstkraftwerken steckt noch nicht einmal in den Kinderschuhen und ist für viele einfach undenkbar.

Die Vorstellung, sich seine Energie selber zu produzieren, wurde und wird weder geweckt noch gefördert. Während in Deutschland schon massenhaft Arbeitsplätze geschaffen werden durch Firmen die entwickeln, herstellen, installieren und instand halten, ist man in Österreich dabei, zu einem Dritte-Welt-Land der Stromerzeugung zu werden. Es werden von den Energiefirmen heimische Ressourcen am internationalen Energiemarkt verhökert und den Menschen im Land wird vorgegaukelt, sie seien die Pioniere der Energiewende.

Windräder werden konzeptlos in der Landschaft verteilt, die den Menschen in der Region weder Strom noch Perspektiven bieten. Mit dem Geld der Betreiber werden sich Komplizen und Wasserträger in den Gemeinderäten erkauft und es wird dafür gesorgt, dass sich niemand Gedanken machen muss über Energiekonzepte mit Eigenverantwortung.

Die einfache Welt der österreichischen Kommunalpolitik wird zum Spielball der Energiekonzerne – und eh man sich versieht, leben wir in einer konzeptfreien Windradlandschaft mit dem schalen Geschmack der Würdelosigkeit und Ohnmacht, der wir uns ergeben haben.

Wohlgemerkt: Windkraft ist gut. Windkraft ist wichtig.

Aber:

Ohne nachhaltige Konzepte und überlegtes Handeln wird aus der Windkraft ganz schnell ein warmer Wind, der ganz schlecht riecht und die Regionen ihrer Würde beraubt.

Ein altes Sprichwort sagt: “Mut kann man nicht kaufen!“ – Mutlose Politiker gibt´s dafür recht billig…

TEXT Jimmy Schlager

Ad personam:

Jimmy Schlager ist Sänger, Musiker, Autor und Komponist, er lebt und arbeitet im Weinviertel. www.jimmyschlager.at.

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