Heimlicher Heuler: der Goldschakal

Er ist ein Gewinner des Klimawandels und mittlerweile bis nach Skandinavien verbreitet: der Goldschakal.

Wo lässt sich der Goldschakal dauerhaft nieder? Das versucht das »Goldschakal-Projekt« herauszufinden. (Foto des Jungtiers: Springschütz)

Ein Feldweg ein paar Meter abseits der B49 kurz vor Anbruch der Dunkelheit. Jennifer Hatlauf hat alles vorbereitet: die SD-Karte, das Megaphon, den Recorder. Gleich hebt das Geheul an, erst zaghaft, dann lauter, eine ganze Gruppe. Hatlaufs Hoffnung: irgendwo da draußen könnten Goldschakale auf ihre aufgezeichneten Artgenossen antworten. Mit einer Kontaktaufnahme von Einzeltieren, von einsamen Durchzüglern ist eher nicht zu rechnen. Die Wildbiologin möchte ganze Gruppen nachweisen – und damit einen Beleg dafür, dass sich der Goldschakal auch in Niederösterreich fortpflanzt. Davon ist auszugehen.

Ein Goldschakal, hier fotografiert im burgenländischen Seewinkel.
(Foto: Daniel Leopoldsberger)

Der Räuber als Generalist und Opportunist
Erstmals in Niederösterreich nachgewiesen wurde er 1988. Seit die Biologin vom Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft (BOKU) 2015 ihr »Goldschakal-Projekt« begann, gibt es jedes Jahr zumindest einen handfesten Nachweis – quer verteilt, vom hohen Norden über den Wienerwald bis zum Weinviertel oder der Grenze zum Burgenland. Wichtig für das scheue Raubtier sind natürliche Deckungsmöglichkeiten. Auch hier im Weinviertel an der Grenze zur Slowakei könnte der Goldschakal eine Heimat gefunden haben. Die Population hält Hatlauf für unterschätzt. »Goldschakale leben sehr heimlich, es gibt wahrscheinlich mehr als wir wahrnehmen. Er bevorzugt kleine Säugetiere als Beute, von der auch nichts sichtbar zurückbleibt.«

Sein Hauptverbreitungsgebiet in Europa hat Canis aureus in Bulgarien und am Balkan. Er profitiert von der Abwesenheit großer Raubtiere und kommt gut mit Kulturlandschaft zurecht. In Ungarn ist er mittlerweile sehr häufig anzutreffen. Sogar in Estland wurde bereits eine Gruppe nachgewiesen, in Dänemark ein Schafriss dokumentiert.

Hatlauf arbeitet überall mit den örtlichen Jagdgesellschaften zusammen. Auch von deren Kamerafallen kommen verlässliche Nachweise. Verwechselt wird das fuchsgroße Tier, das aussieht wie ein Wolf, von Laien häufig mit dem Rotfuchs, lässt sich von diesem aber u.a. klar durch die viel kürzere Rute unterscheiden.

Clever, auch bei der Jagd
Bei seiner Beute ist der Goldschakal ein Generalist und holt sich, was leicht verfügbar ist: bevorzugt kleine Säugetiere, Kadaver, manchmal auch Katzen, Rehkitze. Eigentlich jagt er allein, geht aber auch in der Gruppe vor – »weil er clever ist und zum Beispiel ein Schakal eine Bache ablenkt während sich ein anderer einen Frischling holt.«

In der Fotofalle: der Goldschakal (Foto: Jennifer Hatlauf)

Fünfmal hat Jennifer Hatlauf das Geheul abgespielt, ohne Resonanz. Ein paar Kilometer weit wäre es hörbar. Deshalb packt sie sich zusammen, zieht drei Kilometer weiter. Möglichst flächendeckend möchte sie das Grenzgebiet abdecken, bis hinunter nach Marchegg. »Weil er so anpassungsfähig ist und wirklich überall auftauchen kann. Nur in die Kerngebiete eines Wolfsreviers wird sich kein Goldschakal reintrauen.« Der wäre neben dem Straßenverkehr auch der größte Feind des Goldschakals: der Wolf.

Infos auch auf Instagram und auf der Website des Goldschakal-Projekts

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