Grillen gegen die Agrarindustrie

 

Grillen gegen die Agrarindustrie - Bild: Campact

Grillen gegen die Agrarindustrie – Bild: Campact

Campact startet mit einem Aufruf zu Grillpartys in die Initiative gegen die Agrarindustrie. Für Mobilisierung vieler Menschen und um möglichst viele kreative Transparente zu bekommen, wird jeder privaten Grillparty die Möglichkeit gegeben, ein Teil der Demonstrationsbewegung zu werden. Wie das geht und welche Ziele hinter der Kampagne stehen, erklärt Yves Venedey im Interview.

 

BIORAMA: Campact startet mitten in der Grillsaison mit einer Grillparty-Kampagne. Wie funktioniert diese und welchen Zweck verfolgt sie?

Venedey: Die Grillpartys dienen der Mobilisierung für unsere bundesweite Demonstration für eine andere Agrarpolitik am 31. August in Wietze (Niedersachsen).  Dort wollen wir mit Tausenden Menschen Europas größten Schlachthof umzingeln. Die Idee ist ganz einfach: Am 24. und 25. August  laden Campact-Aktive aus ganz Deutschland ihre Freunde zu privaten Grillpartys gegen die Agrarindustrie  ein. Dabei malen sie gemeinsam ein Transparent, dass sie zu der Demo in Wietze mitbringen oder uns schicken, damit andere DemoteilnehmerInnen damit den Megaschlachthof umzingeln können. Und Bilder von den Grillpartys und den Transparenten sollen über soziale Medien verbreitet werden und so auf die Demo eine Woche später in Wietze aufmerksam machen.

 

Wieso eignet sich die harmlose Grillfeier als Träger für dieses Thema?

Zur Grillsaison hat die Agrarindustrie Hochkonjunktur. Dabei kommen Koteletts, Hähnchenschenkel oder Bratwürstchen auf den Grill  – meist von Schweinen, Rindern und Hühnern aus Massentierhaltung, die mit Gensoja gefüttert und mit Antibiotika vollgepumpt werden. Wir wollen mit unseren Grillpartys zeigen, dass wir die Agrarindustrie satt haben und bei uns etwas anderes auf den Grill kommt. Private Grillpartys können unsere Aktiven vor Ort relativ einfach organisieren, sie müssen dazu keine Demo anmelden oder Ähnliches. Und trotzdem können wir damit kurz vor der deutschen Bundestagswahl am 22. September eine klare Botschaft an eine neue Bundesregierung senden: „Läutet endlich die Agrarwende ein und beendet die Tierquälerei in den Megaställen!“

 

Von welchen Ländern aus kann man mitmachen? Mit wie vielen Teilnehmern rechnen Sie bzw. wie viele Anmeldungen von Grillpartys gibt es schon?

Da Campact ein deutsches Kampagnennetzwerk ist, richtet sich unsere Kampagne vor allem an Menschen in Deutschland. Wenn NGOs in Österreich oder anderswo unsere Aktionen kopieren wollen, werden wir aber sicher keine Copyright-Gebühren verlangen (lacht). Bis heute sind bereits über 550 Grillpartys in ganz Deutschland angekündigt und es kommen täglich noch weitere dazu.

 

Was muss ich machen um teilzunehmen? Gibt es Kriterien für die Grillpartys, zum Beispiel was auf den Rost kommen darf?

Wer eine Grillparty mit seinen Freunden organisieren will, kann sich in eine Online-Landkarte eintragen und ein kostenloses Aktionspaket bestellen.  Darin sind Farben und Stoff für das Transparent, Info-Material und Tipps für die Pressearbeit vor Ort enthalten. Da wir mit der Aktion gegen die Agrarindustrie demonstrieren wollen, sollte logischerweise  kein Fleisch aus Massentierhaltung auf den Grill kommen. Aber ob sie Bio-Bratwürste, Steaks vom Bauern des Vertrauens aus der Region oder gleich ganz vegetarisch oder vegan grillen wollen, bleibt dabei den Aktiven vor Ort überlassen.

 

Die Kampagne mobilisiert gegen die Agrarindustrie. Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf und was sind Ihre Forderungen?

Wir wollen eine Agrarwende, weg von den Agrarfabriken und hin zu einer bäuerlichen Landwirtschaft. Dazu gehören strenge Tierschutzbestimmungen und ein Baugesetz, dass es Gemeinden ermöglicht, Megaställe zu verbieten. Der Einsatz von Antibiotika in der Tiermast muss durch ein strengeres Arzneigesetz und eine artgerechte Tierhaltung minimiert werden. Regionale Erzeugung und Vermarktung muss gefördert werden. Die EU-Agrarsubventionen müssen gerechter verteilt werden, um bäuerliche Betriebe zu fördern. Der Anbau von genmanipuliertem Soja und die Verbreitung von Monokulturen müssen gestoppt werden. Der Anbau einheimischer Eiweißfutterpflanzen, natürliche Fruchtfolgen und der Ökolandbau sollen gefördert werden. Und wir brauchen klare Kennzeichnungsregeln, damit die Verbraucherinnen und Verbraucher echte Wahlfreiheit haben. Die derzeitige Bundesregierung macht aber das genaue Gegenteil, sie vertritt nur die Interessen der Agrarindustrie. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die überfällige Reform der EU-Agrarpolitik stark verwässert wurde.

 

Was erwarten Sie für die anschließende Demonstration in Wietze? Wie sehen Sie die Chancen, dass ihre Ziele erreicht werden?

In Wietze werden jeden Tag 430.000 Hühner geschlachtet. Diesen Megaschlachthof wollen wir umzingeln. Zu der Demo rufen wir gemeinsam mit Bauern, Bioverbänden,  Bürgerinitiativen sowie Tierschutz- und Umweltverbänden auf. Wir hoffen auf Tausende Teilnehmer/innen. Die Demo findet ganz bewusst wenige Wochen vor der Bundestagswahl in Deutschland statt: Dort und bei der Europawahl nächstes Jahr entscheiden die Wählerinnen und Wähler auch über die künftige Agrarpolitik in Deutschland und Europa.  Die Menschen müssen entscheiden, ob sie Bauernhöfe oder Agrarfabriken wollen.

 

Campact engagiert sich für verschiedenste Kampagnen, solange sie mit einer Wertebasis vereinbar sind. Was sind die Kriterien für diese Kampagnen, wie definieren Sie diese Wertebasis?

Campact engagiert sich für eine ökologisch nachhaltige, sozial gerechte, demokratische und friedliche Gesellschaft.  Das Campact-Team hält ständig nach Kampagnenthemen Ausschau, mit denen wir diesen Zielen näher kommen können.  Entscheidend ist für uns dabei , ob es ein „Window of Opportunity“ gibt, wirklich etwas zu verändern und Campact  hier etwas beitragen kann. Durch Umfragen unter 5.000 zufällig ausgewählten Campact-Aktiven testen wir, wie bestimmte Themen in unserem Verteiler ankommen.

 

Wie werden diese Kampagnen finanziert?

Campact ist ein gemeinnütziger Verein und finanziert sich durch (Klein-)Spenden  aus dem Kreis unserer über 907.000 Newsletter-Abonnenten und die regelmäßigen Beiträge unserer derzeit  rund  14.300 Fördermitglieder. Über Herkunft und Verwendung unserer finanziellen Mittel geben wir jährlich in einem Transparenzbericht Auskunft.

 

Mitmachen: https://www.campact.de/agrarwende/grill-demo/grillen-sie-mit/

 

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