CSR-Brille #9: Das Liebe Geld – Nachhaltigkeit in der Finanzwelt

Bild: Flickr, Nikki Buitendijk, CC-BY ND 2.0

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Seit der Finanzkrise haben die Banken es schwer, Vertrauen wiederzugewinnen. Eine der Folgen: Auf dem Markt für nachhaltige Investments und Finanzprodukte tut sich seither einiges. 

„Das Komische ist: Ethische Fonds sind momentan profitabler als konventionelle“, das meinte kürzlich Tim Jackson, bekannt für seinen Bestseller „Wohlstand ohne Wachstum“, in einem Interview für die Wiener Zeitung, als er im Rahmen der Wachstum im Wandel Konferenz Wien besuchte.

Aber ist das denn wirklich so komisch? Das Vorurteil, dass nachhaltige Geldanlagen eine schlechtere Rendite bringen, da das Anlageuniversum durch soziale und ökologische Kriterien eingeschränkt ist, wurde schon durch viele Studien entlarvt, hält sich aber leider immer noch beständig. Langsam aber sicher sprechen jedoch auch die Zahlen ihre eigene Sprache. Das Forum Nachhaltige Geldanlagen hat in ihrem Marktbericht für 2015 folgende Entwicklung veröffentlicht: Das Volumen der Nachhaltigen Geldanlagen in Deutschland, Österreich und der Schweiz hat Ende 2014 insgesamt 197,5 Milliarden Euro umfasst. Obwohl das prozentuell natürlich noch immer einen sehr kleinen Anteil des Geldkreislaufs umfasst, bedeutete das dennoch einen eindrucksvollen Zuwachs von 47 Prozent in diesem Jahr.

Best-of-Böse? Das machen die Banken in ihrem Verantwortungsbereich

Die Anforderungen an Banken sind durch die Finanzkrise und die dadurch entstandenen Probleme und Regulierungen so hoch wie nie und das Vertrauen der Kundschaft in die Branche geht gegen Null. Eigentlich hätten nach dem wegweisenden Jahr 2008 auch bei den Banken demnach alle Zeichen auf grün stehen sollen. Das Problem: Der Finanzkreislauf ist um ein vielfaches komplexer und viel weiter weg von uns als Privatpersonen. Daher gehen die Initiativen im Bereich der nachhaltigen Finanzen auch noch immer nicht von Privatpersonen aus. In Österreich waren beispielweise die Vorsorgekassen federführend für ein Umdenken in Richtung Nachhaltigkeit. Aus Sicht der Nachhaltigkeitsratingagenturen sind Schlüsselthemen bei Banken übrigens Umwelt- und Sozialstandards in der Kreditvergabe (z.B. Finanzierung kontroverser Großprojekte in Entwicklungs- und Schwellenländern), Kunden- und Produktverantwortung (z.B. verantwortungsvolle Beratung, Datensicherheit oder Umgang mit Verschuldung), Faires Wirtschaftsverhalten und nicht zuletzt die Integration von Nachhaltigkeitskriterien in das eigene Kapitalanlagegeschäft. Gerade beim letzten Punkt – einem wichtigen Teil des Kerngeschäfts der Banken – sieht es besonders dürftig aus. Von den nach EZB-Definition 124 systemrelevanten Banken erklären in einer Studie aus dem Jahr 2014 nur 9 Finanzinstitute, dass sie Nachhaltigkeitskriterien bei ihren eigenen Depots anwenden. Schwammige Standards und fehlende gesetzliche Definitionen werden nicht nur von den Kundinnen und Kunden, sondern auch von den Finanzinstituten selbst als Hürde für ein Umdenken in Richtung mehr Nachhaltigkeit genannt.

Auch „your money makes the world go round“

In den letzten Jahren hatte ich viel mit Banken zu tun, die vor allem eine fehlende Nachfrage bei den Privatkundinnen und -kunden beklagen. Die Traditionsbanken sind unter Zugzwang sich neue Wege für die Kundenbindung zu überlegen, denn auch Start-ups, so genannte „Fintechs“ (das bekannteste ist Paypal) mischen sich immer stärker in den Zahlungsverkehr ein oder Initiativen wie die Bank für Gemeinwohl stehen in den Startlöchern. Vor ein paar Jahren habe ich übrigens die als „die Guten“ geltenden deutschen Finanzinstitute GLS und TRIODOS angefragt, wann sie denn endlich in Österreich eine Filiale eröffnen. Das ernüchternde Ergebnis damals: Österreich ist einfach ein zu kleiner Markt und daher nicht interessant genug. Also bitte beim nächsten nervigen Anruf der eigenen Bankberaterin bzw. des Bankberaters einfach nachfragen, was sich im Bereich Nachhaltigkeit bei ihnen getan hat – denn auch dein Geld „makes the world go round“!

CSR-Facts zum Weiterdenken

  • Leider nicht alles grün, was glänzt: Laut einer Untersuchung von Stiftung Warentest wurden in sechs Aktienfonds und zwei Rentenfonds, die als nachhaltige Investments getarnt waren, Unternehmen identifiziert, die Komponenten für die Rüstungsindustrie produzieren.
  • Banken und Finanzdienstleister gehören zur Branche, die im deutschsprachigen Raum die meisten Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen.
  • Wer sein Geld alternativ anlegen möchte, kann z.B. auf Bürgersolarkraftwerke oder Crowdinvesting umschwenken. Die Tatsache, dass immer mehr Anleger genau wissen möchten, was mit ihrem Geld passiert, zeigte der Fall des bekannten Waldviertler Schuhherstellers. Auch wenn dadurch ein Rechtsstreit mit der FMA entstand – er konnte mehr als 3 Millionen Euro durch die „Crowd“ einsammeln!

CSR-Links zum Weiterlesen

  • gruenesgeld.at ist die österreichische unabhängige Plattform für ethisch-ökologische Veranlagung.
  • Nachhaltige Finanzprodukte stehen immer stärker im Fokus des Konsumentenschutzes: Die 2014 veröffentlichte Studie der Arbeiterkammer Österreich oder die Studie der Verbraucherzentrale Bremen kritisieren beide schwammige Standards und eine fehlende gesetzliche Definition, was als nachhaltige Geldanlage geführt werden darf.
  • Wer Unternehmen und damit Fonds als nachhaltige klassifiziert sind so genannte Nachhaltigkeitsratingagenturen, nähere Infos dazu in der CSR-Brille Nr. 4.
Annemarie Harant

Annemarie Harant

Über mich – Annemarie Harant: Geboren in München und aufgewachsen in einem 100% Öko-Haushalt, arbeite seit über 5 Jahren für die Unternehmensberatung brainbows – the information company im Bereich Nachhaltigkeitsmanagement mit Großunternehmen und durchlief davor verschiedene Stationen im Nachhaltigkeitsbereich der ÖBB, Fairtrade und der Unternehmensplattform respACT. Seit 2011 stehe ich als Co-Gründerin des Start-ups erdbeerwoche. Nachhaltige Frauenhygiene. DIE NEUE GENERATION. nun selbst vor der täglichen Herausforderung nachhaltiges Handeln im eigenen Unternehmen umzusetzen.

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