CSR-Brille #04: VW setzen, ungenügend!

Bild: Roger W, Flickr, CC BY-SA 2.0

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Der Volkswagenkonzern fliegt aus ethisch-ökologischen-Fonds! Gerade die letzten Wochen geistert der Begriff „Nachhaltigkeitsratings“, der solchen Fonds zugrunde liegt, durch die Schlagzeilen rund um den VW-Abgasskandal. Aber wie kommt ein Autokonzern überhaupt in einen solchen Fonds und wer legt eigentlich fest, ob und welche Unternehmen in nachhaltigen Fonds gelistet werden?

Diese Einschätzung gehört zu den Aufgaben von sogenannten Nachhaltigkeitsratingagenturen, die anhand eines Kriterienkatalogs von mehreren hundert Aspekten mit einer Art Schulnotensystem die ökonomischen, ökologischen und sozialen Hintergründe eines Unternehmens im Detail bewerten.

Die Klassenstreber werden grün

VW war Teil von Nachhaltigkeitsfonds, die ihre Unternehmen entsprechend der sogenannten Best-in-Class-Anlagestrategie auswählen. Als „Klassenbeste“ werden diejenigen Unternehmen bezeichnet, die in ihrer Branche die meisten Nachhaltigkeitsaktivitäten vorweisen können. Das hat zur Folge, dass eben auch die als „dreckig“ geltenden Branchen, wie die Öl- oder Autoindustrie, Teil von Nachhaltigkeitsfonds werden können. Ziel dieses Ansatzes ist es grundsätzlich, die anderen Unternehmen in der Branche zum Nachziehen zu motivieren und einen positiven Wettbewerb zu bewirken. Es lohnt sich übrigens auch finanziell für die Firmen, sich bei einem Nachhaltigkeitsrating anzustrengen. Die ökonomische Performance jener als „nachhaltig“ bewerteten Unternehmen ist gegenüber dem Mitbewerb insgesamt besser oder zumindest gleichförmig, zeigen langjährige empirische Studien aus diesem Bereich.

Vorbeugen ist besser als heilen

Besonders wichtige Parameter für ein erfolgreiches Rating sind in diesem Zusammenhang die ökologischen und sozialen Risiken in der Wertschöpfungskette. Eine ganzheitliche Betrachtungsweise über die gesamte Wertschöpfungskette macht es möglich, so manche Verlustpotentiale frühzeitiger zu erkennen. So wurde BP beispielsweise bereits vor der Katastrophe im Golf von Mexiko durch die Münchner Nachhaltigkeitsratingagentur oekom research als „risikoreich“ eingestuft. Eine weitere Verletzung der Umweltauflagen – wenn auch nicht mit diesen schwerwiegenden Folgen – war für die Analystinnen und Analysten in diesem Fall dann wenig überraschend.

Bild: Samuel Tristán, Flickr, CC BY-SA 2.0

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Der Musterschüler VW ist Geschichte

Unter dem Stichwort Governance prüfen Nachhaltigkeitsratingagenturen grundsätzlich auch den Umgang mit der Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien. Im aktuellen schwerwiegenden Betrugsfall haben aber natürlich nicht nur die Nachhaltigkeitsratingagenturen versagt. Die bekannten Nachhaltigkeitsratingagenturen wie oekom research oder RobecoSAM haben daraufhin natürlich sofort mit einer Abstufung reagiert. Was es jetzt kostet, auch das Image wieder ins richtige Licht zu rücken, ist derzeit noch schwer abschätzbar. VW war bisher ein Musterschüler bei den Nachhaltigkeitsratingagenturen und bezeichnete sich selbst noch Anfang September als nachhaltigster Automobilkonzern der Welt – das ist jetzt definitiv Geschichte!

Fast zynisch liest sich nach dem Betrugsskandal das Statement im aktuellen Nachhaltigkeitsbericht von Hans Dieter Pötsch, Konzernvorstand Finanzen und Controlling bei VW: „Unsicherheit ist die neue Normalität, der Umgang damit unternehmerische Aufgabe“. #VWCSR

CSR-Facts zum Weiterdenken

  • Für 61,3 Prozent der von der Nachhaltigkeitsratingagentur oekom research im Jahr 2013 befragten Unternehmen waren die Anforderungen von Nachhaltigkeitsratingagenturen ausschlaggebend, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit zu beschäftigen.
  • VW war bisher im sogenannten „Best-in-Class-Rating“ bei Nachhaltigkeitsratingagenturen unter den Top 3 der Automobilkonzerne
  • Laut einer Forsa-Umfrage von Stiftung Warentest und der Verbraucherzentrale Bremen sind die Top 3 der gewünschten Ausschlusskriterien bei Fonds: Rüstung, Waffen und Kinderarbeit.

CSR-Links zum Weiterlesen

 

 

Über mich – Annemarie Harant: Geboren in München und aufgewachsen in einem 100% Öko-Haushalt, arbeite seit über 5 Jahren für die Unternehmensberatung brainbows – the information company im Bereich Nachhaltigkeitsmanagement mit Großunternehmen und durchlief davor verschiedene Stationen im Nachhaltigkeitsbereich der ÖBB, Fairtrade und der Unternehmensplattform respACT. Seit 2011 stehe ich als Co-Gründerin des Start-ups Erdbeerwoche. Nachhaltige Frauenhygiene. DIE NEUE GENERATION. nun selbst vor der täglichen Herausforderung nachhaltiges Handeln im eigenen Unternehmen umzusetzen.

 

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