Gemeinsam Energie erzeugen

Das Collective Energy Team Bild: Michael Koschutnig

Das Collective Energy Team Julian Wudy, , Viktoria Wechselberger, Dominik Schmiz, Patrick Würschl Bild: Michael Koschutnig

Collective Energy ist eine Initiative, die Unternehmen bei der Umstellung auf alternativen Energien berät und Crowdfunding-Projekte organisiert. Ziel des Ganzen: Einen Teil dazu beizutragen, die derzeit fällige Energiewende zu überwinden.

 

Das Collective Energy Team, Julian Wudy, Dominik Schmitz, Viktoria Wechselberger, Patrick Würschl und Christoph Zinganell, haben BIORAMA ein paar Fragen beantwortet:

BIORAMA: Ihr, das Team von Collective Energy, seid vier Studenten und ein wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität für Bodenkultur Wien. 2011 habt ihr euch zusammengefunden. Was war der Anstoß zu Collective Energy?

Collective Energy: Die Initialzündung ist im Rahmen einer Lehrveranstaltung zu nachhaltiger Unternehmensgründung und -planung an der BOKU erfolgt. Hier haben wir die Werkzeuge in die Hand bekommen, uns als Team gefunden und sind erstmals mit der Idee konfrontiert worden erneuerbare Energieprojekte gemeinschaftlich zu finanzieren. Das Thema rund um eine nachhaltige, sozial und ökologisch verantwortungsbewusste Entwicklung, hat uns alle bereits von klein auf beschäftigt. Wir haben über die Jahre Wissen angesammelt und dann vor circa zwei Jahren realisiert, dass es nichts bringt, wenn man darauf wartet, dass andere etwas tun, sondern dass man selbst handeln muss. Wir möchten mit Collective Energy aufzeigen, dass Nachhaltigkeit mehr als nur ein Schlagwort ist und sehen darin die Chance, unsere innere Überzeugung nach außen zu tragen und unseren Teil dazu beizutragen, dass die Energiewende realisiert wird.


Wer ist für welche Teilbereiche von Collective Energy verantwortlich? Wie schaut eure Zusammenarbeit aus?

Unser Arbeiten ist geprägt von einem großartigen Teamspirit sowie von hoher Wertschätzung untereinander. Eine lebendige Kommunikation innerhalb des Teams und regelmäßige Gruppentreffen sind daher wesentliche Aspekte unserer Zusammenarbeiten. Wir verstehen uns als fünf gleichberechtigte Partner, die an ein gemeinsames Ziel glauben und zusammen handeln möchten. In unserer aktuellen Phase haben wir daher auch keine fixe Zuteilung von Aufgabenbereichen. Jeder bringt seine Stärken in das gemeinsame Arbeiten bestmöglich ein und bisher gibt es für uns auch keinen Grund daran etwas zu ändern. In einer nächsten Entwicklungsstufe möchten wir teamintern klare Rollenverteilungen einführen, um Arbeitsprozesse zu optimieren.

 

Eure ersten Projekte an der eigenen Universität sind nicht realisiert worden. Woran hat das gelegen?

Wir haben uns damals mit der Idee zusammengefunden, eine gemeinschaftlich finanzierte Photovoltaikanlage an der BOKU zu errichten. Da wir zu diesem Zeitpunkt alle noch wenig Erfahrung bezüglich Photovoltaik und Crowdfunding hatten, war die Planung dieses Projektes gleichzeitig auch unser Weg, Kompetenzen in diesen Bereichen aufzubauen. Natürlich war es immer auch unser Ziel das Geplante umzusetzen. Dass dies bis jetzt nicht gelungen ist, lag beim ersten Projekt daran, dass es zu keiner Zustimmung vonseiten des Gebäudeeigentümers – der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) – gekommen ist. Beim zweiten Projekt, wo die BOKU selbst Gebäudeeigentümer gewesen wäre, hat sich unsere eigene Universität schlussendlich für das Konkurrenzangebot der Wien Energie entschieden und damit die Chance verpasst ein Leuchtturmprojekt mit ihren eigenen Studenten umzusetzen.

 

Nun plant ihr vor allem als Beratung, bezüglich alternativer Energien, für Unternehmen tätig zu sein. Was sind eure Leistungen? Wie unterscheidet ihr euch von anderen Unternehmensberatungen?

Wir unterstützen Unternehmen, Bildungseinrichtung, Gemeinden und Privatpersonen bei der Konzipierung und Umsetzung gemeinschaftlich finanzierter erneuerbarer Energieprojekte. Die Aufgabe von Collective Energy in den Projekten ist dem Kunden in unterschiedlichsten Punkten beratend zur Seite zu stehen und kompetent zu unterstützen.Kernstück unserer Beratungsleistung ist die Ausarbeitung des Beteiligungs- und Finanzierungsmodells. Je nach Wünschen des Kunden und der Dimensionierung des Projektes wird, den Zielgruppen entsprechend, ein passendes Realisierungsmodell erarbeitet. Darüber hinaus unterstützt Collective Energy den Kunden bei der Realisierung des Projektes in allen Bereichen, holt Angebote für die Errichtung der Anlage ein, klärt technische Fragestellungen, lotet Fördermöglichkeiten ab und steht als zentraler Ansprechpartner für die Koordinierung des Prozesses zur verfügen. Falls gewünscht helfen wir auch bei der Vermarktung des Projektes sowie bei der Kundenakquise. Was uns zu herkömmlichen Beratungsunternehmen in diesem Feld unterscheidet, ist auf jeden Fall die junge, dynamische Art in der Zusammenarbeit mit den Kunden und Prinzipientreue, die wir an den Tag legen sowie die geringen Kosten, die wir für unsere Leistungen verlangen. Bei der Wahl unserer Projektpartner ist uns Glaubwürdigkeit und Vertrauen sehr wichtig, denn uns geht es nicht darum Greenwashing zu betreiben. Wir möchten mit Menschen zusammenarbeiten, die ernsthaft einen nachhaltigen Weg einschlagen wollen sowie für den Grundgedanken des kollektiven Wirkens und den daraus entstehenden positiven Effekten, Bewusstsein schaffen.

Bild: Collective Energy

Bild: Collective Energy


Euer erstes Projekt ist gemeinsam mit Bruckners Bierwelt GmbH und trägt das Motto „Aus Sonne wird Bier – mit Dir“. Worum handelt es hier genau?

Wir realisieren gemeinsam mit der Brauerei Bruckner eine gemeinschaftlich finanzierte Photovoltaik-Anlage: Am Betriebsgelände in Gaming (NÖ) soll eine 20 Kilowatt-Peak PV-Anlage errichtet werden, deren Strom direkt und zu 100 Prozent von der Brauerei verbraucht wird. Die Besonderheit ist, dass die Finanzierung über die Kunden erfolgt. Interessierte können Sonnenstrom-Gutscheine zu je 200 Euro erwerben und bekommen als Gegenleistung 300 Euro in Form von Warengutscheinen innerhalb von 5 Jahren retour. Diese Warengutscheine können für jegliche Produkte der Brauerei eingelöst werden. Die Anlage wird gebaut, sobald alle 255 Gutscheine verkauft sind. Außerdem kann die Brauerei mit Hilfe der PV-Anlage 20 Prozent des gesamten Strombedarfs abdecken und 4 Tonnen CO₂-Äquivalente an Emissionen einsparen.

 

Wie viele Beteiligte braucht Ihr um den Plan verwirklichen zu können?

Unser Projekt mit der Brauerei Bruckner wird über 255 Sonnenstrom-Gutscheine finanziert. Dies ist in etwa der Projektumfang, auf welchem derzeit unser Fokus liegt.

 

Wie plant Ihr, Leute für solch ein Projekt begeistern?

Mit einem attraktiven Beteiligungsmodell. Uns geht es darum, die Menschen auf unterschiedlichen Ebenen zu erreichen. Jedes Projekt das wir umsetzen soll hohe ökologische Standards einhalten und den Menschen die Möglichkeit bieten „etwas Gutes für die Umwelt zu tun“. Ein zentrales Anliegen von uns ist es auch, einen finanziellen Anreiz zu bieten. „Es soll sich auszahlen“ , Teil unserer Projekte zu sein. Darüber hinaus bieten wir je nach Projekt die Möglichkeit, ein regionales Unternehmen, ein nachhaltiges Produkt, die eigene Gemeinde und Schulen in Nachhaltigkeitsbemühungen zu unterstützen. Für viele Menschen ist es auch wichtig ihre eigene Energie zu produzieren und sich von externen Abhängigkeiten zu lösen auch diese möchten wir in ihren Bestrebungen unterstützen.

 

Wann wird das Projekt, Ihrem Plan nach, Früchte tragen?

Nachdem es unser Ziel ist, die Energiewende voranzutreiben, trägt jedes Projekt Früchte, sobald es umgesetzt ist. Mit jedem realisierten Projekt wird der Wandel im Energiebereich vorangetrieben und Bewusstsein für die Notwendigkeit desselben geschaffen. Direkte Vorteile ergeben sich auch für die Unternehmen. Ist beispielsweise die Photovoltaik-Anlage erst einmal errichtet, bezieht man günstigen Öko-Strom und nach Ablauf der Amortisationszeit, führt der bereitgestellte Strom direkt zu Stromkosteneinsparungen. Bedenkt man, dass ein Photovoltaik-Modul eine Mindestlaufzeit von 25 Jahren hat, wird schnell klar, dass es auch aus finanzieller Sicht attraktiv ist.

Christoph Zinganell, Peter Bruckner, Patrick Würschl  Bild: Collective Energy

Christoph Zinganell, Peter Bruckner, Patrick Würschl
Bild: Collective Energy


Ihr plant auch noch weitere Projekte gemeinsam mit  anderen Unternehmen. Hab ihr bereits Genaueres im Kopf? Eine bestimmte Zielgruppe?

Die Tätigkeit von Collective Energy ist nicht auf eine Zielgruppe beschränkt und die Bandbreite von möglichen Projekten ist vielfältig. Collective Energy bietet ein Modell, welches, mit Unternehmen, Vereinen, Schulen, Universitäten, ökologischen Modellsiedlungen beziehungsweise Wohnkonzepten und alle jenen, die selbst ihre eigene Energie erzeugen wollen, umsetzbar ist. Wir möchten gerade zu Beginn bewusst unterschiedlichste Projekte umsetzen, um aufzuzeigen, dass das Prinzip der gemeinschaftlichen Finanzierung in den verschiedensten Bereichen umsetzbar ist. Wir fokussieren uns dabei auf Unternehmen, die bereits nachhaltig agieren oder ernsthaft eine nachhaltige Richtung eingeschlagen haben. Wie bereits erwähnt, sind wir auch für Projekte in anderen Bereichen offen.

 

Glaubt ihr, dass sich bereits genügend Leute für nachhaltige Projekte interessieren, um solche Innovationen mittels Crowdfunding zu finanzieren? Was muss passieren, damit Umweltprojekte „massentauglich“ werden?

Wir sind überzeugt, dass bereits jetzt genügend Menschen für grüne Crowdfunding-Projekte zu begeistern sind. Ein Indiz dafür ist die steigende Anzahl an umgesetzten Projekten und die rasche Ausfinanzierung dieser. Wesentlich, um auch eine breitere Masse mit derartigen Projekten zu erreichen, ist es, den Menschen ein attraktives Gesamtpaket anzubieten, dem sie vertrauen können und an dem sie sich einfach beteiligen können.  Personen sollen sich nicht nur aus ideellen Gründen an gemeinschaftlich finanzierten Projekten beteiligen, sondern wir möchten auch finanzielle Anreize bieten. Durch die regionale Verankerung unserer Projekte, die Beteiligung über kleine Geldbeiträge und die Einbindung möglichst vieler Menschen, möchten wir eine alternative Finanzierung für die Energiewende aufzeigen und gleichzeitig den Ansatz des kollektiven Handelns und damit auch die Idee des Crowdfunding im Umweltbereich „massentauglich“ machen.


In Österreich ist Crowdfunding bisher eine unübliche Art der Finanzierung von Unternehmen und Projekten. Warum ist das so?

Wir glauben, dass dies vor allem an den strengen rechtlichen Rahmenbedingungen in Österreich liegt. Durch die Vorgaben des Bankwesen- und das Kapitalmarktgesetzes ist der Handlungsspielraum bei gemeinschaftlich finanzierten Projekten stark eingeschränkt. Gerade im Energiebereich fehlt in Österreich eine geeignete Rechtsform – wie beispielsweise die Energiegenossenschaften in Deutschland – die eine Realisierung gemeinschaftlich finanzierter Projekte erleichtern würde und für diese Agenden optimiert ist. Hier besteht noch viel Optimierungsbedarf, daher sehen wir es auch als eine unserer zentralen Aufgaben, Bewusstsein und Aufmerksamkeit für Crowdfunding im Energiebereich zu schaffen. Einerseits um Druck auf die politische Ebene auszuüben, um hier den rechtlichen Rahmen entsprechend anzupassen und andererseits um aufzuzeigen, welch großes Potenzial im kollektiven Handeln zum Vorantreiben der Energiewende schlummert.


Könnte das in Zukunft anders sein, also Crowdfunding üblicher werden?

Ja, wir sind überzeugt davon. Die Menschheit steht vor der Aufgabe des Jahrhunderts: Nämlich die Energiewende zu realisieren, um die Auswirkungen des Klimawandels auf ein erträgliches Ausmaß zu reduzieren. Und diese Anstrengung kann nur durch einen kollektiven Kraftakt gemeistert werden. Crowdfunding bietet die ideale Möglichkeit um die Menschen stärker in den notwendigen Wandel in Richtung Nachhaltigkeit einzubinden. Es geht nicht nur darum, wie wir unsere Energie erzeugen, sondern auch darum zu überlegen, wie der angestrebte Wandel im Energiebereich finanziert werden kann und wer letztendlich im Besitz dieser Energie ist. Wir sind der Überzeugung, dass Menschen, die ihre eigene Energie produzieren auch sorgsamer mit dieser umgehen. Daher sehen wir, Collective Energy, es als unsere zentrale Aufgabe die Menschen mit an Bord zu holen, indem wir Bewusstsein und Begeisterung für die Energiewende vermitteln und ein attraktives Beteiligungsmodell anbieten, dass es jedem ermöglicht seinen Beitrag zu leisten.

 

Mehr Infos unter:
www.greenstart.at/projekte/collective-energy
www.facebook.com/collectiveenergy
twitter.com/CollectiveNRG

Projekt mit Bruckners Erzbräu „Aus Sonne wird Bier – mit Dir“:
www.erzbräu.at/pv-projekt

 

 

 

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