Segelwald: Aufforsten entwaldeter Atlantikinseln

SeglerInnen pflanzen Bäume zur CO2-Kompensation einer Atlantiküberquerung. Ein Erlebnisbericht eines Transatlantik-Reisenden

Jedes Jahr treffen sich im Herbst hunderte Segelyachten in Las Palmas auf Gran Canaria um mit der Atlantic Rallye for Cruisers (ARC) den Atlantik zu überqueren (veranstaltet vom World Cruising Club). Es ist keine Regatta im eigentlichen Sinne, das Konkurrenzdenken ist auf dem Niveau eines Volkswandertages. Das sichere Ankommen auf der anderen Seite des Teichs, in St. Lucia auf den kleinen Antillen, steht im Vordergrund. Zu dem Event gehört seit Jahren das ARC Forest Project: Vor dem In-See-Stechen fahren die Crews in die Berge von Las Palmas, um auf der Insel beim Wiederaufforsten zu helfen.

Wie in vielen anderen Regionen auch wurden über die Jahrhunderte die Wälder von Las Palmas zum Zwecke von Haus- und Schiffsbau gerodet. Von ursprünglich 80 Prozent Waldfläche blieben noch 3 Prozent auf der Insel über. Die Fundacion Foresta, eine NGO auf den kanarischen Inseln, hat maßgeblich dazu beigetragen, diese Zahl auf 15 Prozent zurückzubringen. Knapp 3000 der Bäume wurden von ARC-TeilnehmerInnen vor dem Aufbruch in Richtung Karibik gepflanzt.

Blick über den in den vergangenen Jahren gepflanzten Wald. Bild: Florian Grassl.

Auch dieses Jahr, trotz Corona, gehen insgesamt etwas über hundert Yachten bei der ARC an den Start (300 sind es üblicherweise in einem Jahr, verteilt auf zwei Events: ARC und ARC+, Letzteres mit einem Zwischenstopp auf den Kapverden) und wir von der Segelyacht Ibex sind ebenfalls dabei. Mit dem Aufforstungsbeitrag möchten wir SeglerInnen den CO2-Fußabdruck der Atlantiküberquerung kompensieren. Natürlich ist der CO2-Ausstoß beim Segeln selbst auf unseren eigenen menschlichen beschränkt. Auch die Stromerzeugung für Kühlschrank, Licht, Navigationssysteme & Co. funktioniert bei uns wie auch mittlerweile auf den meisten Yachten über eine Kombination aus Solarpaneelen und Windgenerator. Trotzdem müssen wir die Hafenmanöver mit dem Dieselmotor fahren. Unser Schiff ist von der Größe her im unteren Drittel angesiedelt, wiegt trotzdem 13 Tonnen – damit unter Segel anzulegen, würde in erster Linie Schaden an Schiffen, Stegen und Menschen verursachen (der E-Motor für den Schiffsantrieb ist noch reine Zukunftsmusik).

Die ARC+-TeilnehmerInnen beim Bäumepflanzen. Bild: Florian Grassl.

Des Weiteren ist ein ökologisches Leben an Bord eines Schiffes noch herausfordernder als zu Hause, nicht nur bezüglich CO2-Ausstoß: Man ist stark davon abhängig wie gut das Land, dessen Gewässer man gerade besegelt, diesbezüglich eingestellt ist. Während Gran Canaria ein gutes Mülltrennungs- und Recyclingsystem hat, ist das Thema Verpackung von Dingen des täglichen Bedarfs trotzdem ein Problem. Wir werden mit ca. 30 der 100 Schiffe einen Zwischenstopp auf den Kapverden einlegen. Da sieht es mit Recycling schon sehr schlecht aus. Wir werden also versuchen, zumindest, den wiederverwertbaren Müll trotzdem bis in die Karibik zu segeln: Auf St. Lucia wird wieder ganz gut recycled – auch wenn das an Bord ein kleine Herausforderung in Sachen Platz wird, der ohnehin schon an allen Ecken und Enden fehlt.

Diese Schiffe wurden bereits bevor sie 2017 von Hurrikan Irma auf den BVIs an Land gespült wurden nicht mehr benutzt. Bild: Florian Grassl.

Zugegebenermaßen ist die größte ökologische Herausforderung des Segelsports weniger der CO2-Ausstoß oder der »häusliche« Müll, sondern in erster Linie das »Verschrotten« unzähliger GFK-Yachten an ihrem Lebensende – de facto ein Giga-Müllberg, über den sich bisher nur wenige Gedanken machen.

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