Heiße Beats und hippes Gemüse: Gehst du mit zur Schnippeldisko?

Bild: Slow Food Deutschland/Janne Tervonen

Putzen, schnippeln, kochen, tanzen – die Schnippeldisko (Bild: Slow Food Deutschland/Janne Tervonen)

Am 16. Jänner findet in Berlin die größte Schnippeldisko Deutschlands in den Zirkuszelten von Cabuwazi am Ostbahnhof statt. Es wird getanzt und gekocht – für Ernährungssouveränität.

Was genau man unter „Schnippeldisko“ versteht, warum sie veranstaltet wird und wer dort anzutreffen ist – dazu stand Phoebe Ploedt von Slow Food Youth Deutschland Rede und Anwort.

BIORAMA: Die Schnippeldisko ist ein Format der Slow Food Youth Deutschland. Wie ist die Idee dazu entstanden?

Phoebe Ploedt: Die Verpflegung tausender Demonstranten zur Wir haben es satt!-Demonstration in Berlin sollte am Vortag mit Hilfe Freiwilliger bewerkstelligt werden. Die Motivation wird  mit Spaß und Rhythmus erhöht, nach getaner Arbeit und auch zwischendrin darf getanzt werden,  deshalb Disko. Dazu kamen dann die inhaltlichen Aspekt der geretten Lebensmittel,  die aufgrund von Form und Größe außerhalb der Norm nicht in die standardisierten Vertriebswege gelangen.

„Heiße Beats und hippes Gemüse“ – eine Tonne an Gemüse, das nicht unbedingt ins gängige Supermarkt-Schema passt, wird bei der Schnippeldisko zu einer Protestsuppe verarbeitet. Wogegen richtet sich dieser Protest genau?

Wir protestieren gegen die Gedankenlosigkeit mit der Tonnen von Lebensmitteln und dadurch auch menschliche und natürliche Ressourcen verschwendet werden. Das verbreitete Konsumverhalten fördert weltweit Strukturen der Ungerechtigkeit. Wir schauen auf die gesamte Wertschöpfungskette: Vom Saatgut über die Produktion, die Vertriebswege, den Handel. Wir wollen mit guter Laune beim Richtigmachen gegen die Zeigefingerpädagogik ein Zeichen setzen, denn: Geht nicht, gibt’s nicht!

Die Schnippeldisko verbindet Genuss mit Spaß und Verantwortung. Wer reagiert vorrangig auf diese Veranstaltung?

Wir sprechen damit eine große Bandbreite an Menschen an, altersmäßig wie auch kulturell. Essen geht einfach jeden an. Die Schwelle ins Gespräch zu kommen ist extrem niedrig. Schwerpunkt sind junge Menschen zwischen 18 und 25, junge Familien, die sich aufgrund ihres Nachwuchses stark mit dem Thema Ernährung beschäftigen und auch die Großeltern, die fit und interessiert sind und ihr Wissen weiter geben wollen. Wie zum Beispiel Dinge, die früher normal waren, wie Kochen mit Resten oder Mehlspeisen. Unser Ernährungssystem soll enkeltauglich gestaltet sein!

Bild: Slow Food Deutschland/Lotte Heerschop

Bild: Slow Food Deutschland/Lotte Heerschop

Gemeinsam kochen und essen, bei guter Musik – das klingt nach einem gelungenen Abend. Was im kleinen Rahmen mit Freunden gelingt, wird hier in einer großen Dimension umgesetzt. Mit Erfolg?

Beides ist wichtig: im Alltag im Kleinen die Gewohnheiten umstellen; das, was im Kleinen gut funktioniert muss aber im öffentlichen Raum laut und wild dargestellt werden. Die Aktion soll ein deutliches Zeichen setzen und wach rütteln. Wir bekommen mehr und mehr Aufmerksamkeit für unseren klulinarischen Ungehorsam. Auch öffentliche  Stellen spüren, wie wir den Nerv der Zeit treffen.

Eine Veränderung der Menschen im Umgang mit Lebensmitteln ist notwendig. Ist diese abzusehen bzw. wie kann sie erreicht werden?

Die Veränderung des Verhaltens kann erreicht werden, wenn wir immer mehr Menschen anstecken und sie dazu bereit sind, in ihrem Alltag  mit kleinen Veränderungen anzufangen. Wer wenigstens einmal pro Woche auf dem Markt in direkten Konktakt mit Produzenten kommt, lernt, was man mit einer Pastinake auf den Teller zaubern kann und kann die Wertschätzung für ein Lebensmittel ganz neu nachvollziehen. Am  Ende gelingt der Umbau des Systems, wenn nicht mehr der Preis beim Einkauf entscheidet, sondern der Wert, der dahinter steht. Auch an vielen anderen Stellen sollten wir die Lebensmittelkompetenz eines mündigen Bürgers überdenken und in die bestehenden Bildungssysteme integrieren. Unterstützend für das Gelingen der Veränderungen ist die Gesetzgebung als Rahmengeber durchaus nicht zu unterschätzen. Hier bleibt noch viel Arbeit zu tun. Aber: „Allem Anfang wohnt ein Zauber innne“. Mit immer neuen Anfängen bleibe ich motiviert!

Die Schnippeldisko findet am 16. Jänner 2015 am Berliner Ostbahnhof in den Zelten des Zirkus Cabuwazi statt. Die fünfte „Wir haben es satt!“-Demonstration startet am 17. Jänner 2015 um 12 Uhr am Potsdamer Platz.

www.slowfoodyouth.de

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