Mountainbiker sind auch Menschen

Mountainbiker sind im Wald und in der Natur nicht allen willkommen. Ein Gastkommentar von Franz Maier, Präsident des Österreichischen Umweltdachverbandes, über verhärtete Fronten. 

Feindbilder gehören gepflegt. Diesen Eindruck gewinnt man, wenn man den Diskurs zwischen Forst und Jagd auf der einen Seite und Mountainbikern oder Skitourengehern auf der anderen Seite verfolgt. Oder von einem heimtückisch gespannten Draht über eine Forststraße liest, den eine Mountainbikerin nur mit größtem Glück noch rechtzeitig entdeckt hat.

Als ich einmal bei einem Vortrag im Rahmen der Österreichischen Forsttagung erzählt habe, dass ich eine Jägerin und Blasmusikantin kenne, die begeisterte Downhillerin ist, wurde ich danach bestürmt, doch zu sagen, wer das sei. Groß war die Verblüffung darüber, dass eine Jägerin mit dem Downhillbike im Wald unterwegs ist.

Der Standort bestimmt den Standpunkt

Jeder von uns hat Feindbilder im Kopf – aber die Welt ist nicht Schwarz-Weiß. Es gibt Hunderte Forstleute, die begeisterte Freizeitsportler sind und keinen Widerspruch zwischen ihrer beruflichen Tätigkeit und ihrer privaten Passion erkennen können. Einmal bin ich mit einem Förster eine nicht für das Mountainbiken freigegebene Rundtour gefahren – wir waren eine Gruppe von über 20 Leuten, die Hälfte davon Kinder, und hatten einen schönen gemeinsamen Tag – und ein wunderbares Naturerlebnis. Wem haben wir geschadet?

Der gesellschaftliche Wandel schreitet voran. Rollenbilder und althergebrachte Zuschreibungen verschwimmen. Eine auf Integration ausgerichtete Interessenpolitik der Forstbranche darf sich dem nicht verschließen, sondern muss Lösungen anbieten und zu solchen bereit sein. Nur so kann der gesellschaftliche Wandel durch die forstlichen Akteure aktiv mitgestaltet werden. Freizeitsportler sollten nicht zwangsläufig als Gegner gesehen werden. Mountainbiker sind auch Menschen – oft haben sie sogar denselben Stallgeruch wie die Waldeigentümer.

Knackpunkt Wegehalterhaftung

Wenn es darum geht, Natursportler wie Mountainbiker oder Skitourengeher aus einem Gebiet fernzuhalten, wird oft mit dem Naturschutz argumentiert. Nicht selten ist dieses Argument aber nur vorgeschoben, um andere – meist wirtschaftliche oder jagdliche – Interessen zu verbrämen. Kaum ein Thema polarisiert in diesem Kontext ähnlich stark wie die Diskussion um die Benutzung von Forststraßen für Radfahrer. Während etwa die alpinen Vereine für eine generelle Freigabe sind, äußern Forstwirte Sicherheitsbedenken und fürchten Förster wie Naturschützer eine Störung der Tierwelt. Mit einer geordneten sukzessiven Freigabe auf Basis von Verträgen und Vereinbarungen würde man hier einen Schritt weiterkommen – und Emotionen aus der aufgeladenen Debatte nehmen. Ein Best Practice-Modell ist etwa der Trailpark Weidlingbach im Biosphärenpark Wienerwald, wo Bundesforste und Stift Klosterneuburg gemeinsam mit Mountainbikern ein attraktives Angebot entwickelt haben.

Wo die Fronten auf den ersten Blick verhärtet zu sein scheinen, liegen Lösungen für eine Konfliktbereinigung sehr oft gar nicht weit auseinander. Das Forstgesetz gibt vor, dass jeder den Wald zu Erholungszwecken (auch abseits von Wegen) betreten darf. Allerdings gibt es Einschränkungen wie beim Radfahren, welches nur mit Erlaubnis der Waldeigentümer gestattet ist. Argumentiert wird meist mit dem Sicherheitsrisiko, besonders im Zuge von Forstarbeiten. Angesichts dessen und der bestehenden Wegehalterhaftung verwundert es somit nicht, wenn Forstwirte und Waldeigentümer eine generelle Öffnung der Forststraßen ablehnen.

Eigenverantwortung gefordert

Die Öffnung neuer Strecken in Kombination mit einer entsprechenden Neuregelung des Wegehalterrechts wären entscheidende Maßnahmen für eine Lösung, mit der alle Seiten zufrieden sein könnten. Es muss durch eine Gesetzesänderung klargestellt werden, dass Waldeigentümer nicht für Unfälle haftbar gemacht werden können, die auf ihrem Grund passiert sind und auf waldtypische Risikosituationen zurückzuführen sind. Die Natursportler sollten selbst die Verantwortung für ihre Sicherheit tragen. Natürlich müssen darüber hinaus auch „Fair-Play-Regeln“ für den Wald befolgt werden – zum Nutzen von Bikern und Waldbesitzern – und nicht zuletzt auch der Natur!

Fazit: Forstwirtschaft und Mountainbiken müssten kein Gegensatz sein – Vorschläge für eine zeitgemäße gesetzliche Regelung des Miteinanders liegen auf dem Tisch. Feinbilder sind dazu da, überwunden zu werden.

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