To let go

Zum Mitnehmen? Alternative Verpackungen für Take-away-Gerichte und Lieferservices.

Man sieht Essen in gestapelten Plastikbehältern vom Lieferservice.
In Wien fallen jährlich 1700 Tonnen Verpackungsmüll durch Take-away-Verpackungen und Essenslieferungen an. Bild: Istock.com/XSandra.

100 Millionen Einwegverpackungen werden jedes Jahr allein in Wien verbraucht und direkt wieder weggeworfen. Durch die steigende Nachfrage nach Take-away- und Lieferservices sind auch die Müllberge durch Einwegverpackungen schnell angewachsen. Dabei leisten diese meist nur einen Dienst von wenigen Minuten, ehe sie wieder entsorgt werden. Längst ist es nicht mehr nur die Pizza, die geliefert wird. Restaurants stellen vor allem seit Ausbruch der Pandemie vermehrt ganze Menüs zusammen, mitunter wird jeder Gang in mehreren Plastikbehältern geliefert. Im Rahmen einer Marketagent-Studie aus dem Jahr 2021 wurden 1000 ÖsterreicherInnen befragt, wie oft sie essen bestellen. Vor Corona ließen sich nur 38 Prozent der Befragten mindestens einmal pro Monat mit Essen beliefern. Während der Pandemie war es jedeR Zweite, die oder der einmal oder sogar mehrmals pro Monat diesen Service nutzte.
Das österreichische Umweltbundesamt berechnete das Abfallaufkommen für das Jahr 2017. Einweggeschirr und Besteck zum Beispiel aus Gastronomie, Getränkeautomaten oder Volksfesten machte dabei rund 29.900 Tonnen aus. Der private Bedarf für Partys oder Picknick ist hier nicht miteinberechnet. 

Laut einer Prognose der Schweizer Großbank UBS wird die Anzahl von Essenslieferungen bis 2030 weltweit um 20 Prozent wachsen.


Eine Menge, die sich eigentlich ganz einfach reduzieren lässt. Ein guter Anfang ist die neue EU-Richtlinie für Einwegplastik, die am 3. Juli 2021 in Kraft trat. Allerdings beschränkt sich dieses Verbot nur auf Plastikteller und -besteck inklusive Rührstäbchen und Trinkhalmen. Getränkebecher wie der Plastikbierbecher im Fußballstadion oder der Coffee-to-go-Becher aus Papier mit Kunststoffbeschichtung sind weiterhin erlaubt. Ebenso der Einwegeisbecher aus buntem Plastik oder die To-go-Salatschale. Ganz weg sind die verbotenen Produkte übrigens ohnehin nicht. Denn sie dürfen zwar nicht mehr produziert, aber so lange verkauft werden, wie sie vorrätig sind. Die Auswirkungen dieser Regelung auf das Abfallaufkommen werden daher zum Teil erst über Jahre spürbar. Plastikfreien Ersatz für die in der Richtlinie verbotenen Einwegplastikprodukte gibt es allerdings längst. Genauso wie auch Alternativen zu jenen Einwegprodukten aus oder mit Plastik, deren Kauf und Verkauf weiterhin erlaubt ist. 

Mehrweglösungen für GastronomInnen und VerbraucherInnen

Während einige Restaurants Bowls, Suppen oder Currys schon lange in Einmachgläsern gegen Pfandeinsatz anbieten, füllen andere wie selbstverständlich Essen in mitgebrachte Tupperdosen oder Teller. Dieses eigentlich alte Konzept haben gleich mehrere Unternehmen aufgegriffen und eine Geschäftsidee daraus entwickelt. Das Kölner Unternehmen Vytal bietet beispielsweise ein System für VerbraucherInnen und Gastronomiebetriebe an. Die Firma ist in Deutschland, Österreich und Frankreich vertreten. Wer sich essen bestellt und Vytal nutzen möchte, sucht via App Restaurants, die dieses System nutzen. Die Speisen werden in Mehrwegverpackungen gefüllt. Diese können innerhalb von 14 Tagen von KundInnen zurückgegeben oder automatisch gekauft werden. Der Vorgang funktioniert via App. GastronomInnen sparen sich durch das Mehrweggeschirr Kosten für Einweggeschirr und zahlen stattdessen pro Befüllung eine kleine Gebühr an das Unternehmen. Nach demselben Prinzip funktionieren auch Leihsysteme von Relevo, Recycle oder Skoonu. Ein Geschäftsmodell, das vor allem ab 2023 essenziell werden könnte. Denn da tritt eine neue EU-Richtlinie in Kraft. Diese verpflichtet Restaurants, Bistros und Cafés dazu, ihre Produkte auch in Mehrwegverpackungen anzubieten. Diese Variante darf nicht teurer sein als Speisen und Getränke in der Einwegverpackung.

Die Firma Vytal erzeugt verschiedenste Formen von Gefäßen für unterschiedliche Gerichte und Getränke. Bild: Vytal.

Mehrweg ohne App

Wer als GastronomIn kein System nutzen, aber trotzdem Mehrweggeschirr anbieten möchte, kann Mehrwegschalen aus Holzmehl und Biopolymer für die Gastronomie kaufen. Diese sind spülmaschinenfest, können mit dem eigenen Logo bedruckt werden, sind stabil und kompakt stapelbar und bestehen zu 98 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen. Ein Beispiel dafür sind die Schalen von Häppy Bowl. KundInnen können die Schalen dann entweder behalten und selbst benutzen oder wieder zurückbringen. Für Kaffee oder Tee eignen sich zum Beispiel die Becher von Öko Cup.

Nachhaltigere Einweglösungen

Für kleine Imbisse sind Einwegverpackungen oft komfortabler und platzsparender. Vor allem, wenn ein Geschirrspüler fehlt. In diesen Fällen können Take-away-Verpackungen aus Zuckerrohr eine Lösung sein. Sie werden aus den Restfasern von Zuckerrohr hergestellt und sind somit ein Nebenprodukt der Zuckerproduktion. Die Produkte sind gemäß DIN-Norm 13432 biologisch abbaubar. Das heißt, dass sie sich unter bestimmten Bedingungen durch Mikroorganismen zersetzen lassen, also zum Beispiel auf dem Heimkompost. Das Zuckerrohr selbst stammt allerdings nicht aus biologischem Anbau.

Bis 2040 möchte die EU-Kommission den Verpackungsmüll in Europa deutlich reduzieren – pro Staat und pro Kopf um 15 Prozent im Vergleich zu 2018. Bis 2030 sollen alle Verpackungen komplett recycelbar sein.

Die Firma Duni stellt Pizzaboxen aus Bagasse her. Wiederum ein Material aus den Überresten der Zuckerrohrindustrie. Sie sind kompostierbar, aber nicht biozertifiziert. Ein wichtiger Fortschritt in der Verpackungsindustrie. Denn das österreichische Umweltministerium hat für das Jahr 2017 berechnet, dass 5300 Tonnen Abfall aus Pizzakartons angefallen sind. Üblicherweise sind diese Kartons zu stark verschmutzt, um als Altpapier recycelt zu werden, und werden daher dem Restmüll zugeführt. Dadurch wird dem Papier/Karton-Recyclingprozess eine große Menge an unbeschichteten Kartonagen entzogen, weil sie zu verschmutzt sind, als dass sie als Papier wiederverwertet werden können.

Wenn man die Verpackung mitessen kann

Das alte Eiswaffelprinzip lässt sich auch auf Rührstäbchen und Besteck umlegen: Die Produkte bestehen aus Schalenresten von Kakao oder Hafer. Biozertifiziert sind sie nicht, dafür aber vegan. Wer sie nicht essen will, kann sie auch am Kompost entsorgen. Solche Produkte sind beispielsweise von den Herstellern Kulero, Tutaka und Spoontainable erhältlich. Das Dresdner Unternehmen Füllet bietet vegane essbare Schüsseln in Bioqualität an. Aus Biomehl und Biorapsöl entsteht ein Teig, der in einem speziellen Backverfahren eine versiegelt wirkende Oberfläche erhält. Die Cups schmecken nach knusprigem Brot, können heiß oder kalt befüllt und sogar als Auflaufform im Backofen verwendet werden. Der große Vorteil von essbarem Geschirr: Nach dem Essen bleibt kein Müll übrig. 

BIORAMA BIOKÜCHE 2023 #0

Dieser Artikel ist im BIORAMA BIOKÜCHE 2023 #0 erschienen

Biorama abonnieren

VERWANDTE ARTIKEL