2 Jahre, 2 Millionen.

Der digitale »Bauernmarkt« Markta ist selbst der Kleinstruktur entwachsen, will aber seinen Prinzipien treu bleiben: Gründerin Theresa Imre erklärt, wie das funktioniert.

Markta Paket
Die Pakete von Markta werden durch mit Papier ummantelte Schafwolle gekühlt. Bild: Christoph Kleinsasser.

Theresa Imre war jahrelang Teil des Foodbloggerinnen-Duos hinter »Eingebrockt und Ausgelöffelt«. In dieser Funktion hat sie den Rezeptteil vieler BIORAMA-Ausgaben bereichert. Heute haben wir sie um ein Interview gebeten, denn sie betreibt inzwischen den Onlinebauernmarkt Markta, und das ziemlich erfolgreich. Wir wollten wissen, wie der »digitale Bauernmarkt« für Produkte »aus nachhaltiger Kleinproduktion« funktioniert, was man dort bekommt und wie er innerhalb eines Jahres um das Zwanzigfache wachsen konnte. 

BIORAMA: Ist Markta.at ein Onlinehändler oder eine Direktvermarktungsplattform?
Theresa Imre: Wir verstehen uns in erster Linie als Direktvermarktungsplattform, sind aber natürlich dazwischen und beides. Und wir bieten LebensmittelproduzentInnen und KonsumentInnen grundsätzlich zwei Optionen an: einerseits die Shops auf dem Marktplatz auf unserer Website, wo der/die ProduzentIn dann alles vom Angebot bis zur Abwicklung der Bestellungen selbst übernimmt. Andererseits die Listung direkt in unserem Markta-Shop, wo gesammelt durch uns verpackt und versendet wird. Für unseren Markta-Shop gibt es derzeit eine Warteliste von 250 Betrieben, wer im Marktplatz gelistet sein will, kann das innerhalb von drei Tagen sein.

Wie viele entscheiden sich hier für welches Modell?
Derzeit erzielen wird zehn Prozent des Umsatzes über den Marktplatz und 90 Prozent mit dem Markta-Shop. Das liegt vor allem daran, dass KundInnen meistens Produkte mehrerer ProduzentInnen in einem Paket geliefert haben wollen.

Wo liegt eure Marge und wie ermittelt man die auf eine faire Art und Weise?
Wir bekommen 30 Prozent des Verkaufspreises, 70 Prozent bekommt der produzierende Betrieb. In den 30 Prozent sind die Verarbeitung der Anlieferung, das Packen und das Ausliefern inkludiert. Uns bleiben zurzeit nur ein paar Euro pro Packerl, um die Fixkosten zu decken, dadurch müssen wir auch skalieren und größer werden, damit wir weiterhin den ProduzentInnen gerechtfertigte Preise bezahlen können, aber nicht als Bobo-Plattform abgestempelt werden. Unsere Durchschnittsbestellung wächst stark und liegt mittlerweile bei 70 Euro.

Markta ist als Marke stark präsent, wie ist die Balance zwischen eigener Marke und Namen und Marke der ProduzentInnen?
Wir versuchen gezielt, ProduzentInnen und ihre Marke nach vorne zu stellen, etwa über den Newsletter, wo wir auch zeigen, wer hinter dem Produkt und der dazugehörenden Marke steht. 

Ist euch ein PartnerInnenbetrieb lieber, der schon eine Marke ist, oder ein noch unbekannter Newcomer?
Wir brauchen beides. Natürlich sind wir stolz darauf, dass wir Produkte haben, die man vielleicht noch nicht kennt, die man bei uns entdeckt. Aber wir profitieren auch von starken Marken, die wir anbieten können.  

Was habt ihr dabei von anderen gelernt und was können andere von euch lernen?
Wir werden im Jänner unsere Website relaunchen und mehr auf Storytelling setzen. Wir werden hierfür mehr Content über die Betriebe bieten. Wer besondere Produkte hat, soll das auch erzählen. Das interessiert unsere KundInnen. 

Was muss eine Bäuerin oder ein Bauer tun, damit ihre Marke über euch bekannter wird?
Das Erste, was mir einfällt, wäre, an der Verpackung zu arbeiten. Das Produkt kann noch so gut sein, wenn alles in einförmigen Plastiktegerln mit handbeschriftetem Klebeetikett daherkommt, ist das zwar authentisch, aber da ist eben nicht nur der Umwelt zuliebe Luft nach oben, sondern auch in puncto Markenbildung.

Apropos Verpackung: Wie versendet ihr Kühlware, wenn ihr ohne Kühlwagen ausliefert?
Wir isolieren Kühlware durch Verpackung mit Schafwolle. 

Hat Markta.at Mitbewerb? Etwa die eigenen Onlineshops der Bauern?
Der Biohof Adamah ist schon ein Mitbewerb – aber eher Partner für dieselbe große Sache –, wir verkaufen auch seine Produkte. Wir versuchen halt, ein Kistl für viele Produkte anzubieten. 

Bei euch kann man so gut wie alle basalen Lebensmittel des täglichen Bedarfs beziehen – ist letztlich auch der Supermarkt eurer Mitbewerb?
Bei uns kaufen viele Leute ein, die ihre Lebensmittel zuvor vorwiegend im Supermarkt eingekauft haben. Ich wünsche mir natürlich, dass unsere KonsumentInnen zu schätzen wissen, dass wir mit harter Arbeit hohe Standards ermöglicht haben. Es wird aber vermutlich künftig unterschiedlichere Onlineangebote geben. 

Etwa gurkerl.at?  
Ich bin gespannt auf das Sortiment, weil es aktuell nach sehr konventioneller Industrieware aussieht und regionale Betriebe als Aushängeschild benützt werden. Das macht mich skeptisch. Den Markt wird es beleben. 

Ihr habt euch im Bestellungsvolumen 2020 mehr als verzwanzigfacht – wie kann man Kapazitäten so schnell anpassen?
Es ist anstrengend, aber auf eine gute Weise, denn es bedeutet ja Erfolg und Bestätigung für die viele Arbeit, die man reingesteckt hat. Wir mussten in den Strukturen in fast jeder Hinsicht wachsen. Da, wo wir noch nicht mitgewachsen sind, werden derzeit Lösungen gesucht. Druck macht uns aber auch die Erwartungshaltung der KundInnen. Fehler werden eigentlich nicht toleriert. Der Kunde/die Kundin hat die Bestellung mit den Plänen für das Abendessen abgestimmt, wenn dann ein Produkt in der Lieferung fehlt, wird das nicht ohne Weiteres akzeptiert. 

Da sind KundInnen, die gezielt regionale Produkte einkaufen wollen, auch nicht gnädiger als andere?
Grundsätzlich sind die Erwartungen hoch, die KundInnen sind es von den Riesen aus dem klassischen Versandhandel gewohnt, dass es schnell geht und die Fehlerquote niedrig ist. Wir werden automatisch damit verglichen und sind jetzt an dem Punkt, wo wir sagen können: Egal, was du bestellst, innerhalb von 48 Stunden ist die Lieferung bei dir. 
Wir haben allein zwei Mitarbeiterinnen, die im KundInnenservice arbeiten. Damit wir entsprechenden Service bieten und möglichst frühzeitig mitteilen können, wenn ein Produkt einmal nicht verfügbar ist und wir ein Ersatzprodukt in die Lieferung packen. 

Müsst ihr aufgrund eurer Größe schon wie Lebensmitteleinzelhandelsketten auftreten und euch PartnerproduzentInnen suchen, die zu berechenbaren Terminen sehr große Liefermengen garantieren können?
Nein. Aber wir müssen streng sein, was die Einhaltung von Vereinbarungen angeht. Wir brauchen frühestmögliche Information, wenn etwas nicht klappt und beispielsweise die Rehe den Salat aufgegessen haben oder über Nacht ein Fischteich gekippt ist. 

Wenn Lieferungen nicht kommen?
Nicht oder nicht zum vereinbarten Zeitpunkt. Wenn eine Bäuerin oder ein Bauer einfach zwei Stunden später kommt als zum vereinbarten Lieferslot, dann steht das Werkl. Dann stehen mehrere MitarbeiterInnen rum und warten darauf, Ware entgegenzunehmen, zu sortieren und zu verpacken. Und gleichzeitig kommen wir aus dem Zeitplan für die nächste Anlieferung. Es hat ein bisschen gedauert, bis wir manchen Betrieben vermitteln konnten, dass und warum das für uns nicht tragbar ist. 

Ihr habt standortbedingt einen Fokus auf Wien und Niederösterreich – bei den KundInnen, aber auch bei den ProduzentInnen. Wollt ihr auch da über euch hinauswachsen?
Ja. In ein bis zwei Jahren möchte ich da eigentlich auch dezentraler sein. Mit einem weiteren Logistikzentrum in einem anderen Bundesland und regionalen PartnerInnen. Und eventuell auch mit einem Franchisesystem. Wie das genau ausschauen wird, weiß ich noch nicht.

Auf eurer Website konnte man seit Beginn nach Bioprodukten filtern. Gestartet seid ihr mit niedrigem Bioanteil, da hat sich was getan, richtig?
Ja, bei dem, was wir selber listen, sind jetzt über 80 Prozent biozertifiziert und dann weitere 15 Prozent in Umstellung, bleiben fünf Prozent an Produkten, die nicht bio sind, die wir zu unseren Kriterien derzeit nicht in Bioqualität bekommen.

Wie ist diese Veränderung zu erklären, könnt ihr euch jetzt aussuchen, mit wem ihr zusammenarbeitet?
Natürlich war die Richtung und der Wunsch, immer möglichst viel Bio zu haben. Und ja, wir haben inzwischen mehr Möglichkeiten, wichtiger ist aber: Es hat sich auch bei den ProduzentInnen was getan, es steigen laufend welche auf Bio um und wir freuen uns, wenn wir dazu beitragen.  

Bietet ihr Beratungsleistungen an?
Wir treffen jeden PartnerInnenbetrieb zwei Mal jährlich für wechselseitiges Feedback. Das ist für uns wertvoll und wir geben auch Erfahrungen an die Betriebe weiter. Daraus hat sich ein Netzwerk an Kontakten zu SpezialistInnen ergeben, die wir gerne teilen. Etwa wenn es um professionelle Bilder geht von AnbieterInnen, die wissen, was gebraucht wird. 

Theresa Imre (30) ist Gründerin und CEO von Markta. Bild: Pamela Rußmann.

Einige der Rezepte, die »Eingebrockt und Ausgelöffelt« in BIORAMA veröffentlicht haben, sind online hier zu finden. 

Der digitale Bauernmarkt ist online auf markta.at, die Shops der ProduzentInnen auf markta.at/marketplace zu finden.

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