Die etwas anderen Pflaumen

Kriecherl, Mirabellen, Zwetschken oder doch Ringlotten – die Welt der Pflaumen ist vielfältig und verwirrend. Eine kleine Orientierungshilfe im Obstdschungel.

Ringlotten werden mit Kirschpflaumen veredelt.
Ringlotten sind groß und süß. Aufgrund des geringen Säuregehalts kann man sie nur schwer einkochen. Bild. Wikimedia Commons.

Sind Kriecherl, Mirabellen und Ringlotten nicht eh alle das Gleiche? Nicht ganz. Sie sind zwar Teil der Gattung Prunus, also der Pflaume, aber verschiedene Unterarten. Unterarten von Pflaumen gibt es ganz schön viele, eine der bekanntesten ist wohl die Zwetschke. Für viele dieser Arten gibt es noch regionale Begriffsunterschiede, was die Unterscheidung noch komplizierter gestaltet. BIORAMA wandte sich deswegen an Obstexperten um den entstandenen Knoten im Kopf zu entwirren: Elisabeth Schüller vom Verein Arche Noah, der sich für den Erhalt der Kulturpflanzenvielfalt einsetzt, und Christian Bisich, Obmann des Vereins Genussregion Waldviertler Kriecherl.

Die Wilde: das Kriecherl

Eine der ursprünglichsten Sorten ist das Kriecherl. Dabei handelt es sich um eine Wildobstsorte, das heißt die Pflanze ist wurzelecht (die Wurzeln haben also die gleiche DNA wie die Pflanze darüber) und somit unveredelt. Die ältesten Funde einer Pflaumen-Unterart waren Kriecherl, sie wurden bereits in der Jungsteinzeit vor etwa 3.000 Jahren in Europa kultiviert. Während die Bezeichnung Kriecherl typisch österreichisch ist, wird in Deutschland eher der Begriff Haferschlehe verwendet.

Kriecherl sind wurzelecht und unveredelt.

Während in vielen Regionen Kriecherl blau sind, wächst im Waldviertler eine gelb-grüne Sorte. Bild: Christian Bisich.

Je nach Region können die Früchte auch sehr unterschiedlich aussehen. Das grün-gelbe Waldviertler Kriecherl kommt, wie der Name bereits andeutet, tatsächlich nur im niederösterreichischen Waldviertel vor. Lediglich im alpinen Raum in Tirol gibt es eine ähnliche Sorte. In anderen Teilen Österreichs, in Deutschland und Großbritannien wächst eine blaue Ausprägung , die sich auch geschmacklich von der Waldviertler Sorte unterscheidet. Sie ist etwas säuerlicher.

Kriecherl enthalten im Vergleich zu Zwetschken und Pflaumen relativ wenig Zucker, weisen aber einen hohen Fruchtsäureanteil auf. Dadurch eignen sie sich besonders gut zum Marmeladeeinkochen, denn je mehr Säure, desto besser geliert eine Marmelade. Im Gegensatz zu Zwetschken sind Kriecherl nicht steinlösend, man kann das Fruchtfleisch also nicht schön vom Kern trennen. Die ganze Frucht zum Backen zu verwenden, wird also eher schwierig. Dafür macht sich Kriecherlmarmelade umso besser in Torten oder Kuchen. Früher wurden die Früchte oft mit dem Stein getrocknet, der nach dem Verzehr einfach ausgespuckt wurde.

Ringlotten werden mit Kirschpflaumen veredelt.

Ringlotten sind groß und süß. Aufgrund des geringen Säuregehalts kann man sie nur schwer einkochen. Bild. Wikimedia Commons.

Die Edlen: Ringlotte und Mirabelle

Ringlotten – alternativ: Renekloden, Reineclaude oder Ringelotte – und Mirabellen sind, im Gegensatz zu Kriecherl, veredelte Sorten. Sie sind also nicht wurzelecht. Die Veredelung von Pflanzen läuft im Prinzip so ab, dass man einen Teil einer Pflanze auf eine andere transplantiert. Während wurzelechte Pflanzen also nur ein Set an Genen besitzen, kommen bei veredelten Pflanzen mehrere zusammen. Ringlotten wurden gezüchtet, um immer größer und süßer zu werden. So süß sie auch sind: sie enthalten wenig Säure. Man kann Ringlotten also schlecht einkochen. Am besten verzehrt man sie frisch.

Die Mirabelle ist dem Kriecherl schon ähnlicher. Beide sind in etwa gleich groß und haben eine ähnliche Form. Mirabellen kamen aus Frankreich zu uns. Der Mirabellgarten beim Schloss Mirabell in Salzburg verdankt seinen Namen den Mirabellenbäumen, die früher dort wuchsen. Geschmacklich sind sie sehr süß und aromatisch – wie Ringlotten enthalten sie wenig Säure. Natürlich kann man auch Mirabellen frisch essen, besonders gut machen sie sich aber gebrannt: als Schnaps.

In Salzburg findet man den Mirabellengarten, der seinen Namen den Mirabellenbäumen verdankt.

Mirabellen sind eine veredelte Prunus Art. Sie sind süß und bieten viel Aroma. Bild.: Stanislas PERRIN auf Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0).

Die Andere: die Kirschpflaume

Wie bereits erwähnt, Pflaumenarten gibt es wie Sand am Meer. Da gibt es zum Beispiel noch die Spillinge (auch: Spänlinge oder Spenlinge), die regional in verschiedenen Ausprägungen vorkommen. Auch Zwetschken unterteilen sich wieder in viele Sorten von Echter bis Edel-Zwetschke. Eine Sorte, die oft mit dem Kriecherl verwechselt wird, aber auf keinen Fall ein solches ist, wie Christian Bisich betont, ist die Kirschpflaume. Die Kirschpflaume kam aus dem Kaukasusgebiet nach Mitteleuropa und wird oft als Veredelungsgrundlage für Marillen, Zwetschken oder eben Ringlotten herangezogen.

Neben roten gibt es auch gelbe Sorten der Kirschpflaume, die dem Waldviertler Kriecherl zum Verwechseln ähnlichsehen. Verwechslungsgefahr besteht hier jedoch nicht nur beim Aussehen, denn auch die Kirschpflaume hat viele Namen. In manchen Regionen als Türkenkirsche, Sterninkel oder Därgelkersch bekannt, trägt sie in Bayern den Namen Kriachlbaum. Also ein Kriachl, aber kein Kriecherl.

Andere Namen für die Kirschpflaume: Türkenkirsche, Sterninkel, Därgelkersch oder Kriachlbaum.

Rote Kirschpflaumensorten lassen sich leicht von Kriecherl unterscheiden. Bei gelben wird es schon schwieriger. Bild: pixabay.com.

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