Durch den Verlust des Meereises müssen Kegelrobben-Mütter auf gefährliche Alternativen ausweichen.

Eine Kegelrobbe, die im Kelpwald vor den Shetlandinseln taucht, während jagende Orcas nahen (oben), und ein Junges und seine Mutter an der Ostseeküste Estlands (unten): Die Kegelrobben sind eine von 30 im Bildband »Unsere Meere« portraitierten Bewohner von  Nord- und Ostsee. Auf der Insel Sareema, bekommen die Robben erst seit Kurzem ihre Jungen – nämlich seit kein Meereis hier mehr vorhanden ist, auf dem Mütter und Junge sicher vor den meisten Räubern sind. Den Müttern ist an Land allerdings schnell zu heiß, ihnen droht an Land der Hitzschlag, und daher verlassen sie die Babys immer wieder für ausgedehnte Bäder. Währenddessen robben an Land die Jungen auf der Suche nach ihren Müttern herum und oft finden sich beide nicht rechtzeitig wieder. Der Klimawandel zehrt an den Kräften der Kegelrobben, sie geben weniger Milch. Das Foto zeigt zwei, die sich nochmal wiedergefunden haben. 

Eine Kegelrobben-Mutter und ihr Junges haben sich an der Ostseeküste Estlands wiedergefunden. Bild: Martina Andrés.

»Es ist mehr oder weniger immer das gleiche Bild: Ein Kind kommt einer fremden Mutter näher und beschnüffelt sie. Vielleicht will es nur prüfen, ob das die Mutter ist, vielleicht bettelt es um Milch? Sobald das Weibchen erkennt, dass es sich nicht um ihr eigenes Kind handelt, wird dieses mit einer eindeutigen Drohgebärde verscheucht. Reicht die Drohgebärde nicht, packt es das Weibchen das Baby mit seinem Maul und wirft es dann im hohen Bogen davon. Wer diese Aufnahmen sieht, muss das fast zwangsläufig als äußerst brutal auffassen. Tatsächlich sind die Weibchen einfach unheimlich gestresst. Sie können sich, wenn überhaupt, nur um ihr eigenes Kind kümmern. Es sind ergreifende Bilder, die mein Team am Ende mit nach Hause bringt. Bilder, die das Leid, das die globale Erwärmung hervorruft, deutlicher kaum zeigen könnte.«
– Thomas Behrend, in »Unsere Meere – Nord- und Ostsee«.

Das Buchcover von »UNSERE MEERE – Nord und Ostsee.«

»UNSERE MEERE – Nord und Ostsee.«, von Thomas Behrend, 2023, Frederking & Thaler.

Mehr Informationen zur Lage der bedrohstesten Arten finden sich etwa im regelmäßig erscheinenden Reports des World Wildlife Fonds WWF. Die berühmteste Art, die durch das Verschwinden des Meereises vermutlich aussterben wird, ist der Eisbär. Einige immer wieder kursierende skurrile Ideen zu dessen Rettung, die allesamt nicht bei den wirklichen Ursachen des Artensterbens ansetzen, wurden 2019 vom WWF in einem Advertorial beantwortet.

BIORAMA #86

Dieser Artikel ist im BIORAMA #86 erschienen

Biorama abonnieren

VORGESCHLAGENE ARTIKEL DER REDAKTION