»Das größte Sicherheitsrisiko ist der Klimawandel« – Bunny McDiarmid im Interview

Einst leistete Greenpeace-Chefin Bunny McDiarmid Dienst an Bord der legendären Rainbow Warrior. © Greenpeace / Dave Hansford

Von der Deckarbeiterin auf dem Greenpeace-Schiff zur Geschäftsführerin – Bunny McDiarmid machte Karriere bei Greenpeace. Ein Gespräch über Aktivismus, Atomwaffen und den Mann mit dem blonden Haar.

BIORAMA: Seit mehr als einem Jahr sind Sie Geschäftsführerin von Greenpeace. Wie genervt sind Sie inzwischen eigentlich von Fragen über Donald Trump?

Bunny McDiarmid: (lacht) Ich bin nicht genervt. Die Wahl von Donald Trump ist sicherlich schlecht für die Umwelt. Das zeigt sich bereits bei seinen Nominierungen für die Ministerposten. Die Wahl war aber auch ein Weckruf. Es beschäftigen sich nun mehr Menschen als vor einem Jahr mit (Umwelt-) Politik. Vielen ist jetzt bewusst, dass die Menschen nicht nur am Wahltag, sondern täglich Entscheidungen für nachhaltige Welt treffen können und müssen.

BIORAMA: In ihrer aktivistischen Arbeit haben Sie vor allem gegen Atomwaffen protestiert. In einem Tweet hat Donald Trump eine Erweiterung der Nuklearwaffenkapazität der USA zumindest angedeutet – wie glauben Sie wird sich seine Präsidentschaft auf die Atomwaffenkapazität weltweit auswirken?

Bunny McDiarmid: Das letzte, was die Welt benötigt, ist ein Rüstungswettbewerb. Die USA besitzen mehr Nuklearwaffen als alle anderen Länder gemeinsam. Es gibt keinen Grund, dieses Arsenal zu erweitern. Trumps Regierung investiert das Geld der US-Bürger in die falschen Stellen, wenn sie dadurch die Sicherheit des Landes erhöhen will. Das Pentagon hat darauf hingewiesen, dass das größte Sicherheitsrisiko für die USA der Klimawandel ist.

BIORAMA: Wie hat Ihr Aktivismus gegen Atomwaffen begonnen?

Bunny McDiarmid: Bei meiner ersten Greenpeace-Aktion wurden 1985 die Bewohner der Rongelap-Atolle in den Marshallinseln von ihrer Heimatinsel auf eine andere Pazifik-Insel übersiedelt. 20 Jahre nachdem ihre Insel im Zuge eines Nuklearwaffentests des US-Militärs radioaktiv verseucht wurde, hatten die Bewohnern noch immer gesundheitliche Probleme. Weil sie skeptisch gegenüber der US- und der eigenen Regierung waren, haben sie Greenpeace um Hilfe gebeten. Die Einwohner von Rongelap sind Überlebenskämpfer. Sie haben über Jahrhunderte auf ihren kleinen Inseln überstanden. Als wir die Bewohner evakuierten, wurde mir bewusst, wie schädlich Nuklearwaffen auf die Umwelt und Menschen für Generationen sind.

© Carl Naus / Greenpeace

BIORAMA: Heute sind diese Pazifikinseln stark von einem fortschreitenden Klimawandel betroffen.

Bunny McDiarmid: Die Pazifischen Inseln, wie eben die Marshallinseln, sind niedriggelegene Atolle. Der Anstieg des Meeresspielgels und extreme Wetterevents haben enorme Auswirkungen auf diese Länder. Deshalb hat die Bevölkerung ein völlig anderes Bewusstsein für den Klimawandel. Als ich Kiribati in den späten 1980er Jahren besucht habe, sagte der damalige Präsident der Insel zu mir: »Du weißt, was das bedeutet? Es bedeutet, dass in 50 Jahren meine Heimat kaum bewohnbar sein wird. 50 Jahre später wird meine Sprache und weitere 50 Jahre danach meine Kultur verschwunden sein«. Für diese Nationen ist es entscheidend, dass sich die globale Mitteltemperatur nicht um mehr als 1,5 Grad erhöht. Das ist das Ziel des Klimagipfels von Paris. Wir müssen sehr hart und schnell daran arbeiten, dahin zu kommen. Die Länder im Pazifik sind das beste Beispiel, warum.

BIORAMA: Vermissen Sie jetzt als Geschäftsführerin nicht diesen direkten Zugang zu den Geschehnissen?

Bunny McDiarmid: Ich habe in meinem ersten Jahr als Geschäftsführerin Zeit im Amazonas verbracht, um gemeinsam mit der indigenen Bevölkerung der Munduruku gegen das Wasserkraftwerk am Tapajós-Fluss zu demonstrieren. Ein Projekt, dass das Herz des Amazonas beeinflussen könnte. Ich habe das Gefühl, dass ich in den entscheidenden Momenten, wenn es wirklich zählt, draußen sein kann. Es ist wichtig, nicht zu abgehoben zu sein und doch den Überblick über das Gesamtsystem zu haben.

BIORAMA: Mit dem Blick auf das Gesamtsystem: Lässt sich unser kapitalistisches Wirtschaftssystem noch »ergrünen«?

Bunny McDiarmid: Eine Gesellschaft sollte die Möglichkeit bieten, kreativ und eigenständig zu sein. Aber nicht zum Nachteil des Kollektivs. Leider ist unser wirtschaftliches Denken individualistischer geworden und nicht im Einklang mit der Natur. Es basiert auf dem Glauben, dass endloses Wachstum möglich ist. Wir haben aber natürliche Grenzen. Wir müssen daher die Art und Weise verändern, wie wir wirtschaften. Weil es nicht funktioniert. Nicht für den Menschen und nicht für die Natur.


Wer Bunny McDiarmind selbst Fragen stellen oder einfach bei ihrem Vortrag zuhören möchte, der hat bei den Wiener Erdgesprächen dazu die Gelegenheit.

Erdgespräche 2017
Datum: 27. Apr 2017
Zeit: 16:45
Location: Halle E, Museumsquartier

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