My heart goes boom boom boom

Abfahrt zum Planet’13
Bild: OÖ PfadfinderInnen

4.000 Pfadfinder aus 17 Ländern lagerten Anfang August in St. Georgen/Attergau. Das alle fünf Jahre stattfindende, oberösterreichische Landeslager stand diesmal unter dem Motto „Planet’13 – My heart goes boom boom boom“. Programmatisch im Mittelpunkt: die Vielfalt und die Schönheit unseres Planeten.

Auch das N-Wort, die Nachhaltigkeit, spielte dabei eine Rolle. BIORAMA hat Birgit Sedlmayer vom Kommunikationsteam des Planet’13 interviewt.

 

BIORAMA: „Planet’13“ hat sich dem Thema Nachhaltigkeit gewidmet: Was war an „Planet’13“ so besonders nachhaltig – was unterscheidet es rückblickend von anderen Pfadfinderlagern?

Birgit Sedlmayer: Es sind zwei Bereiche: einerseits das Programmangebot, alle Aktivitäten mit denen sich die Kinder und Jugendlichen 10 Tage lang inhaltlich beschäftigen. Und andererseits die Veranstaltung selbst. Hier wollten wir als Veranstalter als Vorbild agieren und haben die gesamte Vorbereitung und Durchführung in der Organisation, Logistik, Verpflegung, Transporte, Gastronomie immer mit der Brille der Nachhaltigkeit betrachtet – also entschieden: Brauchen wir das, hilft uns das, gibt es Alternativen?

Gibt es einen besonderen Anlass, warum heuer gerade dieses Thema gewählt wurde?

Vor 5 Jahren stand mit dem „Aqua“ das Element Wasser im Mittelpunkt, diesmal haben wir das Thema weiter gefasst und uns den ganzen Planeten zum Thema genommen. Die Vorbereitungen haben vor drei Jahren begonnen, der Start war die inhaltliche Auseinandersetzung im Team des Landesverbandes Oberösterreich welches Thema uns so wichtig ist, dass wir uns die nächsten Jahre damit beschäftigen möchten.

Sind die Pfadfinder nicht ohnehin sehr umweltbewusst und naturnah?

Ja, wir Pfadfinder und Pfadfinderinnen haben den Umweltschutz ja eigentlich erfunden. Jetzt war es an der Zeit, das Thema Nachhaltigkeit und vor allem die Freude an der Schönheit und Vielfalt unseres Planeten in den Mittelpunkt zu stellen – nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern durch Begeisterung, Spaß, Information und eine gehörige Portion Abenteuer.

Wir möchten das Gesamtbild erkennen, das Thema Umwelt und Ressourcen ist nur einer von acht Schwerpunkten, wir möchten den jungen Menschen in seiner Gesamtheit erfassen und begleiten auf seinem Weg zum Erwachsenwerden und zur Selbständigkeit. Da gehört Nachhaltigkeit in viel mehr Lebensbereiche als nur in den Umweltschutz.

Spielerisch über unseren Planeten lernen
Bild: OÖ PfadfinderInnen

In welchen organisatorischen Bereichen findest du dieses Motto besonders gut umgesetzt?

Eigentlich in allen: Angefangen von der Verpflegung: wir haben ganz stark auf regionale Lebensmittel-Lieferanten für Brot und Fleisch gesetzt, es gab keine Fertig- und Tiefkühlprodukte bei der Teilnehmerverpflegung, über die Textilien: Die beliebten Lager-T-Shirts und unsere Planet’13-Halstücher waren heuer erstmals bio, fair und klimaneutral bei einem uns bekannten Lieferanten in Indien hergestellt worden – sehr aufwändig in der Organisation, aber nur marginal teurer in der Produktion. Das sollte ein neuer Standard für PfadfinderInnen-Bekleidung werden.

Auch wir im Kommunikationssteam haben uns überlegt, was wir beitragen können in unseren Aufgaben. So haben wir nun einen großen Teil der Kommunikation mit den Teilnehmern und dem Team in elektronischer Form abgewickelt und nicht mehr über aufwändige gedruckte Ausschreibungen.

Dazu kommt, dass wir mit dem Scout Camp Austria in St. Georgen / Attergau eine tolle Infrastruktur haben: Ein Lagerplatz mit mehr als 50.000 m2, der uns oberösterreichischen Pfadfindern gehört und der immer genutzt werden kann: Da ist schon alles verfügbar: Wasser- & Abwasserversorgung, Sanitäranlagen, Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln mit der Attergauer Bahn, ein kleiner Bach mittendurch u.v.m. So müssen wir nicht alle fünf Jahre das Landeslager „auf die grüne Wiese“ stellen – wie es oft bei Festivals oder andern vergleichbaren Veranstaltungen leider der Fall ist.

Die Lager T-shirts und Halstücher wurden alle bio, fair in Indien produziert

Bio, faire und klimaneutrale Produktion der Lager-Textilien 
Bild: OÖ PfadfinderInnen

Und wo gibt es noch Verbesserungsbedarf?

Lern- und Verbesserungsbedarf gibt es immer und überall: Wir evaluieren nach Abschluss des Events alle einzelnen Bereiche, was wir uns konkret vorgenommen haben und wie weit wir an unsere Ziele herangekommen sind. Dazu holen wir natürlich auch Feedback von Teilnehmern und Team ein – und nehmen diese Learnings für die nächsten Vorhaben mit. So arbeiten wir bei den Pfadfindern.

An unsere Grenzen sind wir zum Beispiel gestoßen, als wir den Teilnehmern eine möglichst ökologische Anreise  ermöglichen wollten und mit der ÖBB die Tarifverhandlungen für einen Sonderzug von Linz nach Vöcklamarkt geführt haben. Da sind wir auf keinen grünen Zweig gekommen, das war nicht finanzierbar und die ÖBB kaum verhandlungsbereit. Erst durch die Unterstützung des Verkehrsressorts des Landes Oberösterreich konnten wir den Sonderzug ermöglichen, der über 800 Kinder und Jugendliche umweltschonend zum Camp und wieder nach Hause gebracht hat.

Der Thementag Youtopia stand vergangene Woche unter dem Motto unsere gemeinsame Zukunft, was haben die Teilnehmer bei diesem Projekt gemacht?

Dieser Tag ist bei den Jugendlichen besonders gut angekommen, alle waren mit Feuereifer dabei. Das freut uns sehr, denn es war ein Experiment, den ganzen Tag in altersgemischten Gruppen von je 20 Leuten gemeinsam zu arbeiten. Die Methoden für 20 Stationen waren vorbereitet, die Jugendleiter konnten aus einem umfangreichen Booklet auswählen, welche Aufgabe gerade am besten passte. Da ging es zum Beispiel darum, wir achten darauf, dass Aufgaben ausgewogen sind, dass fürs Herz, fürs Hirn und für Hand etwas dabei ist – so sprechen wir alle gut an. Am Ende wurde ein großes gemeinsames Bild gestaltet, und dieses in Einzelteilen verkauft. Der Erlös – über 3.100,- EUR – kommt unserem Projekt „Garten der Solidarität“ zugute, den wir gemeinsam mit den Pfadfindern in Tanzania realisieren.

Gab es noch weitere Programmpunkte, die sich besonders um das Thema Nachhaltigkeit gedreht haben?

Das Planet’13 ist als Green Event des Landes Oberösterreich ausgezeichnet – das ist eine goße Ehre und zeigt , dass es eben nicht nur einzelne Programmpunkte sind, sondern die ganze Veranstaltung sich diesem Vorhaben unterzieht.

Wir hatten in allen Altersstufen Programmpunkte, die sich altersgerecht mit den Themenkreisen: Ökologie, Lebensmittel, Klimaschutz, Globalisierung, Umwelt- & Artenschutz,  auseinandersetzen. Bei den Kleinen sehr spielerisch mit der „Konferenz der Tiere“, die gemeisam die Erde retten konnten, über den Abenteuertag mit „Captain Energy“ für die 10- bis 13-Jährigen, wo im Team viele Aufgaben gemeistert wurden, bis die Energiebilanz des Planeten wieder im Lot war, über die Unternehmen und Projekttage der Älteren, die sich mit der Vielfalt und Schönheit unserer Kulturen und der Natur auseinandersetzten.

Zwischendurch konnten die Kids die acht „Themenplaneten“ besuchen und als Walk-in-Activities vieles über die Erde erfahren, ausprobieren und lernen, z.B. dass man rein mit Sonnenenergie – und einem großen Parabolspiegel – köstliche Eierspeis zubereiten oder dass man aus Eierkarton bunte Mäuse und anderes Getier zum Spielen basteln kann.

Was war aus deiner Sicht der  Höhepunkt des Lagers?

Der bewegendste Moment für mich war, als am Montag früh die ersten Teilnehmer am Lagerplatz ankamen, voll Vorfreude, Erwartung und Offenheit: Da hat sich die ganze Arbeit und Vorbereitung ausgezahlt. Noch dazu kam diese Gruppe mit dem Rad – über 100 Kilometer, das ganze Gepäck auf Rad-Anhängern und sie hatten einen Riesen-Spaß!

Ankunft am Lagerplatz
Bild: OÖ PfadfinderInnen

Glaubst du, dass die Idee der Nachhaltigkeit auch bei zukünftigen Lagern im Mittelpunkt stehen wird?

Ja, davon gehe ich aus, wir werden uns als Motto natürlich etwas anderes einfallen lassen, aber die Art und Weise, so eine große Veranstaltung umzusetzen, die werden wir beibehalten.

Wir in Oberösterreich haben einen sehr hohen Standard in Vorbereitung und Durchführung eines Landeslagers – das geben wir gerne, innerhalb des Verbandes, weiter und auch an andere Jugend-Organisationen. Ich war persönlich sehr begeistert von Rückmeldungen, die wir dezidiert von den Verantwortlichen der Bezirksfeuerwehr zu unserem Brand-Sicherheitskonzept bekommen haben und zu den Regeln, wie wir mit Feuer umgehen bekommen haben. Er hat gemeint, er kommt nochmals zu Besuch um Fotos zu machen, als Beispiele für seine Seminare, wie man es machen soll. Somit war unser Lagerplatz wohl während der Dürre und extremen Brandgefahr im Salzkammergut einer der sichersten Orte, obwohl täglich dauernd auf offenem Feuer gekocht wurde.

Diese Meinung in der Öffentlichkeit, dass man von den Pfadfindern was lernen kann, die macht mich stolz.

Wie können die Pfadfinder von so einem Lager mitnehmen und gibt es etwas, das dieses Lager auch in deinem Leben verändern wird?

Wenn Erlebnisse zu Erfahrungen werden, dann ist es der beste Weg zu lernen. Wir nennen das auch „Lernen durch Tun“ also Erfahrungen sammeln, diese reflektieren und in den Alltag und mit nach Hause nehmen. Bei den Kids dauert es sicherlich ein paar Wochen, bis sie alle Eindrücke verarbeiten konnten und wieder richtig zu Hause angekommen sind.

Ich selbst nehme die neue Freundschaft mit einer jungen Frau aus Argentinien mit, die extra für das Planet’13 nach Österreich gereist ist, um hier zwei Wochen in der Kommissionierung der Lebensmittel für die Kids mitzuarbeiten: Mit Lara habe ich mich auf Anhieb gut verstanden – und eine Einladung nach Südamerika hat sie schon ausgesprochen – ich bin gespannt…

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