Ein richtiges Motorrad, das mit Strom fährt

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Zero Motorcycles aus den USA bauen seit einigen Jahren Motorräder mit Elektro-Motoren. Keine Roller, keine Mofas, keine aufgemotzten Fahrräder, sondern richtige Motorräder. Wir haben das Modell SR getestet. 

Während das Thema Elektromobilität im Bereich Auto, Firmenflotten oder auch Fahrräder immer breiter wird, tut sich im Bereich motorisiertes Zweirad überraschend wenig. Dabei wäre das Motorrad im innerstädtischen Verkehr und bei überschaubaren Distanzen in vielerlei Hinsicht ein naheliegendes Einsatzgebiet für Elektromotoren. Und: Allein schon durch ihr leichtes Gewicht sind E-Motorräder den meisten elektrischen Autos und vor allem Hybrid-Fahrzeugen ist der Reichweite überlegen. Wegen des begrenzten Tank-Volumens auf einem Motorrad sind E-Bikes auch vielen Benzinmotorrädern überlegen, was die Reichweite betrifft.

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Zero Motorcycles bietet mit den Modellen S und SR zwei verschieden stark motorisierte Straßenmaschinen in Form kleinerer Nakedbikes, und mit DS und DSR spartanisch anmutende Motorräder für unterschiedliches Terrain auch abseits des Asphalts. Daneben gibt es unter anderem noch reine Gelände-Bikes. Wir konnten die SR zwei Tage durch Stadt und ein bisschen über Land bewegen und ein paar Erfahrungen und Fahreindrücke sammeln.

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Die SR ist ein vergleichsweise einfach zu bewegendes und doch recht ausgereiftes Motorrad. Das Fehlen von Kupplung und Schaltung macht es nicht nur Anfängern noch einfacher sich ganz auf die Strecke zu konkzentrieren. Mit rund 185 Kilogramm (mit Basis-Akku) ist die SR tendenziell leicht, die kompakten Maße machen sie dazu noch einfacher handhabbar. Im Gegensatz zu manch straffer und ausgereifter Konkurrenz kommt sie einem aber bei den Komponenten und Verarbeitung ein bisschen weicher vor. Bemerkbar ist dies nicht zuletzt auf Überlandfahrten, wenn der Wind bläst und man sich nicht nur wegen dem Fehlen jeglichen Windschutzes ein bisschen wackeliger fühlt als gewohnt.

So richtig Freude macht das Motorrad in der Stadt, wo sich die SR flott und wendig durch den Verkehr bewegen lässt. Es stehen drei Fahrmodi zur Verfügung: In Eco lässt sich das Gerät sicher und bequem bewegen, Sport legt eine mehr als stattliche Beschleunigung frei, die vom Start weg ansatzlos zur Verfügung steht und bei der man als Fahrer vom niedrigeren Schwerpunkt durch den Akku sogar etwas profitiert. Wie bei Autos sorgt der Elektroantrieb auch hier für erhöhten Fahrspass beim Wegfahren. Außerdem lassen sich in Custom über eine App persönliche Einstellungen vornehmen.

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Gewöhnungsbedürtig im positiven und negativen ist der fehlende Sound. Fahrer, die Vibrationen und einen ordentlichen Klang schätzen, sind hier einfach falsch. Nachweinen muss man diesen aber nur bedingt. Und zwar eigentlich nur, wenn man sich im Verkehr durch stehende Kolonnen schlängelt und nicht nur damit rechnen muss, dass andere einen Übersehen, sondern nun auch Überhören. Hier ist erhöhte Vorsicht gegenüber Autos, Fussgängern und Radfahrern nötig.

Leider versagt haben wir aufgrund fehlender Vorbereitung beim Austesten von Lademöglichkeiten. Zero Motorcycles können mit mitgeliefertem Kabel an übliche Steckdosen angehängt werden und brauchen dann laut Hersteller 6 bis 8 Stunden für eine vollständige Ladung. Mit speziellen Stationen geht das Aufladen noch schneller. Ohne Garage ist dies in der Stadt aber schwer möglich und die nötigen Zugänge und Karten für eine der immer zahlreicher werdenden öffentlichen Ladestationen haben wir uns nicht rechtzeitig besorgt.

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Nach zwei Tagen lässt sich sagen, dass es uns nicht ganz klar ist, warum nicht viel mehr Hersteller mit elektrischen Motorrädern experimentieren. Nicht zuletzt im Stadtverkehr macht das auf jeden Fall Sinn und auch richtig Freude. Die Beschleunigung ist auf Wunsch ein absoluter Spaßgarant und die Reichweite größer als bei vielen anderen Maschinen. Die SR ist ausgereift und eine willkommene Alternative, auch wenn es in Sachen Stabilität und Komponenten wohl noch ein bisschen hochwertiger geht. Zero Motorcycles besetzen hier eine Nische, die ohne Zweifel größer wird und bieten jenen, die Motorräder eventuell in erster Linie laut und unvernünftig finden, eine echte Alternative. Auch wenn sich mit der SR herrlich unvernünftig sein lässt.


Mehr Infos auf Zero Motorcycles. Vetrieben werden Zero Motorcycles in Österreich von verschiedenen Händlern. Die Preise beginnen bei rund 10.000 Euro und rund 17.000 Euro für die getestete SR.

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