Unter die Lupe genommen: Wie grün ist welcher Grünstrom?

Zu durschauen, welcher Stromanbieter, welchen Strommix anbietet, ist gar nicht so einfach. GLOBAL 2000 und WWF haben gemeinsam den österreichischen Strommarkt, genauer gesagt die Stromanbieter, einem Check unterzogen: Viele Anbieter sind lange nicht so »grün«, wie sie vorgeben zu sein.

Die großen Stromkonzerne produzieren Energie sowohl fossilen, als auch aus erneuerbaren Energiequellen. Der Braukohle-Tagebau Garzweiler der RWE Power in Nordrhein-Westfalen. Bild: Herbert2512/pixabay.

Als Grünstrom versteht so mancher vermutlich Strom, der nachweislich aus erneuerbaren Energiequellen stammt. Doch während viele österreichische Stromanbieter vorgeben, umweltfreundlichen Strom zu produzieren, ist das Ergebnis des Stromanbietervergleiches ernüchternd: Gerade mal zwei der 23 untersuchten Unternehmensgruppen wurden als Vorreiter, als die »Treiber der Stromzukunft« eingeordnet, weitere vier als „Solide Grünstromanbieter“. Ein Blick auf die Marktanteile dieser Anbieter ist ernüchternd: Sie bilden zusammengenommen nur 1% des Marktes aus. Die restlichen 99% (17 Stromanbieter) stehen, so die beiden NGOs, noch nicht in Einklang mit den Pariser Klimazielen – die Österreich unterzeichnet hat.

Nach welchen Kriterien wurden die Anbieter verglichen?

Die bei dem »Stromanbieter-Check 2018« untersuchten Stromanbieter decken 73 Prozent (das entspricht 48 von 66 Terawattstunden) des österreichischen Stromendverbrauchs ab. Innerhalb eines Punktesystems, mit insgesamt 53 Plus- und Minuspunkten, wurden die Anbieter nach Kriterien in neun Bereichen bewertet. Diese waren: die Energieberatung vor Ort, die Unternehmensstrategien (Ausstieg aus fossilen Energien), der Beitrag zum Ausbau erneuerbarer Energien, der Grünstromanteil, der Anteiles österreichischer Stromnachweise, die Kopplung von Stromverkauf und dessen Nachweis, der Verkaufe von fossilen Energieträgern, der Beteiligung an fossilen Kraftwerken und die Verwobenheit der Eigentümerstruktur an fossilen Energien oder Atomkraftwerken.

Aufgrund der Tatsache, dass nicht alle Stromanbieter der Einladung an der Teilnahme des Stromanbieter-Checks folgten, konnten nur 73 Prozent des österreichischen Strommarktes beleuchtet werden.

Die Gefahren der Kopplung von Stromproduktion und Herkunftsnachweis

In dem vom GLOBAL 2000 und WWF verfassten Bericht werden besonders die Notwendigkeit der Koppelung von Produktion  und Herkunft sowie die Beseitigung von Transparenzlücken betont. Denn die EU-Richtlinie zu erneuerbaren Energien sowie die Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie behandeln die Stromproduktion und dessen Herkunftsnachweis bisher getrennt voneinander. Dies führt zu Transparenzlücken in der Nachvollziehbarkeit der Stromproduktion.
Durch diese Trennung wird Stromanbietern die Möglichkeit gegeben, selbst produzierten Grünstrom (mit den dafür erhaltenen Nachweisen) zu belassen und eigene oder zugekaufte fossile Stromproduktionen (mit zugekauften Herkunftsnachweisen) nachträglich als Grünstrom zu kennzeichnen. Ein Greenwashing fossiler Stromproduktion entsteht.

Aktuell sind im österreichischen Stromabsatz 84 Prozent als Grünstrom gekennzeichnet, während diesem eine Ökostromproduktion von 74 Prozent gegenüber steht. Nur 36 Prozent der untersuchten Anbieter legen eine  Kopplung  der Produktion und der Herkunft ihres Stromes offen. 46 Prozent geben keine Einblicke in eine  Kopplung dieser Bereiche.

Nicht nicht alle österreichischen Stromanbieter sind auf dem selben Stand der umwelt- und klimafreundlichen Stromerzeugung. Grafik: »Stromanbieter-Check 2018« Global 2000 und WWF.

Das Fazit der beiden Umweltschutzorganisationen im Detail

Aus dem  ernüchternden Ergebnis des Ökostromvergleiches gehen 0,2 Prozent als »Treiber der Stromzukunft«, 0,8 Prozent als »Solide Grünstromanbieter«, 4 Prozent als »Stromanbieter« im Wandel, 39 Prozent als »Stromanbieter mit großen Herausforderungen« und 28 Prozent als »Fossile Nachzügler« hervor. Demnach erreichen also nur sechs (kleine) der 31 Anbieter eine Top-Bewertung und stehen im Einklang mit dem Pariser Klimazielen. Mehr als ein Drittel des verkauften Stroms wird mit zugekauften Nachweisen um-etikettiert und ist demnach nicht ökologisch produziert worden.

Somit wird einmal mehr deutlich, dass zwischen den verschiedenen als Grünstrom vermerkten Produkten enorm große Unterschiede liegen. Oft kennzeichnen die Anbieter ihren Strom als ökologischen Strom, obwohl dieser das nicht ist. Als Beispiel beziehen sind manche Mutterkonzerne der Stromanbieter nach wie vor an einer atomaren Stromerzeugung beteiligt.
Im Ranking schnitten die Stromanbieter W.E.B Windenergie AG (W.E.B) und AAE Naturstrom (AAE) besonders gut ab. Der Anbieter Energieversorgung Niederösterreich (EVN) wurde hingegen unter die Schlusslichter gereiht.
Bei dem Betrieb von fossilen Kraftwerken sowie im Bewertungskriterium der fossilen und nuklearen Eigentümerstruktur wurden EVN jeweils acht und zehn Minuspunkte vergeben.

Geht man also mit der Bewertung von WWF und GLOBAL 2000 ins Detail bedeutet das, dass acht (oder mehr) Punkte eine zukunftsorientierte und verantwortungsvolle Unternehmensstrategie widerspiegeln und dass erst ein Prozent des österreichischen Strommarktes an den Pariser Klimaschutzzielen ausgerichtet ist und einen wirklich umwelt- und klimafreundlichen Strom erzeugt.

Den »Stromanbieter-Check  2018« von GLOBAL 2000 und WFF findest du hier.

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