Tofu aus dem Speckgürtel

Wo über Generationen Milchkühe weideten, produziert Gregor Mittermayr heute seinen schmackhaften Räuchertofu.

Man sieht eine Person mit weißer Schürze und Mütze mit einem Messer in der Hand in einer Küche stehen.
In den alten Milchwirtschaftsräumen des Ackerlhofs produziert Gregor Mittermayr seit ein paar Jahren Tofu, in der Region bekannt als »Mühlviertler Bohnenkas«. Bild: Ackerlhof.

Es war der vierzigste Geburtstag seiner Schwester Verena und ein Vormittag, daran erinnert sich Gregor Mittermayr genau. In der Scheune stand ein Hänger frisch geernteter Sojabohnen, er selbst war nach dem Studium zurück ins Mühlviertel an den elterlichen Hof heimgekehrt, und ihn interessierte, ob sich aus dem Soja, das sein Vater in diesem Jahr erstmals angebaut hatte, auch selbst etwas Schmackhaftes zubereiten ließ. »Da bin ich mit einem Google-Rezept und dem Pürierstab in der Küche gestanden und hab das halt probiert«, erinnert sich der 37-Jährige. Am Abend bei der Feier wurde der Tofu dann bereits verkostet und von allen für gut und genießbar befunden. »Ich dachte: ›Krass, da hinten haben wir einen ganzen Kipper davon.‹« Das ist jetzt zehn Jahre her. Der Tofu, den Mittermayr unter dem Namen »Mühlviertler Bohnenkas im Saftl« vermarktet, ist mittlerweile die Haupteinnahmequelle des Ackerlhofs. Im Jahr nach dem folgenreichen Tofuselbstversuch pachtete er den Hof seiner Eltern. 2015 übernahm er ihn mit aller Konsequenz: Er verkaufte die Mutterkühe und baute in den alten Milchwirtschaftsräumen eine Sojarei zur Tofuproduktion. »Die Arbeit mit den Tieren war schön und hat mir getaugt. Aber ich wollte nicht Fleisch direktvermarkten. Und ohne Direktvermarktung wäre die Mutterkuhhaltung ein arbeitsintensives Nebenerwerbshobby geblieben«, weiß Mittermayr. Vor seinem Studium hat er am Josephinum gelernt, wie sich mit Milchwirtschaft Geld verdienen ließe. Die Rechenbeispiele kennt er genau. Er weiß, dass er jetzt – im Vollerwerb – deutlich effizienter arbeitet als seine Eltern noch vor ein paar Jahren. »Von einem Hektar Soja ernten wir 2,5 Tonnen – damit haben wir davor eine Kuh gefüttert, jetzt machen wir daraus 3,4 Tonnen Tofu. Wir hatten früher viel mehr Arbeit, jetzt haben wir viel mehr Eiweißoutput und deutlich mehr Ertrag«, sagt der Biobauer. »Und als unser Bohnenkas 2019 als ›Bio-Produkt des Jahres‹ ausgezeichnet wurde, ist das explodiert, die Nachfrage ungebrochen.«

Das Ausgangsprodukt für den »Mühlviertler Bohnenkas«: eiweißreiche Sojabohnen aus eigenem Anbau. Bild: Ackerlhof.

Vertrieb über Biokistl, Versand via Website

»Mit den Kühen aufzuhören und Tofu herzustellen, das ist sicher die größtmögliche Veränderung – außer halt ganz zusperren –, die man auf einem Mühlviertler Bauernhof tun kann«, sagt Mittermayr. »Meine Eltern waren aber offen und haben sich gefreut, dass es am Hof weitergeht.« Dass das keine Selbstverständlichkeit ist, ist rund um den Ackerlhof offensichtlich: Wo früher Vierkanthöfe standen mit Feldern und Wiesen rundum, reihen sich heute Wohnblocks aneinander. Von der suburbanen Lage im Speckgürtel von Linz profitiert Mittermayr allerdings. Linz ist das Hauptabsatzgebiet für seinen Bohnenkas. Darüber hinaus verkauft ihn der Biohof Achleitner mit seinem Biokistl bis nach Salzburg und St. Pölten. In Wien führt ihn Biopionier Stefan Maran in seinem Laden »Maran Vegan«. Besonders beliebt ist der über Buchenholz geräucherte Bohnenkas.
Ganz viehlos ist der Ackerlhof aber auch 2023 nicht. Die Altbauern haben sich ein paar Esel angeschafft. »Rein als Hobby«, sagt Mittermayr, »und um die artenreichen Wiesen zu erhalten«.

Mehr über LandwirtInnen, die aus den traditionellen Betrieben ihrer Vorfahren ausgestiegen sind und nun etwas gänzlich anderes produzieren, lässt sich hier lesen.

Mehr über das Produkt und die Geschichte des »Mühlviertler Bohnenkas« findet man auf ihrer Website.

BIORAMA BIOKÜCHE 2023 #0

Dieser Artikel ist im BIORAMA BIOKÜCHE 2023 #0 erschienen

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