Stories aus Starbucks-Land

 Fast hätt ich’s (wegen Koffeinmangels?) verschlafen: Gestern war Tag des Kaffees. Kaffee ist per definitionem ein un-regionales Lebensmittel, doch zugleich ein unglaublich interessanter Stoff. Und es ist höchst an der Zeit für ein Geständnis, das meine Öko-Credibility um einige Punkte senken könnte: Ich trinke nämlich ziemlich häufig Starbucks-Kaffee, den ganz banalen „regular coffee“. Ich kann nix dafür, ich mag den seltsam überrösteten Geschmack und die großen Mengen. Und während Starbucks-Bashing sich bei den etwas härter gesottenen Globalisierungskritikern weltweit großer Beliebtheit erfreut, schafft es der Konzern, seine Klientel mit positiven Botschaften einzulullen. Eine Amerikanische Wirtschaftsprofessorin (!), die ich einmal mit dem Begriff „Fair Trade“ konfrontierte, hatte dazu keine bessere Assoziation als „Starbucks“.

Ja, Starbucks schreibt sich soziales Gewissen groß auf die Fahnen und auch in Broschüren, die in den Coffeehouses aufliegen. „Starbucks kaufte im Geschäftsjahr 2006 294 Millionen Pfund Spezialitätenkaffee und zahlte dafür einen Durchschnittspreis von 1,42 US-$ pro Pfund grünen Kaffees“, heißt es in der Broschüre. Der Durchschnittspreis errechnet sich sowohl aus „normal“ gehandeltem Kaffee wie aus Fairtrade-Kaffee (wo der Pfundpreis höher liegen müsste). Starbucks argumentiert, dass diese Preise über dem üblichen Schnitt liegen. Allerdings bezieht der Konzern (2006) nur 6% seines Bedarfs aus Fairtrade-Produktion, was nicht wahnsinnig hoch scheint; wie hoch der Pfundpreis für die 94% „normal“ gehandelten Kaffees sind, geht aus den Angaben nicht hervor.

Wie gesagt, beschäftigen sich viele Menschen intensiv damit, Starbucks Wind aus den Segeln zu nehmen; hier nur eine von vielen Argumentationslinien. Laut Angaben eines Äthiopischen Kaffeebauern-Vertreters im Guardian bekommen selbst Fairtrade-Produzenten nur 1,10 $ pro Pfund Rohkaffee, während die aus einem Pfund gewonnenen Kaffeegetränke Ladenpreise von bis zu 160$ erzielen. Röster und andere Mitglieder der Wertschöpfungskette schneiden freilich auch noch heftig mit.

Bemühungen von äthiopischer Seite, den eigenen Edelkaffee unter besseren Bedingungen zu vermarkten, wurden u.a. durch heftiges Lobbying von Starbucks unterbunden, berichtet der Wirtschaftsprofessor Douglas B. Holt. „Starbucks (…) hat fürchterliche Angst, dass sein undurchdringlicher Zugriff auf Spezialitätenkaffee-Verwertungskette zerfällt, wenn Äthiopien eigene Schutzmarken einführt”, so Holt.

Es ist sicher nur eine von vielen Stories aus dem Starbucks-Universum, die zeigt, dass das ostentativ zur Schau gestellte Verantwortungsbewusstsein nur so lange funktioniert, so lange der Konzern alle Fäden in der Hand hält. Das ist bei anderen Konzernen gewiss nicht anders, und schon gar nicht in der Kaffeebranche. Für mich bleibt Starbucks ein guilty pleasure – die hundertprozentig zufrieden stellende Antwort auf korrekten Kaffeegenuss habe ich noch nicht gefunden.

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