Klein, aber wauwau
Bellt wenig, braucht nicht viel Platz und lässt sich wunderbar »teilen«: Über den idealen Stadthund

Dass Hunde nicht in die Stadt gehören, hält Kurt Kotrschal für Blödsinn. »Hunde sind soziale Schmiermittel, die auch die Kommunikation zwischen Menschen verbessern«, sagt der pensionierte Verhaltensforscher und Chronist des bereits seit Jahrtausenden bestehenden Verhältnis Mensch-Hund. Aktuell schreibt er an seinem für Herbst angekündigten neuen Buch. »Warum Hunde uns zu besseren Menschen machen« wird es heißen. Und davon ist er überzeugt. Kotrschal geht sogar soweit, von einem »Menschenrecht auf Leben mit Tieren« zu sprechen. »Tiere gehören einfach zu unserem Wesen«, sagt er. Ob da eine Wohnungskatze in der Stadt nicht vielleicht trotzdem geeigneter wäre? Die Frage überhört der Forscher bewusst. Er ist eben ein Hundemensch. Und auch Katzenmenschen wissen, dass sich Hund und Katze nicht wirklich vergleichen lassen. Die Größe der Wohnung sei für einen Hund jedenfalls nicht entscheidend. Eher, ob das Wesen des Tiers zum Lebensstil und der jeweiligen Lebensphase passe. »Mit einem Hund gehe ich für zehn bis 15 Jahre eine soziale Verpflichtung ein. Und ein Hund braucht Beschäftigung und zwei Mal am Tag Bewegung«, sagt Kotrschal, »HundehalterInnen sind deshalb weltweit gesünder als sozioökonomisch vergleichbare Menschen ohne Hund«.
Dog Sharing als Option
Dass viele Menschen zwischen 30 und 60 Jahren – wenn Beruf und Familie so richtig fordern – keinen Hund haben, ist deshalb konsequent. »Speziell ab 65 empfehle ich einen Hund«, sagt Kotrschal. »Im Ruhestand hat man viel Zeit und ein Hund bekämpft bereits das erste Aufkommen von Altersdepression.« Im Alter sieht er kein Hindernis. Ein Hund zwinge einen zu Aktivität und Ausflügen. Mit regelmäßigen Besuchen in der Hundezone sei es ja nicht getan. (»Das ist eher ein Kaffeehaus im Freien und erspart keinesfalls Unternehmungen.«) Und ein »Back-up« – also FreundInnen, Familie oder jemand aus der Nachbarschaft, der das Tier nimmt, wenn man selbst krank oder auf Reisen ist – brauche man in jedem Alter. Jüngeren HundefreundInnen empfiehlt er, gezielt nach Leuten zu suchen, um mit ihnen einen Hund zu »sharen«. »Offiziell braucht ein Hund natürlich immer eine/n BesitzerIn, aber es spricht nichts dagegen ein Tier auch zu zweit oder zu mehrt und an wechselnden Orten zu halten.« Für das Wichtigste hält Kotrschal »ordentliche Umgangsformen für Mensch und Hund.« Denn für das Verhalten eines Hundes sei nicht allein seine Rasse bzw. die genetische Veranlagung verantwortlich: »Hunde spiegeln sehr stark das Wesen ihrer HalterInnen«, sagt er.
»Auch als Fußgänger muss ich Basics über den Straßenverkehr wissen. Und auch eingefleischte Nicht-HundehalterInnen brauchen für ein gedeihliches Miteinander eine basale Ahnung von Hundeverhalten.«
Kurt Kotrschal, Verhaltensforscher
Umgangsformen für alle
Was zeichnet ihn also aus, den idealen Stadthund? Nicht zu groß soll er sein. Vielleicht also keine Dogge in der Stadt, »keine speziellen Arbeitshunde«, sagt Kotrschal, »und in der Innenstadt vielleicht keinen besonders aktiven, arbeitsbedürftigen Border Collie«. Auf besonders geeignete Rassen legt sich der Verhaltensforscher dann doch noch fest: kleine Skye-Terrier (»Die passen sogar in eine größere Handtasche.«), Golden Retriever, Labrador Retriever – »und der Eurasier mit seinem distanziert freundlichen Wesen«. Am Umgang miteinander haben auch diejenigen, die keinen Hund führen, wesentlichen Anteil; selbst wenn sie sich dessen oft nicht bewusst sind. »Auch als Fußgänger, der nie in ein Auto steigt, muss ich die Basics über den Straßenverkehr wissen«, sagt Kotrschal. »Und auch eingefleischte Nicht-HundehalterInnen brauchen für ein gedeihliches Miteinander eine basale Ahnung von Hundeverhalten.«
Buchtipp: »Hund & Mensch. Das Geheimnis unserer Seelenverwandtschaft« von Kurt Kotrschal, Brandstätter, 2016.
BIORAMA WIEN-BERLIN #4