Politik – eine Frage der Ehre, mit WEEED

Foto am 11-01-2013 um 14.34

Eine Parteigründung erfordert auch eine Menge Papierkram

 

Am 3. März wird in Kärnten ein neuer Landtag gewählt. Johannes Auersperg hat den ehrgeizigen Plan mit der Partei WEEED zur Wahl anzutreten. Übrigens spricht man WEEED mit langem „E“ aus. Der Jungunternehmer, der bisher vor allem als Produzent eines Softdrinks in Erscheinung getreten ist, setzt dabei auf Nachhaltigkeit und einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Planeten. BIORAMA hat sich mit ihm über sein Vorhaben unterhalten. 

BIORAMA: Wofür steht der Name WEEED?

Johannes Auersperg: WEEED, das steht für Werte, Erde, Ehre, Europa, Du. Mit Werten meinen wir alte und grundlegende Werte, denn die sind wichtig. Nehmen wir die zehn Gebote. Würde man sich stärker auf sie zurückbesinnen bräuchte man im politischen Betrieb keine Winkeladvokaten. Werte haben viel mit Zivilcourage zu tun. Die Erde ist nun einmal der einzige Planet den wir haben und als solchen müssen wir ihn behandeln. Wir haben den Planeten ja nur geborgt von den kommenden Generationen. Ehre ist wichtig, um geradlinige Wege zu gehen. Ehre entsteht im Miteinander, in einem verpflichtenden Miteinander. Ehre entsteht nie allein durch das Selbst, deshalb ist sie eine wichtige gesellschaftliche Kategorie. Dabei geht es schließlich um die Achtung des Anderen. Europa ist der Kontext in dem man heute politisch denken muss. Das Du, das ist der Rahmen in dem jedes politische Engagement beginnt.

Eine Partei zu gründen, ist wohl auch für dich nicht alltäglich. Was genau gab den Anstoß, ausgerechnet jetzt und in Kärnten politisch aktiv zu werden?

Es hat sich einfach aus dem Vakuum in Kärnten ergeben. Der eine Scheuch-Bruder tritt zurück, der andere übernimmt, dann Neuwahlen. Da mussten wir einfach irgendwas tun. Ich habe die Probleme in Kärnten gesehen und wollte nicht länger warten. Man kann dort live miterleben, wie es immer weniger Infrastruktur gibt. In den Dörfern bleibt oft nur ein Supermarkt am Ortsrand. Für junge Leute gibt es dort kaum noch Möglichkeiten. Da muss man etwas tun, nachhaltig.

Und was war ausschlaggebend, dieses Projekt ausgerechnet jetzt umzusetzen?

Als am 21.12.2012 die Welt nicht untergegangen ist, wie von den Mayas prophezeit, wollten wir das einfach umgesetzt haben. Man redet sonst soviel, und dann wird es nie etwas. Es gibt eben Deadlines, auch für die Landtagswahl in Kärnten. Deshalb dachten wir: ziehen wir es jetzt durch. Wir haben es auf Hauruck gemacht, auch weil viele von uns nebenbei arbeiten.

Was für Leute stecken denn eigentlich hinter WEEED?

Es sind viele Juristen, Rechtsanwälte dabei, Mediziner, Fachleute aus verschiedenen Gebieten, ungefähr 30 Leute, die seit längerer Zeit dabei sind, und aus denen man ein gutes Team rekrutieren könnte. Es sind alles Leute, die eine saubere Weste haben, bzw. allein schon aufgrund ihres Alters nie in Korruption oder Bestechung verwickelt waren und einfach brav Karriere gemacht haben. Teilweise sind es Ex-Politiker, Großindustrielle, Namen bei denen man sagt: saubere Sache, sauberer Mensch.

Bis zur Landtagswahl in Kärnten am 30.März bleibt euch nicht mehr viel Zeit. Glaubt ihr, dass die Zeit für euer Projekt ausreicht?

Wir sind hohes Tempo gewohnt. Wenn wir eine Idee haben wird halt durchgearbeitet, bis es fertig ist. Zack zack zack, auch über Nacht. In der Politik wird oft ewig diskutiert. Es gibt Schuldzuweisungen und nichts geht weiter. Das sehen wir doch bei der Bundesheer-Reform. Vor zwanzig Jahren angefangen und seither hat sich kaum etwas getan.

Was ist denn für euch konkret zu tun, um zur Landtagswahl zugelassen zu werden?

Wir brauchen jeweils 100 Unterstützungserklärungen in vier Wahlsprengeln bis zum 21. Jänner. Wir denken, das ist machbar.

Bei WEEED ist viel die Rede von Nachhaltigkeit und Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern. Das hat man in letzter Zeit oft im Zusammenhang mit den Grünen und der Piratenpartei gehört. Wieso wollt ihr von Null auf beginnen, anstatt eure Ideen in eine bestehende Partei einzubringen?

Weil wir es gewohnt sind rund um die Uhr zu arbeiten, und Dinge schnell durchzuziehen. Wir wollen einfach nicht zu lange herum diskutieren. Bei den meisten Parteien gibt viele, die nur diskutieren wollen oder immer nur dagegen sind. Unser Ziel ist es vielmehr, als kleine motivierte Gruppe mit den schlausten Köpfen zusammenzuarbeiten, um etwas zu bewegen.

Das klingt jetzt sehr unternehmerisch. Gehören nicht die Debatte und das Abwägen verschiedener Argumente zur Demokratie? Und ist in den letzten Jahren nicht die Politik oft daran gescheitert, dass sie mit zu stark unternehmerischen Konzepten gearbeitet hat?

Unternehmerische Entscheidungen sind wichtig. In der Politik heisst es oft: wir investieren eine Million. Ich frage mich dann: Hat irgendjemand ausgerechnet, dass man eine Million braucht oder wird einfach irgendeine Zahl genannt? Unternehmen können sich das nicht leisten. Und die Politik kann es auch nicht.

Was ist ein wichtiges Thema, bei dem ihr euch in Kärnten engagieren wollt?

In Kärnten ist Wald ein sehr wichtiges Thema weil die Forstwirtschaft dort ein wichtiger Industriezweig ist. Der Wald ist in einem grenzwertigen Zustand, was vielen Leuten fast schon wieder egal ist, weil ohnehin soviel arg ist. Da muss man vieles ändern, was die Holzentnahme usw. angeht. Es werden Forststraßen gebaut, damit man das Holz schnell abtransportieren kann, und moderne Wasserleitungen. Dadurch kann das Wasser nicht gescheit versickern. Es bildet sich eine trockene Schicht, durch die kaum noch Nährstoffe kommen. Das führt zu Schädlingsbefall, Trockenheit und Waldbränden. Viele Kulturen sind ausgestorben, weil es einfach kein Holz mehr gab. Verkarstung und Versteppung waren in früheren Zeiten ernsthafte Probleme. Wir brauchen den Wald als Lawinenschutz, als Wasserschutz und als Luftreiniger. Die meisten Leute wissen das garnicht.

Du meinst, vielen Menschen ist die ökologische Funktion des Waldes nicht bewusst?

Genau. Man muss den Leuten klar machen, wieso Wald schützenswert ist. Und solche Bewusstmachung ist in vielen Bereichen erforderlich.

Beim Thema Wald und Forstwirtschaft stehen sich Wirtschaftsinteressen und Nachhaltigkeit gegenüber?

Ich dürfte das eigentlich garnicht laut sagen, aber eigentlich sollte niemand mehr von der Forstwirtschaft leben dürfen. Gewinnmaximierung und Nachhaltigkeit gehen in vielen Bereichen eben ganz schwer zusammen.

WEEED möchte die politische Kultur verändern. Was stört euch an der aktuellen Politik in Österreich?

Wir wollen eine neue Verantwortungskultur, damit es nicht läuft wie in Salzburg, wo plötzlich niemand mehr weiß, wo die Millionen sind. So ist es ja auch bei vielen Bankenpleiten gelaufen. Wenn wichtige Entscheider mit Konten auf den Seychellen und den Kaymans hantieren, wo soll das hinführen?

Ihr zieht in vielen Bereich Parallelen zwischen Politik und Wirtschaft.

Ja, schon. In Politik und Wirtschaft geht es heute oft um Verdrängungskämpfe. Da geht dann nur noch um Vorwürfe und gegenseitiges Schwächen. Der ewige Verdrängungskampf…

…bei dem der Rechtsweg quasi zum Geschäftsmodell gehört?

Genau. Wo Firmen einfach schauen, ob ein Konkurrent sich einen Rechtsstreit leisten kann. Und wenn sie feststellen, der Konkurrent hat das Budget für lange juristische Auseinandersetzungen nicht, dann wird geklagt um die Konkurrenz zu schwächen.

Eure Schlussfolgerung lautet, man müsste eine neue und transparente Vertrauensbasis schaffen?

Wir brauchen Leute, denen man vertrauen kann. Dabei geht es viel um Ehre. So kenne ich das aus alten Familien wie meiner Familie. Man muss einfach wissen, worauf man sich verlassen kann.

Da kommen also die ganz klassischen Werte wieder ins Spiel?

Absolut.

Trotzdem stößt man an vielen Stellen eures Programms vor allem auf Liberalisierung und unternehmerische Freiheiten.

Wenn wir mit Liberalisierung so weitermachen wie bisher, werden wir irgendwann dastehen wie die Steinzeitmenschen. Dann bleiben keine Ressourcen übrig. Das ist ein Grundproblem liberaler Wirtschaftstheorie: Irgendwo muss es in der ganzen Ökonomie eine Ressourcenverfügbarkeits-Formel geben. Wir haben für alles Formeln. Aber die endlose Verfügbarkeit von Ressourcen gilt in der klassischen Ökonomie als gegeben. Das ist ein Fehler.

Müsste man Aspekte der Nachhaltigkeit dann auch gesetzlich verankern, um schnell zu Erfolgen zu kommen?

Definitiv. Es gehört ein neuer rechtlicher Begriff der Nachhaltigkeit her, der festgeschrieben wird bei allen politisch zu treffenden Entscheidungen. Alles muss hinsichtlich der Frage geprüft werden: Ist diese Entscheidung eine gute Entscheidung für die nächsten drei bis fünf Generationen, soweit man das beurteilen kann.

Falls es in Kärnten nichts wird, mit der Wahlteilnahme. Was tut ihr dann?

Wir glauben, dass wir es schaffen können. WEEED soll in jedem Fall Anlaufstelle für Antworten sein. Die Antworten sind da draußen, man muss sie nur zusammenführen.

 

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