Wieder in Händen der BiowinzerInnen

Rund zwei Jahre konnte in der EU entalkoholisierter Biowein nicht mit Biolabel verkauft werden.

Eine Illustration einer Rotweinflasche und eines -Glases, auf der Flasche ist 0,0% gedruckt.
Erst seit kurzem ist der Verkauf von entalkoholisiertem Biowein wieder erlaubt. Bild: Istock.com/Алик Фатхутдинов.

Es war schlicht ein Fehler, ein Versehen, dass entalkoholisierter Wein von 1. Jänner 2023 bis 18. März 2025 nicht mit dem EU-Biolabel versehen werden konnte. Dazu geführt hatte, dass mit Dezember 2021 und mit der EU-Verordnung 2021/2117 entalkoholisierter Wein nicht mehr dem Lebensmittelrecht unterlag, sondern dem Weinrecht. Die EU-Öko-Verordnung 2018/848, in der auch der Biowein geregelt ist, wurde aber nicht rechtzeitig angepasst und enthielt keine Regelung für entalkoholisierten Wein, und deswegen konnte dieser auch nicht nach den Biovorschriften auf den Markt gebracht werden. 

Ecovin

Der größte deutsche, 1985 gegründete Verband ökologisch arbeitender Weingüter in Deutschland.

Einzelne Staaten versuchten, Übergangslösungen zu finden, diese scheiterten aber unter anderem an Streitigkeiten zwischen diesen Staaten – und so kam es, dass für mehr als zwei Jahre auch entalkoholisierter Wein, der geprüfterweise nach den Regeln des biologischen Weinbaus produziert wurde, nur ohne Hinweise auf seine Herkunft im Ökoweinbau auf den Markt gebracht werden konnte. Erst im Februar 2025 wurde die Delegierte Verordnung 2025/405 veröffentlicht – eine Abänderung der EU-Bioverordnung, die die entsprechenden Regelungen enthält. Seit März 2025 ist es wieder möglich, entalkoholisierten Biowein zu verkaufen.

Entalkoholisierung

Neben der Vakuumdestillation gibt es weitere, selten angewandte Methoden: die teure Umkehrosmose, bei der Wein durch Membranen gefiltert wird, oder auch die in der EU noch nicht zugelassene Spinning-Methode.

Saubere Arbeit

Nun können WeinfreundInnen darüber diskutieren, ob das Fehlen von entalkoholisiertem Biowein für sie ein Verlust war. Im Gegensatz zu anderen alkoholfreien Getränken wie Bier oder auch Schaumwein-Alternativen, etwa aus fermentiertem Tee, ist es bisher kaum gelungen, eine geschmacklich würdige Alternative für stillen Wein herzustellen. Auch wenn es das explizite Ziel verschiedener Entalkoholisierungsmethoden ist, den typischen Weingeschmack zu erhalten.
Bei der nun erlaubten Methode der Entalkoholisierung handelt es sich um Vakuumdestillation. Diese nutzt den Umstand, dass Flüssigkeiten unter niedrigem Druck schon bei niedrigeren Temperaturen verdampfen. Der Siedepunkt des Alkohols sinkt in der Anlage von 78 °Celsius auf 28–32 °C und so kann der Alkohol schonend vom Wein getrennt werden. Dies ist die am weitesten verbreitete Methode, Getränken den Alkohol zu entziehen. Nachdem Biowein im Gegensatz zu konventionellem Wein keine Konservierungsstoffe bei der Entalkoholisierung hinzugefügt werden dürfen, muss hier besonders sauber gearbeitet werden. Die meisten Anbieter lagern die Entalkoholisierung auch deswegen an Spezialisten aus.

Alkoholfrei

Ein Produkt darf so genannt werden, wenn der Restalkoholgehalt unter 0,5 Vol.-% oder 4 Gramm/Liter liegt.

Es gibt jedenfalls keinen Grund, wieso Biowein von diesen Entwicklungen ausgeschlossen bleiben soll. Denn unabhängig von Geschmacksfragen, die immer auch von der Zielgruppe abhängen, ist klar: Der Markt für Getränke mit wenig oder keinem Alkohol wächst. Laut einer vom Deutschen Weininstitut in Auftrag gegebenen Studie ist der Gesamtmarktanteil von alkoholfreiem Wein in Deutschland mit 1,5 % 2024 zwar noch gering, im Gegensatz zum Vorjahr wurden aber nach einer Steigerung von 56 % auf 2023, 2024 um 86 % mehr alkoholfreie Weine gekauft. In erster Linie zusätzlich zu Wein mit Alkohol.

»Wir sehen ein großes Interesse der VerbraucherInnen an alkoholfreiem Wein und für uns widerspricht die Entalkoholisierung von Wein nicht der Idee ökologischen Weinbaus.«

Vincent Hürter, Ecovin

Verbandsregeln

Alkoholfreier Biowein bleibt trotz der Nachfrage umstritten – auch bei den BioproduzentInnen. Für so manche BiowinzerInnen, vor allem auch jene, die biodynamisch arbeiten, widerspricht die Entalkoholisierung ihrem Verständnis eines »natürlichen« Produktes. So haben verschiedene Verbände, etwa der Biodynamie-Verband Demeter, eigene Regeln, die in vielen Ländern den Mitgliedsbetrieben die Entalkoholisierung untersagen. Beziehungsweise es unmöglich machen, diese mit dem Verbandslogo versehen zu verkaufen. Auch der Energieaufwand der Entalkoholisierung widerspricht für manche dem ökologischen Gedanken der Biolandwirtschaft, während andere Wege der Energie- und Ressourcenschonung wie der Verzicht auf die Glasflasche noch recht selten diskutiert werden. Vincent Hürter, Fachreferent für ökologischen Weinbau und Kellerwirtschaft bei Ecovin, hofft auf eine allgemeine Entspannung: »Wir sehen ein großes Interesse der VerbraucherInnen an alkoholfreiem Wein und für uns widerspricht die Entalkoholisierung von Wein nicht der Idee ökologischen Weinbaus.« Biowein darf im Gegensatz zu konventionellem Wein übrigens nur vollständig entalkoholisiert werden – und nicht nur teilweise: »Die Einschränkung, dass der Alkohol nicht teilweise entzogen werden kann, finden wir richtig«, sagt Hürter und verweist auf die vielen Möglichkeiten der Arbeit im Weingarten, mit dem Erntezeitpunkt oder auch im Weinkeller, die WinzerInnen generell Einfluss auf den Alkoholgehalt geben. Die EU-Bio-Verordnung schränkt die Entwicklung von entalkoholisiertem Biowein nun jedenfalls nicht mehr ein.

BIORAMA hat einige Tipps für den Bioweinkauf nach Hause zusammengestellt.

BIORAMA #97

Dieser Artikel ist im BIORAMA #97 erschienen

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