Donauauen – Park oder Wildnis?

Foto: Kovacs

Am 27.03. findet im Nationalpark Donauauen ein Forschungsabend zum Thema „Park oder Wildnis? – Was erwarten sich BesucherInnen von einem Nationalpark?“ statt. BIORAMA hat vorab mit einem der Vortragenden, Arne Arnberger, über den Nationalpark in Großstadtnähe und seine BesucherInnen gesprochen.

BIORAMA: Warum ist gerade das Thema BesucherInnen für den Nationalpark Donauauen so wichtig?

Arne Arnberger: Der Nationalpark Donauauen ist ein Nationalpark, der aufgrund seiner Einzigartigkeit, also aufgrund seiner Großstadtnähe, sehr viele Menschen anzieht.  Diese BesucherInnen sehen den Nationalpark aber nicht immer als Nationalpark per se, viele nehmen ihn eher als Naherholungsgebiet wahr. Sie suchen hier die Erholung von nebenan, für sie ist der Nationalpark Teil des täglichen Umfeldes. Oft haben BesucherInnen also Ansprüche an einen Nationalpark, die nicht immer mit den Nationalpark-Zielen kompatibel sind.

Wie unterscheiden sich die Erwartungen zwischen Einheimischen und Tagesgästen?

Die Erwartungshaltungen sind dahingehend schon mal sehr unterschiedlich, weil der Einheimische genau weiß, was ihn erwartet, da er sich oft Tag täglich hier aufhält. Ein Gast hingegen, der zum ersten Mal kommt, hat vielleicht ein paar Bilder vom Nationalpark im Internet gesehen, weiß aber ansonsten nicht, was ihn erwartet.

Auch die Besuchsmotive können ganz unterschiedlich sein: Die NationalparkbesucherInnen, die täglich kommen, wollen hier ihre Hunde ausführen, eine Joggingrunde drehen oder einfach schnell eine Stunde spazieren gehen, um nach der Arbeit abschalten zu können.
Nationalpark-TagesbesucherInnen kommen aber, um Natur pur zu sehen und wollen nur wenig andere BesucherInnen sehen.

Foto: Kovacs

Foto: Kovacs

Das primäre Ziel eines Nationalparks ist der Naturschutz. Kommt es in Nationalparks oft zu Konflikten zwischen Erholungsnutzung  und Naturschutz?

Das Ziel eines Nationalparks  ist es, in den Kernzonen eine möglichst unberührte Naturlandschaft zu haben, in der natürliche Prozesse ungestört ablaufen können. Das hat natürlich zur Folge, dass sich die Landschaft anders präsentiert, als wir es gewohnt sind: Es ist keine Kulturlandschaft, sondern eine Naturlandschaft und dementsprechend sieht diese Landschaft auch anders aus. Man erkennt dies zum Beispiel am Waldbild: Das Waldbild eines Kulturwaldes ist lockerer, lichter, während ein Waldbild in einem Nationalpark, aufgrund der vielen Prozesse, die da ablaufen – Totholz und Regeneration, unterschiedliche Altersklassen der Bäume und so weiter – natürlich auch einen vielschichtigeren und dichteren Aufbau aufweist.

Nun kommen wir ein bisschen in die Menschwerdungsgeschichte hinein: Der Mensch bevorzugt Gebiete, die Überblick und Schutz bieten. Wenn ich als Mensch in einen Wald gehe, in dem natürliche Prozesse ablaufen, dann ist dieser relativ dicht. Da könnte sich im Wald ein Löwe oder ein Säbelzahntiger verstecken, den ich aber nicht sehe. Aus dieser biologischen Prägung heraus haben wir zum Teil ein Problem mit Naturlandschaften. Die Wissenschaft hat aber herausgefunden, dass sich diese biologische Prägung durch Informationsvermittlung und damit Änderung des Wissenstandes durchaus wieder ändern lässt.

Totholz, Foto: Kern

Totholz, Foto: Kern

Was bedeutet Besuchermonitoring und Besuchermanagement?

Ein Schutzgebiet hat im Prinzip Kunden, das sind die seine BesucherInnen. Jeder Betrieb und jede Einrichtung muss wissen, wer die KundInnen sind, was sie wollen und was sie tun. Ein Besuchermonitoring ist also vergleichbar mit einem ökologischen Monitoring, also mit einer Bestandsaufnahme der Flora und Fauna, nur findet es eben im Besucherbereich statt. Und erst wenn ich über die Aktivitäten und Präferenzen der BesucherInnen Bescheid weiß, kann ich Besuchermanagementmaßnahmen und Besucherlenkungsmaßnahmen entwickeln, die auch nachhaltig und effizient sind.

Wie ist die Akzeptanz der BesucherInnen gegenüber Besuchermanagementmaßnahmen?

Das ist unter anderem davon abhängig, wen ich vor mir habe und welche Maßnahmen ich setze. Menschen, die ein Gebiet schon seit Jahrzehnten nutzen, tun sich natürlich viel schwerer, wenn sie eine Maßnahme vor sich haben, die ihnen vielleicht ihren beliebtesten Spazierweg verschließt. Daher sind Maßnahmen sehr behutsam einzusetzen. Man unterscheidet ja in der Besucherlenkung zwischen zwei Maßnahmentypen: den direkten („harten“) und den indirekten („weichen“). Die direkten sind jene, wo ich wirklich Verbote ausspreche, wo ich Wege komplett schließe. Meistens werden jedoch indirekte Maßnahmen eingesetzt: Wenn ich also schon einen Weg schließen muss, weil er zum Beispiel durch ein sensibles Brutgebiet führt, dann muss ich den Menschen das auch sagen und eine attraktive Alternative anbieten.

Foto: Kern

Foto: Kern

Was erwartet uns bei Ihrem Vortrag am Forschungsabend? Welche Studien und Ergebnisse aus dem Nationalpark Donauauen werden Sie vorstellen?

Den Nationalpark gibt es seit ungefähr 15 Jahren. Man hat einiges an Managementmaßnahmen gesetzt, vor allem im Naturraum. Dadurch ändert sich der Naturraum in Richtung einer natürlichen Auenlandschaft. Die Fragestellung der Studie, die ich präsentieren werde war: Bemerken BesucherInnen diese Änderungen überhaupt? Und finden sie diese auch gut?

Wir wollten dann aber auch noch wissen, wie hoch der Anteil jener BesucherInnen ist, die mit einem Nationalpark etwas anfangen können und für die der Nationalpark eine Rolle gespielt hat, warum sie hier sind. Dieser Nationalpark-Anteil unter den BesucherInnen variiert von Nationalpark zu Nationalpark in Europa sehr stark: Es gibt einige Schutzgebiete, oft Schutzgebiete, die es schon lange gibt, in denen wir ca. 40% an BesucherInnen haben, die wegen dem Nationalpark da sind oder für die zumindest der Nationalpark eine wichtige Rolle für diesen Besuch gespielt hat.

Für ein Nationalparkmanagement bedeutet dies aber, dass 60% der BesucherInnen nichts mit einem Nationalpark anfangen können. BesucherInnen, die wegen dem Nationalpark hier sind, verstehen besser, warum die Natur hier so aussieht und akzeptieren nicht nur die Veränderungen in der Natur sondern auch die gesetzten Managementmaßnahmen.

Das ist so, als ob sie eine Konditorei hätten und in dieser Konditorei aber 70% der Gäste in eine Fleischerei wollten. Die werden natürlich in der Konditorei nicht glücklich werden, weil sie hier kein Schnitzerl finden.

FORSCHUNGSABEND im nationalparkhaus wien-lobAU:
Park oder Wildnis – Was erwarten sich BesucherInnen von einem Nationalpark?
Wann? 27.03.2014 um 18 Uhr

Weitere Infos HIER.

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